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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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gesponsert wird und davon lebt, so wie ich, eine Schule betreibt. Wir ersticken in Regeln,
     dieses darfst du nicht, jenes ist auch verboten, Unfallversicherung, Haftung und Aufsichtspflicht, Steuern, Auflagen, die
     Schüler stürzen sich ins Wasser wie die Lemminge, stell dir vor, einer ertrinkt   ... Die Behörden verfolgen uns auf Schritt und Tritt. Was man für die Marie nicht alles tut.«
    »Für Marie – deine Frau?«, fragte Johanna, es gelang ihr, sich den Schreck nicht anmerken zu lassen.
    Hansi lachte aus vollem Halse. »Der war gut, ja, mit der Marie wäre ich gern verheiratet. Aber die krieg ich noch.«
    Johanna schaute verlegen auf ihre Taucheruhr, Carl hatte sie ihr vor einigen Jahren geschenkt, da sie auf dem Wasser die Zeit
     vergaß und ihn hatte warten lassen. Mittlerweile gab es sogar wasserdichte Handys, aber sie weigerte sich konsequent, ein
     solches Gerät mit sich zu führen. Doch über die Uhr hatte sie sich damals gefreut, jetzt war sie alt.
    |76| »Du hast mich falsch verstanden«, setzte Hansi nach. »Du weißt nicht, wer Marie ist?«
    Von Johanna kam ein verständnisloses Achselzucken.
    »Geld, mein Schatz, bei uns in Wien ist das Geld die Marie.«
    Erleichterung war das, was Johanna fühlte, aber sie wehrte sich dagegen, es so zu sehen, und sie überspielte ihre Verwirrung
     mit einem Lächeln. Was hatte sie befürchtet, wer Marie sei? Wieso hatte sie das befürchtet?
    »Jetzt verrate mir mal, welcher Job dich so stresst. Ich meine, womit verdienst du dein Geld? Muss ja heftig sein, wenn es
     dich bis an die ungarische Grenze verfolgt. Karrierefrau? Anlageberatung?«
    »Ich bin Umweltingenieurin.«
    Hansi schien erschrocken, was Johanna stutzig machte. »Da sind wir ja sozusagen Partner.«
    »Wie das?« Sie runzelte die Stirn.
    Hans erzählte, dass er als Betreiber der Surfschule am Erhalt der Umwelt, des Sees und des gesamten Feriengebiets interessiert
     sei, deshalb sei er einer Umweltinitiative beigetreten, die Region Neusiedler See sei schließlich Weltkulturerbe. »Drüben
     auf der anderen Seite liegt ein Nationalpark, der reicht bis nach Ungarn hinüber. Zusätzlich ist das hier alles Naturschutzgebiet.«
     Das sei eine Verpflichtung, der auch er sich stellen müsse, zumal er vom See als seiner Lebensgrundlage ganz direkt profitiere.
    »Dann kannst du mir sagen, weshalb das Wasser grau ist und so komisch schmeckt.«
    »Die Farbe entsteht zum einen durch aufgewirbeltes tonhaltiges Sediment«, sagte Hansi mit einem Lehrergesicht. »Es ist ein
     Steppensee, stell ihn dir vor wie eine riesige flache Schüssel, in der sich Regenwasser sammelt, dadurch entstehen die katastrophalen
     Schwankungen des Wasserstandes, der ist auch schon mehrmals ausgetrocknet. 320   Quadratkilometer groß, 180   Quadratkilometer davon sind Schilf.«
    |77| Das war also die dünne Schlammschicht, die Johanna an den Füßen gespürt hatte, als sie neben dem Brett gestanden hatte. »Nirgends
     kann man den Grund sehen.«
    »Zum anderen sind Soda und Kochsalz im Wasser und noch andere Stoffe. Ich kann dir Unterlagen darüber besorgen, aber du fährst
     besser rüber nach Illmitz, ins Informationszentrum für Besucher, die wissen alles, wenn es dich interessiert. Da sind auch
     die Lacken, so was wie dieser See in klein. In manchen Sommern trocknen die aus.«
    Ein konstanter Wasserstand war wichtig, damit der Wassersportbetrieb aufrechterhalten werden konnte. Zu viel Wasser war kein
     Problem, es floss durch den Einser Kanal nach Ungarn ab. »Aber bei zu wenig sind wir genäht. Es verdunstet viel zu viel, und
     es wird immer wärmer. Also verdunstet mehr. Die Wulka, das ist so ein Flüsschen, die reicht nicht. Deshalb will man den See
     mit Donauwasser auffüllen. Ob das eine gute Lösung ist, eine nachhaltige, wie alle sagen, wird sich zeigen. Aber dieses Frühjahr
     hat es viel geregnet. Schlägst du dich auch mit so was rum?«
    Johanna überlegte, wie sie Hansi ihre Tätigkeit beschreiben sollte, schließlich war er Umweltschützer. »Ich prüfe Pläne für
     Industrieanlagen auf ihre Umweltverträglichkeit hin, so viel in kurzen Worten. Es geht um Lärm, um Wasser, um Emissionen und
     Grenzwerte   ... « Puh, das klang verhältnismäßig neutral. Dass sie das alles im Auftrag der Industrie erledigte und dabei jede Gesetzeslücke
     geschickt ausnutzte, jede Verordnung bis zum Limit ausreizte und unklare Formulierungen zugunsten der Interessen der Auftraggeber
     hin uminterpretierte, verschwieg sie

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