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Verschwörung der Sieben

Titel: Verschwörung der Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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finden?«
    »Ja!« schallte es von einem Teil der Menge zur Bühne zurück.
    »Sind jene hier, die gebrechlich sind an ihrem Körper?«
    »Ja!«
    »Sind jene hier, die leiden an ihrer Seele?«
    »Ja!« Diesmal antworteten beträchtlich weniger Stimmen.
    »Sind jene hier, die ihre Hoffnung verloren haben …«
    »Ja!«
    »Die vergessen haben, wie man liebt …«
    »Ja!«
    »Die Glücklosen, die ihren Glauben verloren haben, die dem Dämon Alkohol ins Antlitz schauen …«
    »Ja! … Ja! … Ja!«
    Schwester Barbara faltete die Hände in der spöttischen Imitation eines Gebetes vor der Brust. »Was tun wir gegen diese Krebsgeschwüre, die unseren Körper und unsere Seele auffressen? Wir kommen hierher und suchen Erlösung bei der einzigen Macht, an die wir uns noch wenden können. Und wenn wir von hier fortgehen, so wie wir kamen, was geschieht dann? Was geschieht morgen, wenn der Wecker schellt und ein weiterer Tag voller Schmerz beginnt?« Sie ließ ihren Blick über die Menge schweifen, und jeder der dort versammelten Menschen glaubte, Schwester Barbara habe ihm direkt in die Augen gesehen, und jeder von ihnen spürte, wie ihn ein sonderbarer Schauer überlief. »Wir verlieren die Hoffnung, und wenn wir die Hoffnung verlieren, wird das Grab, das wir uns schaufeln, nur noch tiefer. Wenn wir die Hoffnung verlieren, wird unser Leben zu einem Morast, in dem unsere Gefühle versinken. Deshalb müßt ihr, die ihr hergekommen seid, um Erlösung zu finden, erst eure eigenen Seelen erforschen, bevor ihr erwarten dürft, daß Gott sich euch zuwendet.«
    »Amen«, sang der Chor mit erhobenen Armen.
    »Amen«, fiel die Menge ein.
    »Doch ihr seid heute nicht gekommen, um Gott zu finden«, fuhr Schwester Barbara fort. »Ich seid gekommen, um euch selbst zu finden, um den Sinn in eurem Leben zu finden, um Hoffnung zu finden. Und ich werde euch zeigen, wie ihr die Hoffnung finden könnt. Ich werde euch führen, denn ich bin schon dort gewesen, wo ihr jetzt seid. Ich bin selbst in die tiefsten Tiefen hinabgesunken. Ich weiß, wie es ist, wenn man die Welt aufgibt und wenn man sich selbst aufgibt, so wie ihr.«
    Schwester Barbara preßte die Augenlider fest zusammen. Ihr ganzes Gesicht verwandelte sich in ein schmerzerfülltes Antlitz. Sie neigte den Kopf und berührte mit den Fingerspitzen die Schläfen.
    »Hier ist eine Frau, die ihren Sohn seit fünf Jahren nicht mehr gesehen hat. Er ist von daheim fortgelaufen, als er dreizehn war … «
    Irgendwo inmitten der Sitzreihen erklang ein lautes Schluchzen.
    »… weil sein Vater ihn schlug.« Schwester Barbara öffnete die Augen. »Und die Frau warf den Vater aus dem Haus, als sie erfuhr, was er getan hatte. Zu spät, um ihren Sohn zu retten, doch nicht zu spät, um sich selbst und ihre Seele zu retten. Sie macht sich Vorwürfe, weil sie Angst hatte, den Vater an seinem Tun zu hindern, und sie quält sich, weil ihr Sohn fort ist.«
    »Bitte«, flehte die Stimme, die zuvor geschluchzt hatte. Ein Donnerschlag schloß sich dem Wort an.
    »Komm nach vorne«, sagte Schwester Barbara.
    Die Menge richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Mitte des Zeltes. Einige erhoben sich halb von ihren Sitzen, um besser sehen zu können. Lautes Gemurmel machte sich breit, als eine heruntergekommen wirkende Frau in einem billigen blauen Kleid langsam über den Mittelgang auf das Podium zuging. Ihr Haar war ungepflegt und strähnig, und unter dem Kleid zeichneten sich Speckrollen ab, die die Nähte zu sprengen drohten. Die Frau jammerte leise vor sich hin, und ihre Augen schienen kaum etwas wahrzunehmen.
    Schwester Barbara kniete am Rand der Bühne nieder und streckte den Arm aus, um die Hand der Frau zu ergreifen. »Du fürchtest, daß du deinen Sohn nie wiedersehen wirst. Du möchtest, daß ich dir sage, ob er jemals zurückkehrt oder wo du ihn finden kannst.«
    »Ja! Bitte …«
    »Welchen Grund hast du ihm gegeben, zurückzukommen?«
    Die Frau blickte fragend hoch. Der Griff, mit dem sie Schwester Barbaras Hand umklammert hatte, wurde schlaff.
    »Was hast du aus dir selbst gemacht, seit er gegangen ist und seit auch dein Mann fort ist? Wohin soll der Junge zurückkehren?«
    »Ich, ich …«
    »Furcht hat ihn fortgetrieben. Wenn es keine Hoffnung gibt, keinen Glauben, wird er niemals zurückkehren. Du mußt dir erst ein Leben für dich selbst aufbauen, bevor du dich anderen widmen kannst.«
    Mit einem jämmerlichen Heulen sank die Frau in sich zusammen. Schwester Barbara ergriff ihren Arm mit

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