Verschwiegen: Thriller (German Edition)
Vielleicht würde sie, wenn das alles hier vorbei war, eine ganze nette Freundin für Jacob abgeben.
Ich umklammerte immer noch meinen Pappbecher von Starbucks. Ich wollte den Kaffee nicht mehr, konnte ihn aber auch nicht loswerden. Ich drehte den Becher in meinen Händen.
»Ich versuche herauszufinden, was mit Ben Rifkin wirklich passiert ist, Sarah. Ich muss den Typen finden, der das getan hat.«
Sie sah mich prüfend von der Seite an. »Was meinen Sie mit ›den Typen, der das getan hat‹?«
»Jacob war’s nicht, die haben den Falschen.«
»Ich dachte, das wäre nicht mehr Ihre Sache. Spielen Sie jetzt Detektiv?«
»Es ist meine Sache, ich bin sein Vater.«
»Ah, ja.« Sie grinste und schüttelte den Kopf.
»Klingt es verrückt, wenn ich behaupte, er sei unschuldig?«
»Nein, vermutlich nicht.«
»Vielleicht ist auch dir klar, dass Jacob unschuldig ist. Nach allem, was du erzählt hast …«
»Das habe ich nie behauptet.«
»Weißt du, Sarah, wir Erwachsenen haben keine Ahnung, was in eurem Alltag so passiert. Wie sollten wir auch? Aber einer von euch muss uns ein bisschen was erzählen. Einige von euch müssen uns helfen.«
»Haben wir doch.«
»Nicht genug. Begreifst du nicht, Sarah? Einer deiner Freunde wandert wegen eines Mordes, den er nicht begangen hat, ins Gefängnis.«
»Woher wissen Sie so genau, dass er ihn nicht begangen hat? Geht es nicht genau darum? Dass niemand das genau wissen kann? Sie eingeschlossen?«
»Glaubst du, er ist schuldig?«
»Keine Ahnung.«
»Du hast also Zweifel.«
»Ich habe nur gesagt, dass ich es nicht weiß.«
»Aber ich, Sarah. Ich mache so etwas nicht zum ersten Mal, und ich weiß: Jacob war’s nicht. Ich schwöre es dir. Er war es nicht. Er ist vollkommen unschuldig.«
»Klar denken Sie das. Sie sind sein Vater.«
»Das stimmt. Aber es ist nicht nur das. Es existieren Beweise, Sarah. Du kennst sie nicht, aber ich.«
Sie sah mich mit einem gutmütigen Lächeln an, und einen Augenblick lang war sie die Erwachsene und ich das Kind. »Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen, Mister Barber. Woher soll ich etwas wissen? Ich war mit keinem von beiden eng befreundet, weder mit Jacob noch mit Ben.«
»Du hast mir den Tipp mit Facebook gegeben, Sarah.«
»Hab ich nicht.«
»Gut, nehmen wir mal an, du hättest mir diesen Tipp gegeben – warum hast du das getan? Was sollte ich da finden?«
»Ich habe Ihnen nichts gesagt, okay?«
»Okay.«
»Ich will da nicht mit reingezogen werden.«
»Einverstanden.«
»Es gab diese Gerüchte, und ich dachte, Sie sollten vielleicht davon erfahren. Denn Sie hatten alle anscheinend keine Ahnung, keiner von Ihnen nahm die Sache in die Hand. Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber Sie hatten alle nicht den geringsten Schimmer. Wir Kids wussten alles. Dass Jacob ein Messer hat und dass Jake und Ben Streit hatten. Aber Sie alle hatten nicht die blasseste Ahnung. Wissen Sie, Jake war von Ben seit Langem gemobbt worden. Das macht noch niemanden zum Mörder, aber ich dachte, Sie sollten das vielleicht wissen.«
»Warum hat Ben Jake gemobbt?«
»Warum fragen Sie nicht Jake, der ist doch Ihr Sohn.«
»Habe ich schon. Er hat mir von Bens Mobbing nichts erzählt. Mir gegenüber behauptet er immer, es wäre alles prima, und er hätte weder mit Ben noch mit irgendjemand anderem Probleme.«
»Na ja, vielleicht sehe ich das ja auch alles falsch.«
»Das glaubst du doch selber nicht, Sarah. Warum wurde Jake gemobbt?«
Sie zuckte mit den Schultern. »So schlimm ist das auch wieder nicht. Jeder wird mal gemobbt. Vielleicht nicht gemobbt, aber geärgert. Ich sehe Ihre Augen beim Wort ›mobben‹ aufleuchten, als ob das etwas Besonderes wäre. Erwachsene lieben dieses Wort. Wir hatten diese ganze Beratung.« Sie schüttelte ihren Kopf.
»Meinetwegen geärgert und nicht gemobbt. Worum ging es?«
»Um das Übliche: dass er schwul ist, dass er ein Loser und ein Computerfreak ist.«
»Wer hat das behauptet?«
»Die anderen Kids. Alle. Nichts Besonderes, für eine Weile konzentriert sich alles auf eine bestimmte Person, und dann geht’s mit der nächsten weiter.«
»Hat Ben Jacob geärgert?«
»Ja, aber es war nicht nur Ben. Verstehen Sie mich nicht falsch, aber Jacob gehört nicht gerade zu den coolen Typen.«
»Nein? Zu welchen gehört er dann?«
»Keine Ahnung. Eigentlich zu keiner Gruppe. Er ist irgendwie ein Niemand. Schwer zu erklären. Wenn es so was gäbe, dann wäre er ein cooler Computerfreak. Verstehen Sie, was ich
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