Verschwörung im Zeughaus
äußern, die Reese gegen ihn vorgebracht hat. Oder vielmehr van Dalens Männer.»
Neklas musste sein Vorhaben aufschieben, denn am frühen Nachmittag fand sich überraschend eine Besucherin ein, die mit Adelina und Neklas zu sprechen wünschte. Beede Palm kam gleich und ohne Umschweife auf den Grund ihres neuerlichen Besuchs zu sprechen. «Verzeiht, wenn ich einfach hereingeschneit bin, Frau Adelina, Herr Magister» – sie lächelte dünn – «aber mir ist zu Ohren gekommen, dass es einen hässlichen Zwischenfall mit Eurer Magd gegeben hat.»
Adelina hob überrascht den Kopf. «Das scheint sich ja schnell herumgesprochen zu haben.»
«Aber ja, der Gewaltrichter erzählte es meinem Evert in der Ratsbesprechung heute Vormittag, und der berichtete es mir, als er vorhin nach Hause kam. Es tut mir sehr leid, Frau Adelina. Ich hoffe, der armen Frau geht es schon etwas besser?»
«Sie wird sich erholen», antwortete Neklas.
«Na, so ein Glück! Ich fürchtete schon …» Was Beede fürchtete, sprach sie nicht aus, stattdessen fuhr sie fort: «War es tatsächlich Harro? Du lieber Himmel, er ist doch schon so lange in van Dalens Diensten. Unerhört, ein solches Betragen. Ich hoffe, er wird ordentlich bestraft.»
«Das scheint schon jemand in die Hand genommen zu haben», kam unvermittelt eine Stimme von der Küchentür her. Verblüfft drehten sich alle zu Georg Reese um, der seinen Mantel ausschüttelte, da es zu regnen begonnen hatte. Rasch nahm Adelina ihm das Kleidungsstück ab und hängte es neben dem Ofen an einen Haken.
«Eure Gesellin hat mich eingelassen», erklärte er, «aber sie war mit einer Kundin beschäftigt und hat mich freundlicherweise gleich hier hereingeschickt.»
Adelina bot ihm einen Sitzplatz an. «Was meintet Ihr mit Euren Worten?»
Reese ließ sich am Ende der Bank nieder und faltete die Hände auf dem Tisch. «Wir haben die Büttel nach jenem Knecht der van Dalens ausgeschickt. Nach Harro – und auch nach dem Mann mit dem roten Mal im Gesicht», ergänzte er. «Letzteren haben sie vor einer guten Stunde gefunden.»
Neklas ließ sich ihm gegenüber nieder. «Eurem Tonfall nach ist das keine gute Nachricht.»
«So ist es.» Reese nickte. «Einer der Männer entdeckte ihn oben am Berlich, in einem finsteren Winkel zwischen zwei Häusern. Und auch das nur, weil ihn ein paar Gassenjungen aufmerksam gemacht hatten.» Er hielt kurz inne. «Jemand hat ihm den Schädel eingeschlagen. Das Mal auf seiner Stirn war aber gut erkennbar. «
Betroffenes Schweigen folgte seinen Worten. Adelina und Neklas wechselten besorgte Blicke. Diese entgingen dem Gewaltrichter offenbar nicht, wie seinen nächsten Worten zu entnehmen war. «Allmählich hege ich den Verdacht, dass hier mehr vorgeht, als ich zunächst angenommen habe. Natürlich weist nach wie vor alles auf Greverode, zumindest was den Mord an Clais van Dalen angeht. Aber welchen Grund sollte er haben, einen fremden Mann zu töten?»
Adelina starrte ihn entgeistert an. «Ihr glaubt doch nicht im Ernst, dass Tilmann …»
«Nein, wie ich eben zu erklären versuchte: Es ergibt keinen Sinn. Man könnte höchstens vermuten, dass er Euch schützen wollte, was bedeuten würde, dass er sich hier ganz in der Nähe aufhält und über die Geschehnisse des heutigen Tages Bescheid weiß.» Erwartungsvoll sah Reese Adelina an, doch sie schwieg.
Er seufzte. «Da ich ihn aber nach wie vor für einen Ehrenmann halte, kann ich mir nicht vorstellen, dass er nicht nur einen, sondern gleich zwei Morde verübt haben soll. Wenn ich aber von Eurer Theorie ausgehe, dass er schon mit van Dalens Tod nichts zu tun hatte, drängt sich mir der Verdacht auf, dass hier tatsächlich noch eine dritte Partei am Werke ist. Jemand, dem daran gelegen ist, Euch von Euren Nachforschungen abzuhalten.»
«Oder jemand, der Verwirrung stiften will», ergänzte Neklas nachdenklich.
«Wie schrecklich!», rief Beede betroffen und schlug die Hände vors Gesicht.
Reese sah sie kurz von der Seite an. «Beruhigt Euch, gute Frau! Wir tun wirklich alles, um die Sache aufzuklären.»
«Das glaube ich Euch gern.» Beede bemühte sich sichtlich um ein Lächeln. «Ich hoffe bloß …»
«Was?» Neugierig musterte er sie nun etwas länger, woraufhin sie errötete.
«Ach nein, es steht mir nicht zu, mich einzu–»
«Frau Beede, bitte sprecht!», fuhr Adelina sie ungeduldiger als beabsichtigt an. Ihre Nerven hatten heute schon sehr gelitten. «Wir sind dankbar für jeden Hinweis.»
Beede
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