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Verschwiegen: Thriller (German Edition)

Verschwiegen: Thriller (German Edition)

Titel: Verschwiegen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Landay
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besucht. Derek war in Ordnung.
    Ich hab’s gesehen.
    Am folgenden Morgen ließ ich Laurie und Jacob vor mir aus dem Haus gehen. Ich sagte ihnen, dass ich eine Sitzung bei der Polizei in Newton hätte und deswegen nicht extra nach Cambridge und wieder zurück fahren wollte. Als die beiden draußen waren, ging ich in Jacobs Zimmer und durchsuchte es.
    Ich musste nicht lange suchen. In der obersten Schreibtischschublade fand ich einen harten Gegenstand, nachlässig in ein altes weißes T-Shirt eingewickelt. Ich rollte es auf, und ein Klappmesser mit schwarzem, gummibeschichtetem Griff fiel auf den Schreibtisch. Ich nahm es und öffnete es, indem ich die Klinge vorsichtig mittels Daumen und Zeigefinger herauszog.
    »Du lieber Himmel«, murmelte ich.
    Es war ein Militär- oder Jagdmesser, aber eigentlich war es dafür zu klein. Aufgeklappt war es etwa fünfundzwanzig Zentimeter lang. Der Griff war schwarz und lag gut in der Hand, er wies vier Einbuchtungen für die Finger auf. Die Klinge war gebogen, die Schneide gezackt, geeignet zum Aufschlitzen. In die glatte Seite der Klinge hatte man Löcher gebohrt, vermutlich, um Gewicht zu sparen. Es war eine schönes und zugleich furchterregendes Messer, die Form der Klinge, ihre Krümmung, die Spitze. Wie eines dieser schönen tödlichen Naturphänomene, lodernde Flammen oder die Krallen einer riesigen Wildkatze.

Sechstes Kapitel
    Abstieg
    Ein Jahr später
    Abschrift deS SitzungSPROTOKOLLS der Grand Jury.
    Mister Logiudice:
    Was haben Sie gemacht, als Sie das Messer entdeckten? Ich nehme mal an, Sie haben den Fund sofort gemeldet?
    Zeuge:
    Nein, habe ich nicht.
    Mister Logiudice:
    Nein? Sie entdecken während der Ermittlungen zu einem Mordfall die Tatwaffe, und Sie informieren niemanden? Warum nicht? Heute Morgen haben Sie uns doch einen schönen Vortrag über Ihr Vertrauen in die Justiz gehalten.
    Zeuge:
    Ich habe das nicht gemeldet, weil es meiner Meinung nach nicht die Tatwaffe war. Auf jeden Fall ging ich davon aus.
    Mister Logiudice:
    Sie gingen davon aus? Ach wirklich? Sie haben die Tatwaffe nicht vorgelegt! Sie haben das Messer nicht für forensische Untersuchungen, die Suche nach Fingerabdrücken, den Vergleich der Klinge mit der Wunde und so weiter weitergegeben. Denn das wäre doch das übliche Verfahren gewesen, oder nicht?
    Zeuge:
    Ja, wenn man davon ausgeht, dass es sich um die Tatwaffe handelt.
    Mister Logiudice:
    Ach ja? Sie hatten also keinerlei Verdacht, dass es sich um die Tatwaffe handeln könnte?
    Zeuge:
    Nein.
    Mister Logiudice:
    Der Gedanke kam Ihnen nicht einmal in den Sinn?
    Zeuge:
    Es handelte sich um meinen Sohn. Als Vater kann man sich das nicht vorstellen.
    Mister Logiudice:
    Man kann sich das nicht vorstellen?
    Zeuge:
    Genau.
    Mister Logiudice:
    Der Junge war nicht als gewalttätig bekannt, er hatte keine Vorstrafen?
    Zeuge:
    Nein, nichts.
    Mister Logiudice:
    Keine Verhaltensauffälligkeiten? Psychische Probleme?
    Zeuge:
    Nein.
    Mister Logiudice:
    Er konnte keiner Fliege was zuleide tun, könnte man das so sagen?
    Zeuge:
    So ungefähr.
    Mister Logiudice:
    Und doch haben Sie das Messer zurückgehalten. Sie haben sich verhalten, als hielten Sie ihn für schuldig.
    Zeuge:
    Das stimmt nicht.
    Mister Logiudice:
    Sie haben den Fund auf jeden Fall nicht gemeldet.
    Zeuge:
    Erst später kam mir langsam der Gedanke … ich gebe zu …
    Mister Logiudice:
    Wie konnte Ihnen erst langsam der Gedanke kommen, wenn Sie doch vierzehn Jahre lang genau auf diesen Augenblick gewartet haben, und zwar von dem Tag an, als Ihr Sohn auf die Welt kam?
    (Der Zeuge antwortet nicht.)
    Mister Logiudice:
    Sie waren auf diesen Augenblick gefasst. Sie haben ihn gefürchtet und mit Schrecken erwartet, aber Sie haben ihn erwartet.
    Zeuge:
    Das stimmt nicht.
    Mister Logiudice:
    Nicht? Könnte man nicht behaupten, dass Gewalt in Ihrer Familie Tradition hat?
    Zeuge:
    Ich erhebe Einspruch. Diese Frage ist nicht zulässig.
    Mister Logiudice:
    Ihr Einspruch wird in das Protokoll aufgenommen.
    Zeuge:
    Sie versuchen, die Geschworenen zu beeinflussen. Sie tun so, als hätte Jacob eine Veranlagung zur Gewalttätigkeit geerbt, so wie andere rote Locken oder Haare in den Ohren. Das ist falsch, und zwar sowohl was die Biologie betrifft als auch vom juristischen Standpunkt aus. Mit anderen Worten, es ist Blödsinn. Und Sie wissen das.
    Mister Logiudice:
    Ich rede hier aber nicht von Biologie, sondern von Ihrem Gemütszustand in dem Augenblick, als Sie das Messer fanden. Wenn Sie das Blödsinn

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