Verschwörung beim Heurigen
überlegen, was du sagen willst.«
Jetzt sank Johanna in den Korbstuhl, schenkte sich den Rest Wein aus der Flasche ein und trank das Glas leer. Der Wein war
schön, überraschend gut, viel besser als das, was sie beim Heurigen vorgesetzt bekommen hatten. Sie betrachtete das Etikett – Maria Sandhofer stand da. Pfui Teufel dachte sie und hörte, wie Carl im Wohnraum die Schlafcouch zurechtmachte.
Durch die Jalousien fiel ein Sonnenstrahl ins Zimmer, draußen brummte eine Hummel am Fenster vorbei. Vorbei? Johanna starrte
an die Decke und wusste nicht, was sie denken sollte. Chaos – und das bereits am zweiten Urlaubstag. Das Chaos in ihrem Leben,
das in ihrer Ehe war gestern auf brutale Weise aufgebrochen, dazu ein neuer Mann mit einer großartigen Idee. Bei dem Mann
war sie sich nicht sicher, ein wenig Animateur, ein wenig von einem Schönling, aber nicht dumm, und ein Macher. Blauäugig
zwar, wenn er sich im Umweltschutz engagierte, aber das war bei seinem Beruf verständlich. Und sein Projekt? Insgeheim hatte
sie sich immer gewünscht, aus dem Hobby ihren Beruf zu machen, ihre Lieblingsbeschäftigung mit dem Geldverdienen zu verbinden.
Ob die Idee realisierbar war, würde sie herausfinden. Sie könnte, wenn sie sich in die Problematik des Sees und der hiesigen
Gesetze einarbeiten würde, durchaus einen Platz darin finden. Oh je, sie vergaloppierte sich, raste bereits, die Fantasie
war nicht aufzuhalten, da war ja noch – Carl.
Mit ihrer guten Laune war es vorbei. Er war dabei, alles bereits im Ansatz zu verderben. Wieso musste der sich mit |88| den Leuten hier einlassen? Und dazu noch auf diese Weise? Verdächtiger in einem Mordfall? Wahrscheinlich übertrieb er das
Ganze, er hatte getrunken. Und er hatte noch immer nicht gesagt, ob er diese Maria bereits vor der Reise gekannt hatte, oder?
Im vergangenen Jahr hatte er mal was von einer Österreicherin erzählt. Hatte er sie auf hinterhältige Weise betrogen, sie
mitgeschleppt, sozusagen als Alibi, ihr den See schmackhaft gemacht, damit er in Ruhe seinen Amouren nachgehen konnte? So
ein mieser Lump, was für eine Gemeinheit. Das hätte sie ihm nicht zugetraut. Nein, enttäuscht war sie nicht, wütend war sie,
und das war gut so, das brachte sie immer zum Handeln. Mord! So ein Quatsch.
Und sie dachte etwas ganz Böses, es war – ja, vielleicht genauso niederträchtig wie Carls Verhalten. Sie musste die Nähe zu
ihm meiden, sich von ihm fern halten, der Tod dieser Maria konnte ihr als Vorwand dienen, sich vielleicht endgültig von ihm
zu lösen.
Sie schlug das Laken zurück, stand auf und betrachtete sich im Spiegel, nackt – und für ihre vierzig Jahre noch verdammt gut
aussehend. Vielleicht zu viele Falten? Daran ließ sich was ändern, es gab gute Ärzte. Das knallige Rot des Sonnenbrandes ging
in einen Braunton über. Es war deutlich zu sehen, wo der Bikini gesessen hatte. Sie drehte sich um, betrachtete ihren Rücken,
den Po, vielleicht war sie ein wenig zu dick an den Oberschenkeln. Die Geschäftsessen mussten aufhören. Wenn sie erst hier
am See ... Gefiel sie Hansi wirklich? Wenn sie sich so mit den jungen Dingern verglich, bestimmt. Aber wenn er sie verglich? Sie
betrachtete sich im Profil; klar, in ihrem Alter konnte sie ihren Busen nicht mehr mit dem von jungen Frauen vergleichen.
Ihre Freundin Sofie hatte ihr erzählt, dass es gar nicht so kompliziert war, sich operieren zu lassen, sie hatte es hinter
sich, füllen, heben, straffen ...
Als Carl aus dem Bad kam, ein Badelaken um die Hüften geschlungen, braun im Gesicht, an den Armen und bis über |89| die Knie, soweit die albernen Radlerhosen reichten, fühlte sie einen Stich in der Brust. Er war doch der Mann, den sie ... nein! Sie musste sich von dem Gedanken verabschieden. Er war es nicht mehr.
»Ich brauche den Wagen, Carl. Ich will nach Eisenstadt, ich muss Einkäufe machen. Du wirst heute mal dein Rennrad nehmen,
dann bleibst du in Form.« Es klang sogar für sie fremd und zynisch.
Als sie gegen Mittag in Hansis Surfschule eintraf, wusste er bereits alles aus der ›Krone‹. Nein, nicht alles, die Zeitung
hatte nichts von Mord und einem möglichen Verdacht gegenüber Carl Breitenbach erwähnt. Noch nicht. Es war nur eine Frage der
Zeit.
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Donnernd raste ein polnischer Sattelzug vorbei, dahinter, in einer Staubwolke, ein Lastwagen mit Anhänger aus der Slowakei.
Es folgte eine Kette von Personenwagen, die Fahrer
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