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Verschwiegen: Thriller (German Edition)

Verschwiegen: Thriller (German Edition)

Titel: Verschwiegen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Landay
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Erkenntnisse eine Rolle spielen könnten?
    Zeuge:
    Ja.
    Mister Logiudice:
    Und das Mördergen?
    Zeuge:
    Diesen Begriff hat sie niemals benutzt.
    Mister Logiudice:
    Könnten Sie bitte den Abschnitt mit der Überschrift »Zusammenfassende Diagnose« lesen? Er befindet sich auf Seite drei ganz oben.
    Zeuge:
    Neal, soll ich der Jury wirklich das ganze Ding vorlesen? Die Geschworenen sind im Besitz des Dokuments und können es sich selbst anschauen.
    Mister Logiudice:
    Tun Sie mir den Gefallen.
    Zeuge:
    Ich zitiere: »Jacobs Gedankenäußerungen und sein Verhalten, sowohl in unseren Sitzungen als auch außerhalb direkter klinischer Beobachtung, lassen folgende Diagnose zu (die Symptome können kombiniert oder einzeln auftreten): Bindungsstörung, krankhafter Narzissmus« – also, wenn Sie mich nach einem Kommentar fragen …
    Mister Logiudice:
    Bitte nur einen weiteren Absatz, auf Seite vier, zweiter Absatz, ich habe den Satz markiert.
    Zeuge:
    Zitatanfang: »Die Beobachtungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Mangel an Mitgefühl, Schwierigkeiten bei der Kontrolle emotionaler Impulse, phasenweise Grausamkeit. Oder mit anderen Worten: Jacob ähnelt dem Grinch in dem gleichnamigen Kinderbuch und Film von Dr. Seuss: Sein Herz ist zwei Nummern zu klein.« Zitatende.
    Mister Logiudice:
    Es tut mir leid, Sie sehen mitgenommen aus. Nimmt Sie das mit?
    Zeuge:
    Mein Gott, Neal!
    Mister Logiudice:
    Hatten Sie damals das gleiche Gefühl wie jetzt, als Sie zum ersten Mal hörten, dass das Herz Ihres Sohnes zwei Nummern zu klein ist?
    (Zeuge antwortet nicht.)
    Mister Logiudice:
    Hatten Sie damals das gleiche Gefühl?
    Zeuge:
    Einspruch wegen mangelnder Relevanz.
    Mister Logiudice:
    Ich nehme Ihren Einspruch zur Kenntnis. Und jetzt beantworten Sie meine Frage: Haben Sie sich damals genauso gefühlt wie jetzt in diesem Moment?
    Zeuge:
    Ja! Was glauben Sie, wie man sich da fühlt? Ich bin sein Vater, verdammt noch mal!
    Mister Logiudice:
    Ganz genau. Wie kommt es, dass Sie jahrelang mit einem Jungen zusammenleben konnten, der eine derartige Veranlagung zur Gewalt hatte, und niemals etwas davon bemerkt haben? Sie hatten keinen Verdacht? Sie haben niemals etwas unternommen, um diese psychischen Probleme anzugehen?
    Zeuge:
    Was wollen Sie hören, Neal?
    Mister Logiudice:
    Dass Sie genau wussten, was los war, Andy.
    Zeuge:
    Nein.
    Mister Logiudice:
    Wie kann das sein? Wie konnte Ihnen das entgehen? Wie soll das gegangen sein?
    Zeuge:
    Ich habe keine Ahnung, aber es ist die Wahrheit.
    Mister Logiudice:
    Schon wieder dieses Wort. Das lieben Sie, nicht wahr? Sie reden immerzu von der Wahrheit, als ob dadurch alle Ihre Aussagen wahr würden.
    Zeuge:
    Neal, Sie haben keine Kinder. Ich erwarte nicht, dass Sie mich verstehen.
    Mister Logiudice:
    Dann helfen Sie mir, helfen Sie uns allen mit einer Erklärung.
    Zeuge:
    Man beurteilt seine eigenen Kinder nicht objektiv. Das schafft niemand. Dazu liebt man sie zu sehr und steht ihnen zu nahe. Wenn Sie einen Sohn hätten, Neal …
    Mister Logiudice:
    Brauchen Sie einen Augenblick, um sich zu sammeln?
    Zeuge:
    Nein. Haben Sie schon einmal etwas von dem Begriff »Bestätigungsfehler« gehört? Es ist die Neigung, in der Umgebung nur das wahrzunehmen, was die eigenen Vorstellungen bestätigt, und alles außer Acht zu lassen, was ihnen zuwiderläuft. Mit anderen Worten: Man sieht nur das, was man sehen will.
    Mister Logiudice:
    Und was ist mit dem, was man nicht sehen will? Man entscheidet sich einfach dagegen?
    Zeuge:
    Das ist keine Willensentscheidung. Man nimmt es schlicht nicht wahr.
    Mister Logiudice:
    Bei einem Bestätigungsfehler muss man hundertprozentig von etwas überzeugt sein. Denn es handelt sich um einen unbewussten Prozess selektiver Wahrnehmung. Sie waren also hundertprozentig davon überzeugt, dass Jacob ein ganz normaler Junge und dass sein Herz nicht zwei Nummern zu klein war?
    Zeuge:
    Ja.
    Mister Logiudice:
    Aber das kann nicht stimmen, denn Sie hatten allen Grund, nach Anzeichen für Störungen Ausschau zu halten, nicht wahr? Andy, Ihr Leben lang, Ihr ganzes Leben lang, waren Sie auf diese Möglichkeit gefasst, oder nicht?
    Zeuge:
    Nein.
    Mister Logiudice:
    Nein? Haben Sie vergessen, wer Ihr Vater war?
    Zeuge:
    Ja. Dreißig Jahre lang habe ich ihn vergessen. Ich wollte ihn vergessen, ich habe ihn absichtlich vergessen, ich hatte ein Recht auf Vergessen.
    Mister Logiudice:
    Ein Recht?
    Zeuge:
    Genau. Es war eine ganz persönliche Angelegenheit.
    Mister Logiudice:
    Ach, wirklich?

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