Verschwoerung gegen Baron Wildenstein
sollte. Ansgar trug natürlich sein Kurzschwert. Wolfram stellte fest, dass sein Freund viel aufrechter im Sattel saß als sonst.
Sechs Ritter begleiteten den Grafen, darunter auch der einäugige Erich von Wendlingen. Baron Norbert ließ sich ebenfalls von sechs Rittern begleiten. Dazu kamen noch Wolfram und Ansgar.
Die Männer gaben ihren Pferden die Sporen und ließen sie lospreschen. Es war das Ziel aller, so schnell wie möglich wieder zurück auf Burg Wildenstein zu sein, um dem großen Festbankett beizuwohnen, das zur Begrüßung der Gäste abgehalten werden sollte.
Es dämmerte bereits. Die Sonne sank hinter die Baumwipfel der nahen Wälder.
Gut eine Viertelstunde brauchte der Reitertrupp, bis die Klostermauern von St.
Ingbert vor den Männern auftauchten. Am Tor wurden sie sogleich eingelassen.
Ein Mann, der einen Holzkarren schob, kam ihnen entgegen.
“Nanu!”, wunderte sich Wolfram. “Das ist doch Reinhard, der Abortreiniger von Burg Wildenstein!”
“Wahrscheinlich verdient er sich ein Zubrot damit, dass er auch die Toiletten des Klosters säubert!”
Es sah fast so aus, als würde sich der Aborteiniger ein wenig hinter seinem Wagen ducken. Wolfram nahm an, dass es ihm vielleicht nicht recht war, von seinem Burgherrn gesehen zu werden. Vermutlich hatte er ihn nämlich nicht um Erlaubnis gefragt, ob er sich im Kloster noch etwas hinzuverdienen dürfte.
Aber Baron Norbert hatte im Augenblick ohnehin keinen Blick für den Mann, dessen Beruf noch verachteter war als der des Henkers.
Die Reiter stiegen von ihren Pferden herab. Mönche kümmerten sich um die Tiere.
Abt Darenius, der Klostervorsteher, begrüßte die hohen Besucher höchstpersönlich.
In seiner Begleitung befand sich Pater Ambrosius. Dieser zwinkerte Wolfram zu.
Seit er Wolfram bei ihrem letzten Treffen zugesagt hatte, ihm Lesen und Scheiben beizubringen, hatten sie sich nicht mehr gesehen. Es war einfach zu viel zu tun gewesen.
“Die Nachricht von Eurer Ankunft auf Wildenstein hat sich in der Gegend schon wie ein Lauffeuer verbreitet”, stellte Abt Darenius fest. “Allerdings hatte ich nicht damit gerechnet, dass Ihr das von Euch in Auftrag gegebene Evangeliar sofort in Augenschein zu nehmen wünscht, Graf Gernot.”
“Nun, meine Frau möchte das Evangeliar heute noch in ihren Händen halten. Daher möchten wir es jetzt schon abholen”, erklärte Graf Gernot. “Ich hoffe, dass Euch das nicht allzu viele Umstände macht!”
“O nein, natürlich nicht”, sagte Abt Darenius. “Das Buch ist fertig. Pater Ambrosius hat die von Euch in Auftrag gegebenen sieben Siegel angebracht.”
“Für die Entrichtung des vereinbarten Kaufpreises verbürge ich mich”, mischte sich Baron Norbert ein. “Die nötigen Geldmittel werden gerade in meine Schatzkammer geschafft und dort verschlossen, sodass sie jederzeit zum Kloster transportiert werden können.”
“Ein Preis, der das Bestehen unseres Klosters über Jahre hinweg sichern wird!”, freute sich Abt Darenius.
“Ich hoffe doch, dass ein gewisser Teil davon den Armen zugute kommt”, sagte Pater Ambrosius.
“Gewiss!”, versicherte Abt Darenius. “Schließlich sind wir Diener des Herrn und keine Marktschreier, die nur an ihren Gewinn denken.” Der Klostervorsteher musterte den Grafen. “Eure Gattin scheint ein besonderes Verhältnis zu diesem Buch zu haben”, stellte er nach einer kurzen Pause fest.
“Ich habe niemandem gegenüber ein Geheimnis daraus gemacht, dass meine Frau Margunda die eigentliche Auftraggeberin ist”, erklärte der Graf. “Ja, sie ist sehr fromm und versucht den Worten Gottes so gut es geht zu folgen.”
“Das tun wir auch – mal mit mehr Erfolg und mal mit weniger. Denn Sünder sind wir schließlich alle.” Abt Darenius deutete auf Pater Ambrosius. “Das Buch der sieben Siegel ist vor einigen Tagen in Pater Ambrosius’ Mönchszelle eingeschlossen worden.
Pater Ambrosius ist der einzige, der noch Zugang zu dem Buch hatte, nachdem er die Siegel anbrachte. Seitdem liegt es unberührt an seinem Platz hinter einer verschlossenen Tür, des Nachts bewacht von Pater Ambrosius’ Schlaf ! Ich werde Euch und Euer Gefolge dorthin führen!”
“Ich bitte darum”, nickte der Graf.
Abt Darenius verneigte sich leicht.
*
Das Licht von Pechfackeln warf flackernde Schatten auf die kalten Steinwände des Gewölbes.
Abt Darenius ging voran. Pater Ambrosius dicht hinter ihm, danach folgten Graf Gernot und Baron Norbert mit ihren Mannen. Wolfram und
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