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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Weg,
     sie stört die Arbeit, sie hält mich auf. Vielleicht spioniert sie mir auch noch auf der Toilette nach.«
    Marias Vater zog die Bürotür zu und holte oben aus einem Regal einige Ordner herunter, blätterte sie durch. Sein graues Gesicht
     hatte etwas Farbe zurückgewonnen. »Mein Enkelkind, die Katharina, die Tochter von meinem Sohn. Die beiden sind vorgestern
     gekommen, und Katharina sieht Richard seitdem auf die Finger. Sie interessiert sich für alles, sie fragt von morgens bis abends,
     und sie greift mit an, ist selten bei jungen Leuten, ihn macht das wahnsinnig. Für mich ist das Mädel ein Geschenk, ich würde
     mir wünschen, die Sieben würden sie adoptieren   ... ach, lassen wir das – die Träume eines alten Mannes.« Sandhofers Gesicht nahm wieder den Ausdruck von Trauer an. »Hier,
     packen Sie ein! Das ist alles, glaube ich.« Damit wies er auf die Ordner, die Carl nur mit Mühe im Rucksack unterbrachte.
    Sandhofer begleitete ihn zum Fahrrad. Carl griff in die Tasche, nahm Marias Mobiltelefon in die Hand und »blätterte« im »Telefonbuch«.
     »Halten Sie mich bitte nicht für indiskret, einige Namen kenne ich zwar, die der Frauen natürlich auch und solche wie Braunstein,
     Kracher und Heidi Schröck, aber   ... « Carl blätterte, bis »Thomas Thurn« auf dem Display erschien, »   ... den hier habe ich erst gestern kennen gelernt.« Er hielt Sandhofer das Handy hin. »Thomas Thurn, |277| ein Winzer aus Gols. Was hatte der mit Maria zu tun?« Carl bemühte sich um einen möglichst gleichgültigen Ausdruck. Marias
     Vater durfte um Himmels willen keinen Verdacht schöpfen. So ein Gerücht würde sofort die Runde machen.
    »Ach, auf meinem sind auch viele Nummern gespeichert. Man löscht sie nicht, ich tue es auch nicht. Thomas Thurn, das Kaschperl?
     Jeder kennt ihn hier, diesen unmöglichen Bau. Ja, Maria und er hatten mal eine Zeit lang engeren Kontakt, er war öfter hier,
     hat ihr den Hof gemacht, aber nichts Ernsthaftes, das wüsste ich.«
    Der Ansicht waren viele Eltern, dachte Carl, und nachher wunderten sie sich. »Eine Frage habe ich noch. War Maria eigentlich
     politisch, also politisch interessiert oder aktiv?«
    Sandhofer seufzte. »Kommt darauf an, was Sie meinen. Nicht mehr oder nicht weniger als andere. Als das mit meinem Sohn passierte,
     hat sie alles gelesen, was sie in die Finger kriegen konnte, über Kolonialismus und Befreiungskriege, besonders die Apartheid
     hat sie beschäftigt.«
    »Ich meine was anderes«, sagte Carl und blickte auf die Ordner. »Hat sie sich hier – eingemischt, irgendwie protestiert   ... «
    »Wenn es um Wein ging, dann ja, sonst war Politik für sie nur ein schmutziges Geschäft. Ach so, ich verstehe, wegen der Autobahn?
     Ja, wenn Sie das meinen, Carl, da war sie mehr als politisch, da nahm sie alles persönlich, viel zu persönlich, wie ich fand.«
     Sandhofer schwieg wieder, starrte vor sich hin, leer, verloren. Seufzend drückte er sich gegen die Schläfen, er litt unter
     Kopfschmerzen. »Sie wissen, dass morgen die Beerdigung ist? Die Polizei hat Maria   ... freigegeben.« Der alte Mann stöhnte und rieb sich die Augen. »Wir haben darauf verzichtet, sie nach der   ... Obduktion   ... noch mal zu sehen. Wer weiß, was sie mit ihr gemacht haben.« Abrupt wandte Marias Vater sich ab und ging zum Haus. Auf
     halben Wege kehrte er um. »Sie suchen nach dem Mörder?«
    |278| Carl schüttelte verwirrt den Kopf. Hatte er sich verplappert?
    »Ich bin sicher, Sie werden ihn finden – weil Sie ihn finden müssen, Herr Breitenbach! Einer muss ihn finden. Aber das bringt
     mir Maria auch nicht wieder. Ach, ich sage Carl zu Ihnen.« Er reichte ihm die Hand. »Sie, äh, du bist hier immer gern gesehen.
     Wenn du Fragen hast   ... «
    Carl hatte keine, aber Marias Bruder hatte sie, nicht nur eine, sondern hundert. Minuziös ließ er sich vom Ablauf des Mordtages
     berichten, vom Fund der Toten, dem Verschwinden des »Täters« und den Maßnahmen der Mordkommission, und auch seine Tochter
     Katharina, Marias Nichte, hörte mehr entsetzt als gespannt zu. Der Anlass mochte grauenhaft sein, aber hier erlebte Carl die
     gute Seite eines Familienbetriebs. Es gab Menschen, die sich sorgten, sich kümmerten, mal abgesehen von dem, der auf die Erbschaft
     spekulierte. Die meinte Cousin Richard bereits in der Tasche zu haben.
    Als Carl sich im Eingang zur Gärhalle an die Wand lehnte und die Stelle betrachtete, an der Maria gelegen hatte, kamen auch
    

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