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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Apartment, den ausrangierten Möbeln und den Bildern an den Wänden:
     der Neusiedler See in Abendstimmung, in Morgenstimmung, eine barocke Kirche im Abendrot, der Leuchtturm von Podersdorf im
     Morgennebel, Männer beim Schilfschneiden   ...
     
    »Buschenschank heißt der Heurige bei uns«, korrigierte der Wirt gnädig und ließ seine Hand dabei auf Hansis Schulter liegen.
     »Aus Deutschland?«
    Hansi nickte, und der Wirt sorgte unter dem Erker zwischen wuchernden Glyzinien an einem langen groben Tisch für zwei freie
     Plätze. Johannas Magen knurrte hörbar. Wenn Carl doch gekocht hatte? Egal, sie ließ sich davon nicht unter Druck setzen, wieder
     spürte sie diesen Unwillen. Sie war niemandem Rechenschaft schuldig. Ein Salat wäre ihr, obwohl sie abnehmen wollte, nach
     diesem Tag nicht handfest genug. Außerdem hatte sie einen ziemlichen Schwips, die Weißweinflasche war leer geworden.
    Die Idee mit der Surfschule hatte sie gepackt. Beim Essen |83| löcherte sie Hansi mit Fragen. Vieles ließ er offen, er fühlte sich offenbar in die Ecke gedrängt. Er könne sich nicht um
     alles kümmern, und wozu gäbe es schließlich Experten. »Außerdem bist du jetzt da. Du kannst mir helfen. Das ist doch nach
     deinem Geschmack. Ich bin mehr der Praktiker.« Er sah sie eindringlich an. »Dich schickt der Himmel.«
    »Wer sonst?«, antwortete sie kokett. Als er seine Hand auf ihre legte, ließ sie es geschehen, erst als er sich nach einigen
     Geschäftsleuten umwandte, die sich aufgekratzt durch die Tischreihen zwängten, zog sie die Hand wie unbeabsichtigt weg, er
     sollte sich bloß nicht zu sicher fühlen. Hansi stand auf und vertrat den Männern den Weg, begrüßte jeden einzelnen mit Handschlag,
     was den Herren irgendwie lästig war. Johanna fiel auf, dass sie ihn etwas von oben herab behandelten und er es sich gefallen
     ließ. Als er zu ihr zurückkam, starrten die Männer neugierig herüber, als ob sie sehen wollten, welche Flamme er denn heute
     mitgebracht hatte.
    Johanna vergaß die Episode schnell, und als sie gegen elf den Heurigen verließen, waren beide bester Laune, hatten sich in
     Rage geredet, zwar keine gemeinsamen Pläne gemacht, aber sie doch zumindest erwogen. Er wollte sie mit allen wichtigen Leuten
     bekannt machen, und derweil hatte er ihr gut eingeschenkt. Johanna fühlte sich so wohl und beschwingt wie lange nicht mehr.
     Vor dem Tor zum Haus ihrer Gastgeber ließ sie sich sogar küssen, was er erstaunlicherweise gut konnte, aber die gute Laune
     brach schlagartig zusammen, als sie Carl auf der Terrasse vor dem Apartment sitzen sah.
    Auf dem Tischchen neben ihm standen eine leere Flasche und ein halbvolles Glas, und eine Kerze flackerte, ihr Licht warf tanzende,
     groteske Schatten in sein Gesicht. Es wirkte gespenstisch und düster, gefährlich und gleichzeitig böse. In diesem Zustand
     hatte sie ihn in all den gemeinsamen Jahren noch nie erlebt.
    Er stierte vor sich hin, presste die Lippen zusammen, die |84| Wangenknochen traten bei der gespenstischen Beleuchtung deutlich hervor, das Haar hing ihm strähnig und verschwitzt ins Gesicht,
     die hohe Stirn zerfurcht. Eine Hand umklammerte die Armlehne des Korbstuhls, die andere lag, zur Faust geballt, in seinem
     Schoß, eine unwillkürliche Reaktion bei Anspannung und Sorge. Auf ihr kurzes »Hallo« bekam sie ein Knurren zurück, dann einen
     Seitenblick, der sie auf Abstand hielt. Er stöhnte, rieb sich den Nacken, streckte die Beine von sich und streifte die Schuhe
     ab, ohne die Schnürbänder zu lösen, was er sonst nie tat. Johanna bekam es mit der Angst, es musste etwas Fürchterliches geschehen
     sein, das ihn so aufgewühlt hatte.
    »Setz dich! Setz dich her zu mir«, sagte er tonlos, und räusperte sich, machte aber keine Anstalten, den zweiten Korbstuhl
     heranzuziehen.
    Hatte er sie womöglich mit Hansi gesehen? War etwas mit dem Wagen? Nein, der stand ohne jede Schramme draußen vor dem Tor.
     Doch nach dem anfänglichen Schreck und der Besorgnis stieg bei Johanna der Ärger hoch, die Wut darüber, dass er ihr mit irgendeiner
     Scheiße, die sie wahrscheinlich kaum interessierte oder nichts anging, den wunderbaren Abend und die gute Laune oder vielleicht
     sogar den morgigen Tag verderben würde.
    »Mord? Du bist ja von allen guten Geistern verlassen. Mord?« Johanna schrie beinahe, nachdem Carl ihr kalt und stichwortartig
     von den Vorfällen des Abends berichtet hatte.
    Johannas Augen wurden schmal, ihre Stimme scharf. »Mein

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