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Verschwiegen: Thriller (German Edition)

Verschwiegen: Thriller (German Edition)

Titel: Verschwiegen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Landay
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hörte zu. Sie hatte Mühe, ihre früher so natürliche Haltung aufrechtzuerhalten. Sie sprach seltener und beteiligte sich immer weniger an diesen Strategiediskussionen. Es sah aus, als müsste sie ihre ganze Energie aufbringen, um nicht zusammenzubrechen.
    Jacob schaute mürrisch drein. Mit einem Fingernagel kratzte er an der Tischoberfläche und fühlte sich in seinem Teenagerstolz verletzt, weil Jonathan seine Theorien zu den Grundlagen des kapitalistischen Systems nicht ausreichend gewürdigt hatte.
    Jonathan fuhr sich gedankenverloren über seinen gestutzten Bart. »Aber an dem Tag, an dem Ben Rifkin ermordet wurde, hattest du das Messer noch?«
    »Ja.«
    »Hattest du es an jenem Morgen im Park dabei?«
    »Nein.«
    »Hattest du es dabei, als du das Haus verließt?«
    »Nein.«
    »Wo war es?«
    »In der Schublade in meinem Zimmer, genau wie sonst auch.«
    »Bist du da sicher?«
    »Ja.«
    »Ist dir etwas aufgefallen, als du an jenem Morgen in die Schule gegangen bist?«
    »Als ich von zu Hause wegging? Nein.«
    »Bist du deinen üblichen Weg gegangen? Durch den Park?«
    »Ja.«
    »Der Ort, an dem Ben ermordet wurde, liegt genau an diesem Weg, den du üblicherweise nimmst?«
    »Ich glaub schon. Das habe ich mir noch gar nicht überlegt.«
    »Hast du irgendetwas gehört oder gesehen, bevor du den Körper gefunden hast?«
    »Nein. Ich ging einfach so, und dann lag er da.«
    »Beschreib ihn – wie lag er da, als du ihn bemerkt hast?«
    »Er lag einfach da. An diesem kleinen Abhang, im Laub. Auf dem Bauch.«
    »War das Laub feucht oder trocken?«
    »Feucht.«
    »Bist du da sicher?«
    »Ich glaub schon.«
    »Du glaubst? Oder rätst du einfach?«
    »Ich kann mich nicht mehr so genau daran erinnern.«
    »Warum hast du dann meine Frage beantwortet?«
    »Weiß nicht.«
    »Ab jetzt beantwortest du jede Frage ganz genau, okay? Wenn die richtige Antwort lauten müsste: Ich kann mich nicht erinnern , dann sagst du genau das.«
    »Gut.«
    »Also, du hast den Körper im Laub liegen sehen. War da Blut?«
    »Das habe ich nicht gleich gesehen.«
    »Was hast du gemacht, als du auf den Körper zugingst?«
    »Ich habe seinen Namen gerufen: ›Ben, Ben, alles in Ordnung?‹ Irgendwie so was.«
    »Du hast ihn also gleich erkannt?«
    »Ja.«
    »Wie? Ich dachte, er hätte bäuchlings mit dem Gesicht nach unten am Fuß eines Abhangs gelegen? Und du hast ihn von oben bemerkt?«
    »Ich erkannte ihn einfach irgendwie, seine Kleider, wie er aussah.«
    »Wie er aussah?«
    »Na ja, sein Aussehen.«
    »Alles was du sehen konntest, waren die Sohlen von Bens Turnschuhen.«
    »Nein, ich konnte mehr sehen. Man weiß so was einfach.«
    »Gut. Du findest also den Körper und rufst ›Ben, Ben‹. Und dann?«
    »Na ja, er hat nicht geantwortet und sich auch nicht bewegt, und so habe ich angenommen, dass er sich ziemlich verletzt hat. Also bin ich zu ihm runtergegangen, um nachzusehen, wie es ihm ging.«
    »Hast du Hilfe angefordert?«
    »Nein.«
    »Warum nicht? Hattest du ein Handy dabei?«
    »Ja.«
    »Du findest das Opfer eines Verbrechens, du hast ein Handy, und dir kommt es nicht in den Sinn, die Polizei anzurufen?«
    Jonathan war umsichtig genug, alle diese Fragen in einem interessierten Tonfall zu stellen, so als ob er lediglich die Tatsachen erfahren wollte. Es war eine Vernehmung, aber sie war nicht feindselig. Jedenfalls nicht auf den ersten Blick.
    »Hast du Erfahrung mit Erster Hilfe?«
    »Nein. Ich habe mir nur gedacht, dass ich zuerst herausfinden muss, wie es ihm geht.«
    »Kam dir der Gedanke, dass hier vielleicht ein Verbrechen geschehen war?«
    »Schon, aber ich war nicht ganz sicher. Es hätte auch ein Unfall sein können. Vielleicht war er über etwas gestolpert.«
    »Worüber? Warum?«
    »Keine Ahnung. Ich sag das nur so.«
    »Du hattest also keinen Grund zu dieser Annahme?«
    »Nein. Sie drehen mir das Wort im Mund herum.«
    »Ich versuche nur, das Ganze zu verstehen, Jacob. Warum hast du keine Hilfe angefordert? Warum hast du deinen Vater nicht angerufen? Er ist Anwalt, er arbeitet für die Staatsanwaltschaft, er hätte gewusst, was zu tun ist.«
    »Es ist … ich weiß nicht. Es war ein Notfall, und ich war nicht darauf gefasst. Ich wusste nicht, was ich tun sollte.«
    »Gut. Was dann?«
    »Ich ging den Abhang zu ihm hinunter und sah ihn mir an.«
    »Du meinst, du hast dich neben ihn hingekniet?«
    »Ja, ich glaub schon.«
    »Ins nasse Laub.«
    »Keine Ahnung, vielleicht stand ich auch.«
    »Du standst also neben ihm und hast ihn

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