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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Er hatte Angst – weniger vor dem albernen
     Mordvorwurf, der würde sich als unhaltbar herausstellen   –, mehr Angst hatte er vor Johannas Kälte und der Frage, wie es weitergehen sollte. Die musste er selbst beantworten.
    Und erst jetzt machte er sich bewusst, was es bedeuten würde, wenn Herrndorff der Presse mitteilte, wie Maria umgekommen war
     und dass es einen Zeugen gäbe. Dieser glitschige Inspektor würde bestimmt quatschen, allein um sich wichtig zu machen. Carl
     konnte nur hoffen, dass sein Name unerwähnt blieb. Wenn der Täter erfuhr, wer ihn gesehen hatte, konnte es gefährlich werden.
     Der Mörder würde ihn kennen, er aber nicht den Mörder   ...

|198| 10
    Sie erkannte ihn von weitem, obwohl es in der schmalen Straße ziemlich dunkel war, sie hätte ihn wahrscheinlich auch bei absoluter
     Dunkelheit erkannt. Es war die Haltung, seine schmale Figur, und sie wusste genau, wie Carl das Rennrad schob oder sein Mountainbike,
     das er diesmal zu Hause gelassen hatte. Das Rennrad fasste er am Sattel an und dirigierte es mit den Fingern, das Mountainbike
     hielt er am Lenker.
    Es ging Johanna zutiefst gegen den Strich, dass sie gleichzeitig nach Hause kamen. Sie hatte gehofft, dass er bereits schlief.
     Ob er nur so tat, sollte ihr egal sein, es wäre ihr sogar lieber, es ersparte unangenehme Fragen, das sich Belauern oder etwas,
     das weitaus schlimmer war, nämlich das Schweigen. Es stand mittlerweile so bedrohlich zwischen ihnen wie die Gewitterwolken,
     die sich leider woanders entladen hatten, was sie um einen berauschenden Flug gebracht hatte. Dafür war der andere nicht weniger
     berauschend gewesen, und jetzt zerstörte Carl die Erinnerung daran. Stattdessen stand das Schweigen vor ihr, es ballte sich
     zusammen.
    Von Carls Weingeschichten und Radtouren wollte sie nichts hören, es interessierte sie nicht. Punktum. Sie wollte das Gefühl
     auskosten, das sie seit dem Flug mit Hans für ihn empfand. Carl würde es unweigerlich zerschlagen, wenn er wieder von dieser
     Maria anfing. Auch tot stand sie zwischen ihnen, und der Mordverdacht hing wie ein Gewitter ohne Wind über Carl. Es bewegte
     sich nicht von der Stelle.
    |199| Hatte Carl sie erkannt? Außer ihr war niemand auf der Straße, und sie gingen aufeinander zu. Er wird das Auto gesehen haben,
     dachte sie, und wenn nicht, wird er in der Stille dieser verschlafenen Straße den Audi am Motorengeräusch erkannt haben. Sein
     verfluchtes Gehör. Er hörte das Gras wachsen, manchmal hatte sie das Gefühl, er hörte in Menschen hinein, hörte, was sie dachten,
     hörte, was nicht einmal ihr selbst bewusst war, wovor sie sich insgeheim fürchtete, weil sich etwas in ihr nicht beschwichtigen
     ließ. Aber sie wollte es nicht wissen, es vor allem von niemandem gesagt bekommen, und erst recht nicht von ihm.
    Ihre Gedanken überschlugen sich, sie wollte für sich sein. Schlimm genug, dass sie nicht bei Hansi geblieben war, aber er
     hatte sie sanft gedrängt, den Konflikt nicht auf die Spitze zu treiben und zurück nach Purbach zu fahren. Außerdem hatte er
     einen Termin. »Wir haben viel Zeit«, hatte er sie beruhigt. Hatten sie die wirklich? Woher dann ihre Unruhe?
    Zu allem Unglück hatte auch noch Carl angerufen und sie zu dieser Winzerin zum Essen eingeladen, allerdings hatte seine Einladung
     wenig glaubhaft geklungen. Nein, sie sei mit einer Clique von Surfern verabredet, nach einem ganzen Tag auf dem Wasser wolle
     man den beim Heurigen ausklingen lassen. Klang plausibel, oder? Hatte er einen Grund, an ihren Worten zu zweifeln? Er wusste
     nichts. Irgendwann würde sie ihn vor vollendete Tatsachen stellen. Nur vor welche?
    »Hallo.« Er lächelte befangen.
    »Hallo.« Sie versuchte, das Lächeln zu erwidern, und merkte, dass es ihr misslang.
    »Hattest du einen schönen Abend mit deinen Surfern?«
    War da ein provokanter Unterton? »Ja, sehr schön, tolle Leute«, sagte sie mit fremder Stimme. »Interessant und offen. Wenn
     man den ganzen Tag auf dem See zusammen ist und trainiert, hat man eine Menge zu erzählen.«
    »Bei der Flaute heute   ...?« Carl schloss die Tür auf und ließ ihr den Vortritt.
    |200| Wie war das gemeint? Sie betraten den Hof, die Laternen, vom Bewegungsmelder gesteuert, flammten auf. »Und dein Tag?«, fragte
     sie, während sie nebeneinander hergingen und ihr von dem zähen Rosenduft fast übel wurde.
    »Du hattest Recht, der Inspektor ist ein aufgeblasener Schleimer. Er braucht ein Opfer   ... «
    »Sag ich

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