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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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gequält. Verdammt, irgendwie hatte dieser Fotograf Recht, die Situation war beschissen. Wieder entschieden andere,
     er ließ sie entscheiden, wieder kam er nicht hinter seinen Büchern hervor. Seine? Nein, andere hatten sie geschrieben! Und
     er stand wieder in der zweiten Reihe, hatte sich daran gewöhnt, er diente, war anpassungsfähig, er war ein Genie an Geduld.
     Was für eine Scheiße.
    Gatow lehnte sich zurück und streckte die Beine unter dem Tisch aus. »Nun werd nicht schwermütig. Klär das mit deiner Frau;
     wenn du sie noch willst – gut. Wenn du sie nicht mehr willst – auch gut. Und klär das mit der Polizei. Anscheinend verfolgen
     beide Inspektoren unterschiedliche Interessen. Wenn sie sich nicht riechen können, umso besser für dich. Nutze die Widersprüche.
     Polizisten sind wie alle anderen. Sie machen ihre Arbeit, der eine gut, der andere schlecht, einer will aufsteigen, einer
     ist ein Lügner, einer ein Angeber, einer selbst ein Gauner oder Schläger. An so jemanden bin ich geraten. Es geht immer um
     sie selbst, um ihren |222| Posten, um die Karriere. Der Staat sorgt sich nur um seinen Erhalt, das ist ein Tier, das leben will – von unserem Geld, da
     liegt das Problem. Je fetter er wird, desto mehr frisst er, um sein Gewicht zu halten. Berlusconi haben wir hinter uns, aber
     ändern wird sich nichts.«
    »Pessimist?«
    »Nein, ich mache die Augen auf. Du musst hier mit jedem reden, alle Leute fragen, die Maria kannten. Nichts ist unwichtig.
     Aber frage nie direkt und wiederhol morgen die Frage, dann wirst du sehen, was passiert, ob die Antwort gleich ist. Kleine
     Leute blasen sich gern auf, weil sie lieber größer wären. Bitte andere um Hilfe, klar und direkt, das können die wenigsten
     abschlagen. Du musst da sein, wo dich niemand vermutet, und mach immer das Gegenteil von dem, was du angekündigt hast   ... «
    Auf dem Weg zu Hermine Reinschitz nach Frauenkirchen dachte Carl über die Worte des Fotografen nach. Gatow war in Neusiedl
     geblieben, um dort zu fotografieren. Am Nachmittag wollten sie gemeinsam zu Thomas Thurn, einem so genannten Starwinzer mit
     Weingut bei Mönchhof. Auch über Marias Protest gegen den Bau der Autobahn hatten sie ausführlich gesprochen. Carl hatte eine
     Liste aufgestellt, die er schleunigst abarbeiten musste: Umweltamt, Weinbauinstitut, Verkehrsministerium, Presse – ob man
     ihm Auskunft erteilte, stand auf einem anderen Blatt. Er brauchte ein Büro samt Telefon und Computer mit Internetanschluss.
     
    »Sie schickt der Himmel.«
    Das hatte Carl lange nicht mehr gehört, und bevor er noch nach dem Grund für die freundliche Begrüßung fragen konnte, zog
     ihn die resolute Hermine in den Hof ihrer Kellerei und blieb vor einer grünen Tür stehen.
    »Zwei Engländer sind zu Besuch, ich habe vergessen, dass sie heute kommen wollten. Es könnten wichtige Kunden werden, und
     ich kann kein Englisch. Aber Sie sprechen das! |223| Sagen Sie nicht nein.« Sie drohte mit erhobenem Zeigefinger. »Wir Sieben wissen alles über Sie.«
    Carl wandte ein, dass er mit der Weinsprache nicht vertraut sei, dass er lange nicht gedolmetscht habe – Hermine ließ kein
     Argument gelten. »Muss ja nicht simultan sein. Sie helfen mir, ich helfe Ihnen. So schwer kann es nicht sein.«
    Es passierte genau das, was Carl nicht wollte. Wieder trat er in die zweite Reihe. Aber wenn Hermine ihn darum bat? Er wollte
     ja auch was von ihr, sie sollte ihm ihr Weingut zeigen, also musste er etwas geben.
    Die Weinflaschen waren aufgereiht, jeder der beiden Engländer hatte mehrere Gläser vor sich, auch am Kopfende des Tisches,
     wo Hermine saß, standen Gläser. »Und ich?«, fragte Carl, »wie soll ich übersetzen, ohne den Wein zu kennen? Ich muss doch
     wissen, worüber ihr redet.« Diese Beherztheit war neu, er staunte über sich selbst.
    Während die Winzerin Gläser holte, machten sich die Männer untereinander bekannt. Die beiden Briten vertraten eine Fachhandelskette.
     Der Größere, ein Bulle mit Bürstenschnitt, war der Verkoster, der Gaumen des Unternehmens, der Kleinere, ein blässliches Kerlchen,
     den Carl im Londoner Nebel glatt übersehen würde, war fürs Geschäft zuständig. Er erinnerte Carl stark an Bob aus Bristol.
     Mit ihm zusammen wäre es ein Leichtes, den Fall Sandhofer aufzurollen. Er sollte ihm den Flug nach Wien bezahlen – ach, Unsinn,
     Bob hatte genug Geld. Wieso rief er nicht zurück?
    Die Briten am Tisch erkundigten sich höflich nach Carls

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