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Verschwiegen: Thriller (German Edition)

Verschwiegen: Thriller (German Edition)

Titel: Verschwiegen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Landay
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Jacob an, als wollte sie sagen: »So, jetzt weißt du’s.« Dann stand sie hastig auf und ging zum Telefon, um vor dem vierten Läuten dort zu sein, bevor der Anrufbeantworter ansprang.
    Jacob sah ihr misstrauisch hinterher. Warum ging seine Mutter zum Telefon? Alle drei hatten wir gelernt, Anrufe zu ignorieren. Jacob konnte sich sicher sein, dass man ihn nicht anrief. Seine Freunde hatten ihn alle fallen lassen. Und außerdem hatte er schon zuvor das Telefon kaum benutzt. Für ihn war es aufdringlich, merkwürdig veraltet und umständlich. Jeder, der mit Jake kommunizieren wollte, konnte das über Facebook tun. Diese neuen Technologien waren bequemer und nicht so unmittelbar. Jacob war tippen lieber als telefonieren.
    Instinktiv wollte ich Laurie davor warnen, den Anruf entgegenzunehmen, aber ich hielt mich zurück. Ich wollte uns den Abend nicht verderben und sie unterstützen. Diese Essen im Kreis der Familie waren für Laurie wichtig, sie wollte die Normalität so gut es ging aufrechterhalten. Das war vermutlich auch der Grund, warum sie jetzt jede Vorsicht missachtete: In einer normalen Familie hatte man keine Angst vor Anrufen.
    »Was sagt das Display?«, fragte ich sie warnend.
    »Privater Anrufer.«
    Sie nahm den Hörer ab. Das Telefon stand in der Küche, und man konnte Laurie vom Esstisch aus gut sehen. Sie stand mit dem Rücken zu uns. »Hallo«, meldete sie sich und schwieg dann. Während der nächsten Sekunden sackten ihre Schultern ganz allmählich nach unten. Es war, als würde, während sie den Hörer hielt, alle Luft aus ihr weichen.
    »Laurie?«, rief ich.
    »Wer spricht da? Woher haben Sie unsere Nummer?«, fragte sie mit brüchiger Stimme.
    Dann hörte sie wieder zu.
    »Rufen Sie nicht mehr bei uns an. Haben Sie verstanden? Wagen Sie nicht, noch einmal bei uns anzurufen.«
    Ich nahm ihr den Hörer aus der Hand und legte ihn zurück.
    »Mein Gott, Andy.«
    »Alles in Ordnung?«
    Sie nickte.
    Wir gingen wieder zum Tisch zurück und saßen einen Augenblick lang schweigend da.
    Laurie nahm ihre Gabel und schob sich ein Stück Huhn in den Mund. Ihre Miene war hart, ihr Körper immer noch in defensiver Haltung.
    »Was hat er gesagt?«, fragte Jacob.
    »Iss einfach weiter.«
    Ich kam nicht an sie heran. Ich konnte ihr nur mein besorgtes Gesicht zuwenden.
    »Du kannst den Anrufer ermitteln lassen«, schlug Jacob vor.
    »Lass uns einfach in Ruhe weiteressen«, erwiderte Laurie. Sie nahm einen weiteren Bissen, kaute darauf herum und saß dann reglos da.
    »Laurie?«
    Sie räusperte sich, murmelte: »Entschuldigt mich«, und verließ den Tisch.
    Vor uns lagen noch 151 Tage.

Vierzehntes Kapitel
    Fragen
    »Erzähl mir von deinem Messer«, begann Jonathan.
    »Was wollen Sie wissen?«, fragte Jacob zurück.
    »Nun, der Staatsanwalt wird behaupten, du hättest es gekauft, weil du gemobbt wurdest. Aber deinen Eltern hast du erzählt, dass du es aus keinem bestimmten Grund gekauft hast.«
    »Das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, ich hätte es gekauft, weil ich es haben wollte.«
    »Gut, und warum?«
    »Warum kauft man sich eine Krawatte? Muss man beim Kaufen immer einen Grund haben?«
    »Ein Messer ist nicht das Gleiche wie eine Krawatte, oder?«
    »Doch. Das ist doch auch nur so ein Teil. So funktioniert unsere Gesellschaft doch: Man verbringt seine Zeit damit, Geld zu verdienen, damit man es gegen irgendwelches Zeug eintauschen kann, und dann –«
    »Und jetzt ist es weg?«
    » – und dann verdient man wieder Geld, damit man sich wieder irgendwas kaufen kann.«
    »Das Messer ist weg, oder, Jacob?«
    »Ja. Mein Dad hat es mir weggenommen.«
    »Andy, Sie haben jetzt also das Messer?«
    »Nein, es ist weg.«
    »Sie haben es entsorgt?«
    »Es war gefährlich. Es war kein Messer für einen Jugendlichen. Es war kein Spielzeug. Jeder Vater hätte –«
    »Ich beschuldige Sie nicht, Andy. Ich will nur wissen, was passiert ist.«
    »Tut mir leid, ja, ich habe es entsorgt.«
    Jonathan nickte, enthielt sich aber jeden Kommentars. Wir saßen um den runden Eichentisch in seinem Büro, der einzige Raum, der groß genug für uns alle war. Auch seine junge Partnerin Ellen war anwesend und schrieb eifrig mit. Vielleicht war sie auch nur als Zeugin für unsere Gespräche da, um Jonathan zu schützen, nicht, um uns zu helfen. Er ließ eine Mitschrift anfertigen, falls er sich mit seinen Mandanten überwarf und es Auseinandersetzungen darüber gab, was man ihm erzählt hatte.
    Laurie hatte die Hände im Schoß gefaltet und

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