Verschwoerung gegen Baron Wildenstein
Gewahrsam!”, befahl er seinen Männern. “Wir werden schon herausbekommen, wo das Buch der sieben Siegel geblieben ist!”
Aber Abt Darenius widersprach: “Ihr vergesst, dass Pater Ambrosius nicht Eurer Gerichtsbarkeit untersteht, sondern dem Gericht der Kirche!” Wut und Verzweiflung über das Verschwinden des wertvollen Buches waren Baron Norbert deutlich anzusehen. Hatte er nicht alles getan, um für die Sicherheit seiner Gäste und ihres Besitzes zu sorgen? Zwar war dieser Diebstahl innerhalb der Klostermauern geschehen, wo der Burgherr von Wildenstein nur eingeschränkte Rechte hatte. Dennoch würde man letzten Endes ihm das Ganze als Versagen ankreiden.
“Diese Spitzfindigkeiten sind mir im Moment gleichgültig!”, schimpfte er.
Wolfram erschrak. Noch nie zuvor hatte er den Burgherrn so unbeherrscht und wütend erlebt. Das Verschwinden des Buches traf ihn offenbar bis ins Mark. Wie blamiert stand der Baron jetzt vor seinem Lehnsherrn da!
“Taucht ihn so lange unter Wasser, bis er gesteht, was er getan hat!”, schimpfte er.
“Unser Kerkermeister auf Wildenstein wird das gerne übernehmen!”
“Ich rate Euch, lasst es nicht auf einen Konflikt mit der Kirche ankommen”, erwiderte Abt Darenius in sehr strengem Ton, den sich wohl außer Graf Gernot nur der Klostervorsteher gegenüber dem Burgherrn herausnehmen durfte. “Ambrosius bleibt hier. Wir sperren ihn in seine eigene Klosterzelle. Mag es dem Buch auf geheimnisvolle Weise gelungen sein, diese Zelle zu verlassen – Ambrosius wird dasselbe nicht gelingen, dafür verbürge ich mich.”
Baron Norbert dachte einen Augenblick lang nach. Schließlich nickte er. “Ich bin einverstanden, aber ich bestehe darauf, dass zwei meiner Burgmannen sich hierher begeben werden und den Gefangenen bewachen. Tag und Nacht.”
“Gut”, stimmte Abt Darenius zu.
*
Pater Ambrosius wurde in seine Zelle gestoßen, der Schlüssel hinter ihm umgedreht.
Wolfram konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass der Pater zu einem Diebstahl, wie er ihm vorgeworfen wurde, fähig gewesen wäre.
“Ich glaube nicht, dass Ihr schuldig seid, Pater!”, rief Wolfram von außen durch die Tür. “Ihr könnt Euch auf mich verlassen! Ich werde versuchen Euch zu helfen!”
“Halte dich da besser heraus, Wolfram!”, rief der Pater zurück. “Die Wahrheit wird schon ans Tageslicht kommen!”
“Vorausgesetzt, man sucht auch nach ihr!”, rief Wolfram.
Baron Norbert sah Wolfram mit einem strengen Blick an. “Komm jetzt, Page!”, forderte er rau. Es gefiel ihm nicht, dass Wolfram für den beschuldigten Pater Partei ergriff.
Sie gingen zurück ins Freie. Wolfram und Ansgar waren die letzten.
Das Geschehene kam Wolfram wie ein furchtbarer Albtraum vor. Pater Ambrosius –
ein gemeiner Dieb, der das unsagbar wertvolle Evangeliar einfach hatte verschwinden lassen? Wolfram mochte daran einfach nicht glauben.
“Ich weiß gar nicht, was du hast”, raunte Ansgar dem Jüngeren zu. “Es sieht doch wirklich danach aus, als wäre es der Pater gewesen.”
“Du kennst ihn nicht so gut wie ich!”, stellte Wolfram klar. “Sonst würdest du nicht einmal im Traum daran denken, dass Pater Ambrosius etwas mit einem so schändlichen Diebstahl zu tun haben könnte!”
“Du wärst nicht der Erste, der sich in einem Menschen vollkommen täuscht”, gab Ansgar zu bedenken. “Und nur, weil er ein Geistlicher ist, heißt das noch lange nicht, dass er nichts Schlechtes tun könnte! Der Satan versuchte selbst Jesus auf seine Seite zu ziehen! Erinnerst du dich nicht an die Geschichten, die der Burggeistliche immer erzählt?”
“Gewiss”, nickte Wolfram. “Aber mit Ambrosius ist das etwas anderes. Ich vertraue ihm. Außerdem ist er nun wirklich nicht am Erwerb von Reichtum interessiert.”
“Und wenn es so ist, wie Abt Darenius meint?”
“Dass Ambrosius dermaßen vernarrt in dieses Buch ist, dass er es nicht mehr hergeben will?” Wolfram schüttelte entschieden den Kopf. “Das ist doch barer Unsinn.”
“Nach dem, was du so über den Pater erzählt hast, könnte ich mir das schon vorstellen, Wolfram!”
“Das ist doch verrückt, Ansgar!”
“Und weshalb?”
“Erstens hat er hier im Kloster mehr als genug Bücher zur Verfügung, darunter auch Bibelabschriften in verschiedenen Sprachen. Er hat hier Zugang zu mehr Büchern, als sich an irgendeinem anderen Ort in einem Umkreis von mehr als hundert Meilen befinden. Und zweitens …”
“Da bin ich aber
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