Verschwörung der Sieben
neuen Menschheitsdämmerung erzählen, die nur jene erleben werden, die es wert sind, gerettet zu werden. Glaubt ihnen nicht, meine Brüder und Schwestern, denn wir alle sind es wert, gerettet zu werden, jeder einzelne von uns. Und euer Glaube an diese einfache Wahrheit wird verhindern, daß der Tag des Gerichts, den die Propheten des Untergangs verkünden, uns alle in eine Welt schleudern wird, in der es keine Hoffnung mehr gibt. Ihr könnt die Hoffnung finden«, rief Schwester Barbara und blickte in die Augen eines Mannes, der unter ihrer Berührung zu Boden sank. »Wir alle können sie finden, Brüder und Schwestern. Wir …«
Sie unterbrach sich, als sie die beiden gutgekleideten Männer bemerkte, die mit eingefrorenem Lächeln in der Nähe des Ganges standen und keinerlei Anstalten machten, in die Nähe ihrer heilenden Hände zu gelangen. Und Barbara wußte, wer sie waren, sie wußte es, noch bevor sie sah, daß beiden das linke Ohrläppchen fehlte.
»Selbst jetzt sind sie mitten unter uns, Brüder und Schwestern«, hob Schwester Barbara erneut an, ohne es zu wagen, den Blick von den beiden Männern abzuwenden. »Wir können Ihnen nicht entkommen, nein, aber wir können sie besiegen. Ja, das können wir.«
Wenigstens hoffte sie das.
Sie schloß die Tür ihres Wohnwagens auf und ging durch das Halbdunkel. Sie war nicht überrascht, daß die kleine Lampe auf dem Tisch brannte, obwohl sie sich genau erinnerte, sie ausgeschaltet zu haben. Und ebenso wenig war sie überrascht, die beiden gutgekleideten Männer, die ihr schon im Zelt aufgefallen waren, hier in ihren Sesseln sitzen zu sehen.
»Guten Abend, Schwester Barbara«, begrüßte sie der Dunkelhaarige. »Es ist an der Zeit, heimzukehren.«
»Zurück ins Königreich«, ergänzte der Mann mit den heilen Haaren. »Zurück zu den Sieben.«
Schwester Barbara wußte nicht, woher die Gabe stammte, die sie zu dem gemacht hatte, was sie war, oder wann sie erkannt hatte, daß sie sie besaß. Sie erinnerte sich daran, als Kind bei Ratespielen stets gewonnen zu haben. Damals lernte sie auch, sich zu verstellen, die richtigen Antworten zurückzuhalten, damit ihre Freunde auch weiterhin mit ihr spielten. Sie war jedoch nie in der Lage gewesen, die Zukunft vorherzusehen. Tatsächlich hätte sie der Frau im Zelt nicht einmal sagen können, wo sich ihr Sohn im Augenblick befand. Sie hatte nur die vertraute Stimme in ihrem Kopf gehört, die ihr die Situation der Frau schilderte.
Und dank dieser Stimme wußte Schwester Barbara auch, was die Menschen dachten, die sie ansah, und welche Sorgen sie hatten. Diese Dinge tauchten in ihrem Kopf auf, wenn sie ihren Geist öffnete, und sie konnte nichts dagegen tun. Aber sie wollte den Menschen helfen. Allen, jedem einzelnen.
Mit diesem Lebensziel vor Augen war sie nach dem College Lehrerin geworden. Doch ihre Neigung, sich persönlich in das Leben und die Probleme ihrer Schüler einzumischen, kostete sie einen Job nachdem anderen, an Privatschulen ebenso wie an den staatlichen. Immer wieder wurde ihr vorgehalten, alle Menschen würden sich in ihrer Gegenwart unwohl fühlen – Eltern, Schüler, andere Lehrer, einfach jeder.
Erst nach einer langen Reihe von Enttäuschungen hatte Barbara zu ihrer wahren Bestimmung gefunden. Sie begann, vor kleinen Gruppen in Klubs und Büchereien zu sprechen, und ihr großes Thema lautete, wie man den Menschen helfen konnte, zu sich selbst zu finden und Selbstbewußtsein zu entwickeln. Damals kamen gerade Selbsthilfegruppen groß in Mode, und Barbara ritt auf dieser Welle mit, fand ihr Publikum über Zeitschriften und Radiosendungen. Ihre Auftritte, die anfangs eher vor kleinen und mehr oder weniger trauter Runde stattfanden, füllten bald ganze Hörsäle. Kritiker verglichen ihre Vorträge mit den Darbietungen altmodischer Erweckungsprediger. Barbara bekam eine Menge Publicity, und das war es wohl in erster Linie, was ihr den Zugang zur Welt der Evangelisten eröffnet hatte, in die ihre Überzeugungen und Lehren bestens hineinpaßten. Sie wurde zu einer der gefragtesten Gastrednerinnen im ganzen Land, und ihre Anhängerschaft wuchs rasch.
Und dann, plötzlich und unerklärbar, hatte sie alles aufgegeben – die Fernsehshow am Sonntag, die Millionen von Namen umfassende Adressenkartei, und nicht zuletzt die regelmäßig eintreffenden Spenden. Das alles wurde ersetzt durch eine mit acht großen Lastwagen durch das Land reisende Erweckungstruppe, die überall, wo man sie haben wollte, für einen
Weitere Kostenlose Bücher