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Verschwiegen: Thriller (German Edition)

Verschwiegen: Thriller (German Edition)

Titel: Verschwiegen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Landay
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Grunde nur unsere niederträchtige Bösartigkeit. Die öffentliche Meinung war derart widersprüchlich und emotional aufgeladen, dass es keinerlei richtiges Reagieren unsererseits geben konnte. Die Leute machten sich ihr eigenes Bild, und sie malten sich sowohl unsere Bösartigkeit als auch unsere Leiden aus, wie sie wollten. Und während der folgenden zwei Wochen würde Laurie vor Gericht ihre Rolle spielen. Stumm und ausdruckslos wie eine Marmorstatue würde sie im Gerichtssaal sitzen, auf den Hinterkopf ihres Sohnes starren und jede seiner kleinsten Regungen zu deuten versuchen. Sie würde keinerlei Reaktion zeigen. Es spielte keine Rolle mehr, dass sie vor Jahren ihren Sohn als Baby im Arm gehalten und ihm beruhigend ins Ohr gesummt hatte. Das scherte hier, an diesem Ort, niemanden.
    Richter French eröffnete endlich die Sitzung, und während der Gerichtsdiener die Aktennummer verlas – »Fall null-acht-Schrägstrich-vier-vier-null-sieben, der Staat gegen Jacob Michael Barber wegen vorsätzlichen Mordes, für die Verteidigung Rechtsanwalt Jonathan Klein, für die Anklage Staatsanwalt Neal Logiudice « –, ließ er seinen Blick durch den Saal schweifen. Dabei wandte er sein ernstes, würdevolles Gesicht kurz jeder der Hauptpersonen zu, Jacob, den Anwälten, sogar uns Eltern, und gab jedem von uns für einen kurzen Augenblick ein Gefühl von Bedeutung, dann wanderte sein Blick bereits zum Nächsten weiter.
    Während meiner Amtszeit hatte ich viel mit Richter French zu tun gehabt, und obwohl ich ihn nicht für eine Größe hielt, konnte ich ihn ganz gut leiden. In Harvard hatte er in der Position des Außenverteidigers Football gespielt. In seinem Senior-Jahr hatte er in einer Partie gegen Yale erfolgreich und mit vollem Körpereinsatz gespielt, und dieser einzigartige Augenblick schien für ihn unvergesslich zu sein: In seinem Büro hing die gerahmte Fotografie eines massigen Burt French, der im rotgoldenen Football-Dress am Boden liegt und mit beiden Armen das wertvolle Lederei umfängt. Ich nehme mal an, ich interpretierte die Aufnahme etwas anders als Burt French. Für mich war er der Typ, für den das Glück auf der Straße liegt. Er war reich, sah gut aus, und alles andere stimmte auch, und er musste die Chancen in seinem Leben einfach nur aufsammeln wie Lederbälle. Und er ging davon aus, dass er alle seine Erfolge seiner Begabung verdankte, wo sie doch Glücksache gewesen waren. Man kann sich die Frage stellen, wie ein Mann mit seinen Gaben mit einem Vater wie Bloody Billy Barber ausgesehen hätte. Wie es dann mit seiner natürlichen Selbstsicherheit ausgesehen hätte. Ich hatte Jahre damit zugebracht, Männer wie Burt French zu beobachten und nachzuahmen.
    »Mister Klein, haben Sie Eingaben zu machen, bevor wir mit der Vorvernehmung der Geschworenen beginnen?«, fragte der Richter und setzte sich seine Halbbrille auf.
    Jonathan erhob sich: »Es gibt zwei Dinge, Euer Ehren. Andrew Barber, der Vater des Angeklagten, würde gerne ebenfalls vor Gericht aussagen. Er wird mich mit Ihrer Erlaubnis bei der Verteidigung unterstützen.«
    Jonathan ging zum Gerichtsdiener und übergab ihm den entsprechenden Antrag. Der reichte ihn weiter an den Richter, welcher die Stirn runzelte.
    »Mister Klein, die Entscheidung liegt nicht bei mir, aber ich bin auch nicht sicher, dass das eine gute Idee ist.«
    »Es geschieht auf Wunsch der Familie«, erwiderte Jonathan und distanzierte sich mit diesen Worten von dem Antrag.
    Der Richter kritzelte eine Unterschrift und gab dem Antrag statt. »Sie können vortreten, Mister Barber.«
    Ich nahm auf der Seite der Verteidigung neben Jacob Platz.
    »Noch etwas?«
    »Ich habe einen Antrag gestellt, eine Beweisführung im Hinblick auf eine sogenannte genetische Veranlagung zur Gewalt nicht zuzulassen.«
    »Gut. Ich habe Ihren Antrag gelesen, und ich denke, ich werde ihm stattgeben. Möchten Sie dazu noch etwas sagen? Wenn ich Sie recht verstehe, argumentieren Sie, dass die Wissenschaft diesen Zusammenhang noch nicht eindeutig belegt hat und dass es in diesem Fall ohnehin keine Hinweise auf irgendeine Veranlagung zur Gewalt gibt, ob genetisch oder nicht. Stimmt das?«
    »Ja, Euer Ehren, darum geht es.«
    »Und Sie, Mister Logiudice? Wollen Sie etwas sagen, oder genügt Ihnen der schriftlich vorliegende Antrag? Ich weise darauf hin, dass die Verteidigung das Recht auf eine Anhörung hat, bevor eine solche Beweisführung vor Gericht gebracht wird. Ich schließe diese Art von Beweis nicht

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