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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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verließ er den Hof. Er ärgerte sich darüber, dass sie noch
     am Nachmittag versucht hatte, ihnvon seinen Recherchen abzubringen. Jetzt war sie mit einem Mal besorgt. Es war |340| ihr doch scheißegal. Ein handfester Krach, an dem die Vermieter ihre Freude gehabt hätten, wäre ihm lieber gewesen.
     
    Beim Heurigen in Kaltenbrunn wurde Carl vom Fahrer des Wagens in den Innenhof geführt, den er vom Treffen mit Frank Gatow
     her kannte. Jeder Platz an den langen Tischen war besetzt, die Stimmung laut und ausgelassen, der Wein und die Sommerhitze
     taten ihre Wirkung. Nicht ein bekanntes Gesicht, diese Art von Veranstaltung lag Carl nicht so sehr. Zu seiner Erleichterung
     wurde er zu einem von Weinlaub überwucherten Durchgang im hinteren Teil des Hofes dirigiert. Ein Schild   – Geschlossene Gesellschaft   –, aber der Gorilla am Eingang winkte Carl weiter, sein Fahrer blieb zurück. Das Separee, ein eigens abgeteilter Innenhof,
     war illustren Gästen vorbehalten.
    Links hatte man ein umfangreiches Büfett aufgebaut, rechts standen Tische mit Bänken, an denen sowohl leger wie formell gekleidete
     Herren sich angeregt unterhielten, aßen und tranken. Es herrschte die Atmosphäre eines Clubs, einer verschworenen Gemeinschaft.
     Marias Mörder war nicht darunter, was für ein Lichtblick, Carl hätte nicht gewusst, wie er sich Thomas Thurn gegenüber verhalten
     sollte. Auch Richard war nicht eingeladen, oder kam er noch? Johannas Surflehrer gehörte anscheinend auch nicht zur »regionalen
     Elite«. Die drei spielten also keine Rolle.
    Der Anwalt der Bürgerinitiative begrüßte ihn jovial wie einen alten Bekannten, führte ihn zu einem Abgeordneten der Landesregierung,
     danach stellte er ihm den Bürgermeister einer der Seegemeinden vor. Der hatte, wie Carl herausgefunden hatte, der Autobahn
     zugestimmt und würde nach Lobo Jammers Vermutung dafür sicherlich mit einem Abgeordnetenmandat belohnt werden. Da war ein
     Treuhänder, ein Wirtschaftsprüfer, das lokale Transportgewerbe, und den Blassen aus dem Wald erkannte er sofort wieder; er
     vertrat das Konsortium der Autobahninvestoren und unterhielt sich |341| mit einem Bankdirektor. Alle da, dachte Carl, und Wollknecht zerrte ihn weiter zu einem Architekten, der einen Industriepark
     (mit Autobahnanschluss) plante, und dann zu Magister Reuschler vom Wirtschaftsverband, der angeregt mit dem Chef einer Event-Agentur
     plauderte. Diese Männer gehörten nicht zu den »Helden der Gegenwart«, zu den Ackermanns und Piëchs, und Wollknecht wurde kaum
     zu solchen Prozessen bemüht wie der berühmte Strafrechtler Klaus Volk, der sicher auch seine Freude am Al-Capone-Prozess gehabt
     hätte. Die Männer hier, das war zweite Garnitur, die mussten noch selbst mit anfassen.
    Der Magister erhob sich mit den Worten: »Das ist der bekannte Übersetzer, Carl Breitenbach aus Stuttgart – wie Sie sehen,
     Herr Breitenbach, wir sprachen gerade von Ihnen.« Er nötigte Carl an seinen Tisch, und Wollknecht war entlassen.
    Sofort stand ein Glas vor Carl. »Sie sind ja viel rumgekommen«, meinte der Magister voller gespielter Achtung, »und verfügen
     über internationale Erfahrungen, ja sogar Kontakte nach Brüssel, wie man mir berichtet hat, dann zu englischen und portugiesischen
     Autoren«, meinte er vielsagend in Richtung des Eventmanagers. Danach wollte er wissen, wie sich die Beziehungen zu Verlagen
     gestalteten, mit welchen er gute Erfahrungen gemacht hatte, denn wegen der geringen Auflagen in Österreich griff man immer
     auf deutsche Verlage und Übersetzungen zurück. Aber das wisse er sicherlich viel besser.
    Der Eventmanager entwarf ein grobes Konzept zu einer Art Literaturforum im nächsten Sommer, auf europäischer Ebene, »wir wollen
     nicht alles Wien überlassen oder dem Steirischen Herbst, unserem Grazer Kulturfestival.« Besucher aus Deutschland, der Schweizund
     Österreich und ein gewaltiges Medienecho hatte man im Sinn, Sponsoren wie Zeitungsverlage, die Landesregierung, die Landesbank
     kämen sicherlich ins Boot, und auch von Seiten der abbag, die hier wichtige Infrastrukturprojekte durchführe, sei mit Spenden |342| zu rechnen. Dafür müsse man einiges bieten – Carl verstand den Wink – und auf einiges müsse man sicher verzichten.
    Er wurde zum Büfett gedrängt. Die Krensuppe mit gebratenen Blunzenscheiben sei vorzüglich, das Krautfleisch mit Serviettenknödel
     auch, oder lieber Topfennudeln mit gebratenem Speck? Auch das gekochte

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