Verschwörung beim Heurigen
auch nicht. Als sie sich gesetzt hatten, rollte er zu ihrem Erstaunen vor ihr
eine Blaupause aus. Johanna brauchte eine Weile, bis sie begriff. Es war ein Bauplan für ein Trainingszentrum, eine Surf-
und Eissegelschule mit Unterrichtsräumen, Restaurant, Bar, Büro, Bootshaus und Anleger, Hansi Petkovics großes Projekt.
»HP – Surfen & Siegen«
stand oben drüber. »Du bist die Erste, der ich das zeige«, sagte er stolz und hielt die Rolle auseinander. »Ist erst heute
fertig geworden, sozusagen druckfrisch.«
Stolz erklärte er die Anlage. Das zweistöckige Hauptgebäude sollte rechts vom Parkplatz gebaut werden, gegenüber den Pfahlbauten
und Bootshäusern. Als Baumaterial waren Beton, Glas und Holz vorgesehen, die große überdachte Terrasse sollte bis ins Wasser
ragen, » ... um Erde, Wasser und Luft auf harmonische Weise zu verbinden. Fehlt als Element nur das Feuer. Das sind wir!« Er sah sie
an, begeistert von den eigenen Worten.
»Das Ganze wird super elegant aufgezogen«, erklärte er weiter. »Wir engagieren einen Spitzenkoch, denn ins Restaurant gehören
die wichtigsten Wein-Events, die internationalen Verkostungen. So kriege ich die Winzer her. Die kommen sonst nie freiwillig
ans Wasser, die können ja nicht mal schwimmen. Und alles, was zu dieser Weinwelt gehört, den ganzen Anhang, den bringen sie
mit zu uns. Von der Terrasse aus beobachtet die Presse den Surfbetrieb«, Hansi umschrieb es mit der Hand. »Für Olympiamannschaften
das ideale Trainingsgebiet und für internationale Wettfahrten. Und für die Zeiten, in denen keine Profis zum Trainieren kommen, |81| treffen wir ein Abkommen mit den Jugendherbergen und Schulen, die schicken uns ihre Kinder. Es muss sich rechnen, verstehst
du? Na?« Hansi richtete sich auf und wartete auf Zustimmung.
Johanna war tatsächlich beeindruckt. Insgeheim hatte sie ihn für einen – na ja, jetzt schämte sie sich fast – für einen unverschämt
gut aussehenden Mann gehalten, und bei denen war es wie bei schönen Frauen, die Schönheit war äußerlich, schöne Menschen brauchten
sich nicht zu bemühen, aber dieses Projekt – nein, das hätte sie ihm nicht zugetraut.
»Großartig, wirklich toll«, platzte sie heraus. »Wunderbar.« Fasziniert starrte sie auf die Blaupause und witterte ihre Chance.
Das wäre was für sie, und sofort brachte sie Bedenken vor, die ihre Mitarbeit erforderten.
»Ist es nicht ein wenig überdimensioniert? Es könnte den See belasten. Man müsste natürlich die Kapazitäten ermitteln und
die Gesetzeslage klären. Dann die Technologie und sicher sehr komplizierte Bauvorschriften, Naturschutzgebiet, wie du sagst ... « Der innere Rechner war angesprungen, ein Antippen der Taste hatte genügt. Sie prüfte, schätzte ab, erwog blitzschnell
und kalkulierte. »Wie willst du das finanzieren? Ein gewagtes Projekt, wesentlich kleiner zwar als das, was ich sonst betreue
(etwas angeben schadet nie), aber für einen Einzelnen ziemlich groß.«
»Finanzierung über Teilhaber, so was wie eine kleine Aktiengesellschaft. Und mit E U-Mitteln . Die Seebühne nebenan wurde auch von Brüssel mitfinanziert. Außerdem hat das Burgenland Interesse am Tourismus. Die Landesregierung
hat auch die Segelweltmeisterschaft gefördert, ist zwar ein finanzieller Reinfall, aber der Steuerzahler hat’s geschluckt.
Ich kenne einflussreiche Leute, direkter Draht zu höchsten Stellen«, ergänzte er großspurig, »die entscheiden über Fördermittel.
Und ich habe Freunde. Die helfen auf die eine oder andere Weise. Wer investiert, verdient am Ende mit. |82| Also ... «, er ließ den Rand der Blaupause los, die sich sofort zusammenrollte, »Lust hättest du schon, nicht wahr? Ich merk’s
dir an.«
Über ein derartiges Projekt lohnte sich das Nachdenken auf jeden Fall, aber sich binden? Johanna fühlte sich geschmeichelt,
sie ließ ihn zappeln. »Bist du immer so schnell – und so vertrauensselig?«
»Nein«, sagte Hansi treuherzig, »aber bei dir weiß ich, wen ich vor mir habe.«
Kurz darauf holte Hansi seinen alten Renault, lange nicht so bequem und sauber wie Johannas eleganter Audi, und hielt ihr
den Schlag auf. Es war mittlerweile einundzwanzig Uhr und dämmerte, aber die Straßen waren belebt, und bis Donnerskirchen,
auf halbem Weg nach Purbach, hatte Johanna sich überreden lassen, »auf ein Viertel« mit zum Heurigen zu kommen. Sie schob
das Treffen mit Carl vor sich her, ihr gruselte vor dem
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