Verschwörung beim Heurigen
doch, aber lass mich damit bitte jetzt in Ruhe, Carl. Ich bin müde, das verdirbt mir nur die Laune, und es wäre schade
drum.«
» ... der andere, den ich meinte, hat sich den Fuß gebrochen, dafür haben sie den aus Wien geholt. Da war er Chefinspektor.
Das Ganze hat eine interessante Wendung bekommen, aber wie du willst, es ist spät. Ich werde dich morgen früh allerdings mit
einigen Fragen belästigen müssen. Es geht um Autobahnen – und Emissionen, also Schadstoffe von Autos.«
»Ich bin im Urlaub«, sagte sie abwehrend, und ihr Widerwille wuchs. Obwohl sie einiges dazu sagen könnte, wollte sie weder
damit noch mit seinen Polizeigeschichten etwas zu tun haben. Doch als das Badezimmer besetzt war und sie mit einer Flasche
Rotwein auf der Terrasse saß und sich an Hansi erinnern wollte, ging ihr Carls Ankündigung nicht aus dem Sinn. Autobahnen
und Schadstoffemissionen gehörten nicht zu seinen Themen.
Im Apartment wurde es still, Carl hatte sich auf der Couch eingerichtet, aber sie blieb sitzen, trank einen Wein, der sehr
gut schmeckte, und ärgerte sich. Es war genau das eingetreten, was sie befürchtet hatte. Er hatte ihr mit seiner Andeutung
den Rest dieser Nacht verdorben. Sie nahm die Flasche zur Hand, und als sie las, dass es einer von Maria Sandhofer war, von
dem sie bereits die Hälfte genossen hatte, fühlte sie sich betrogen.
Ich lasse mir etwas einfallen, um mit Hansi den Sonnenuntergang und den Sonnenaufgang zu erleben, und die Zeit dazwischen,
dachte sie, damit das Gefühl wachsen kann. Es |201| muss göttlich sein, dort auf einem Pfahlbau, Hansi, seine Nähe, der Blick über den See und die Sterne ... sie wusste auch schon, was sie Carl erzählen würde. Er hatte sie gerade eben auf die Idee gebracht.
In Gedanken füllte sie ihr Glas. Sie füllte es weiter, als Carl gelten ließ. Sein imaginärer Eichstrich war die weiteste Stelle
des Glases, wo am meisten verdunsten konnte, wo der Wein die meisten Aromastoffe freisetzte. Physikalisch durchaus richtig,
aber seit er sich mit Wein beschäftigte, war er zum Klugscheißer avanciert. Sie roch an dem Wein und fand, dass er roch, wie
Wein riechen sollte, und nach Brombeere, aber was die Leute da immer hineininterpretierten, erschloss sich ihr nicht. Schwätzer.
Jeder meinte, dass er besser sei als der andere. Hansi verstand anscheinend auch was davon, und er hatte was für Winzer übrig,
was sie ärgerte und was sie ihm missgönnte. Ihr war das Theater um die Winzer zuwider, wieso genossen sie so viel Wertschätzung?
Die Anerkennung, die ihr zuteil wurde, beschränkte sich auf den kleinen Kreis Eingeweihter. Das musste so sein, ihre Erfolge
machte sie besser nicht publik, ihre Befriedigung genoss sie im Verborgenen. Wenn man wirklich etwas erreichen wollte, verhielt
man sich unauffällig.
Sie hörte die Couch knarren. Carls Nähe machte sie kribbelig wie ein Pullover aus zu harter Wolle. Den Pullover konnte man
ausziehen, die eigene Haut nicht. Wieso hat er sich mit meiner Erklärung zufrieden gegeben? Kann er was von uns wissen, von
mir und ...? So ein Patzer wie mit der Flaute darf nicht noch mal passieren. Sie griff wieder nach dem Wein und trank. So blöd ist
Carl auch nicht, dass er nicht weiß, dass man bei Flaute nicht trainiert. Auf seinem Rad ist er mit dem Wind genauso konfrontiert
wie ich.
Es machte sie ärgerlich, dass sie darüber nachdachte. Und dann die Frage wegen der Autobahn. Was gingen ihn Schadstoffemissionen
an? Wozu mischte er sich in ihr Metier ein? Sie nahm wieder einen großen Schluck.
|202| Ihr wurde warm, ihr wurde schwindelig, es war, als säße sie einen Zentimeter neben sich. Hansi – was weiß ich eigentlich von
ihm? Dass ich mit ihm geschlafen habe, es war wunderbar, schade, dass ich nicht bleiben konnte. Aber nicht in diesem schrottigen
Wohnwagen mit dem Modergeruch; dann lieber in seiner Wohnung. Er wohnt in Eisenstadt, und wie? Viel verdient er mit seiner
Schule nicht. Hat er die gepachtet oder ist es Eigentum? Ich frage ihn. Die größte Leuchte ist er auf keinen Fall, aber dafür
hat er mich. Er ist ein richtiger Mann, leidenschaftlich, einer, der mich in die Arme nimmt und mir Sicherheit gibt. Und Carl?
Der hat das nie gekonnt. Dazu war unsere Ehe immer viel zu – gleichberechtigt.
Konnte sie sich auf Hansi verlassen? Hatte sie irgendeine Erfahrung gemacht, die das bestätigte? Bevor ihr noch mehr Zweifel
kamen und sie selbst ihre
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