Verschwörung der Sieben
er sich doch schon längst als Taugenichts und Tagedieb erwiesen hatte? Offenbar hatte ihr allein die schlichte Tatsache seiner Gegenwart genügt, auch wenn sie das heute kaum noch nachvollziehen konnte. Zu dem Zeitpunkt, als Brandon, ihr zweiter Sohn, geboren wurde, machte ihre Doktorarbeit nur noch millimeterweise Fortschritte. Sie arbeitete in einem nahe gelegenen Restaurant als Kellnerin, um den Lebensunterhalt für ihre Familie zu verdienen, während Tom versuchte, zum Schreiben zurückzufinden. Sein Talent hatte nie in Frage gestanden, und daß er sich endlich wieder bemühte, etwas Produktives zu leisten, erleichterte Karen ihr Los zumindest etwas. Zudem konnte sich Tom bei diesem Arrangement um die Kinder kümmern, während sie selbst zur Arbeit ging oder studierte.
Alles kam eines Tages zu einem sehr plötzlichen Ende, als Karen bei ihrer Heimkehr die beiden Kinder aus Leibeskräften schreiend vorfand und Taylor, ihr Ältester, blutete und Schrammen und Quetschungen aufwies. Tom versuchte die Sache mit seinen üblichen Lügen aus der Welt zu schaffen, doch diesmal ließ sich Karen nicht darauf ein. Der Streit, der sich daraufhin entwickelte, übertönte offenbar sogar die Rockmusik der Skulls, denn gerade, als Tom sie zum zweiten Mal schlagen wollte, flog die Tür des Wohnwagens auf. Eine mächtige, schwarzgekleidete Gestalt stand im Eingang und mußte sich etwas ducken, um überhaupt ins Innere zu gelangen.
»Macht der Kerl Ihnen Probleme, Miss?«
Die breiten Lippen des Mannes bewegten sich kaum, als er sprach. Ein schwarzes Barett bedeckte den massigen Schädel und verstärkte noch die Bedrohung, die von dem bärtigen Gesicht ausging.
»Kümmer dich um deinen eigenen Dreck.«
Wenn Tom das nicht gesagt hätte, dann hätte er sich einfach umdrehen und gehen können. Aber er sagte es, und Karen sah, wie ein leises Lächeln über das Gesicht des Bikers huschte. Er bewegte sich ohne zu zögern vorwärts. Die Lederkleidung knirschte leise, und die Stiefel stapften schwer über den billigen Fußbodenbelag des Wohnwagens.
Er war der größte und wuchtigste Mann, den sie je gesehen hatte!
Tom schaute mit einem bösartigen Glitzern in den Augen zu, wie er näher kam. Der Alkohol verlieh ihm Mut, und er wich keinen Zentimeter zurück.
»Verpiß dich!«
»Klar doch, Mister.«
Der Biker überbrückte das letzte Stück mit einem großen Schritt und packte Toms Hemd. Einen Moment später flog Tom wie eine Stoffpuppe durch die Luft. Er krachte auf den Klapptisch, auf dem noch die im Grunde nutzlose Smith-Corona-Schreibmaschine stand, rutschte weiter und landete schließlich in einem Haufen aus zusammengeknülltem Papier auf dem Boden.
Als er mühsam wieder auf die Beine kam, schleuderte der Biker ihn gegen die Wand, wo er heftig aufprallte und dann langsam zu Boden rutschte. Der Skull sah Karen an.
»Möchten Sie, daß ich ihn töte?«
»Nein«, stammelte sie, entsetzt über die Beiläufigkeit, mit der er diese Frage gestellt hatte.
Der Biker warf einen Blick auf die beiden Babys, die weinend in ihren Wiegen lagen. »Wenn ich ihn nur rauswerfe, könnte er zurückkommen.«
»Nein«, wiederholte Karen. »Nein, ich glaube nicht, daß er noch mal herkommt.«
Der Biker sah auf Tom hinunter. Sein Lächeln enthüllte ein paar Zahnlücken. Es war das kälteste Lächeln, das Karen je gesehen hatte. Sie erschauerte unwillkürlich.
»Ja. Ich glaube, da haben Sie recht.«
Tom richtete sich langsam wieder auf und benutzte dabei die Wand als Stütze.
»Verschwinde«, sagte der Biker mit der gleichen leisen, unbewegten Stimme. »Und halt dich nicht erst mit Packen auf.«
Toms Füße bewegten sich unsicher in Richtung Tür. Er blieb kurz stehen, um sich auf den zweiten Klapptisch zu stützen, an dem sie ihre Mahlzeiten einnahmen, und schaute zu Karen hinüber, ohne etwas zu sagen. Dann stolperte er durch die Tür in die Dunkelheit hinaus und verschwand zwischen einer Gruppe von Bikern, die durch die Kampfgeräusche angelockt worden waren.
Karen sah Tom an diesem Abend zum letztenmal, doch das galt nicht für den großen Biker. Sein Name war T.J. Fields, aber alle nannten ihn nur Two-Ton. Früher einmal war er ein olympiareifer Gewichtheber gewesen, doch dann hatten seine Knie der Belastung nicht mehr standgehalten, und so hatte er sich als professioneller Wrestler versucht. Sein Problem war nur, daß er es nicht mochte, absichtlich zu verlieren. Eine Zeitlang machte er das Spiel trotzdem mit, bis er eines Tages gegen
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