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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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bildeten, die kleine Falte, die sich von der Nasenwurzel zwischen seine Augenbrauen hob, und das Funkeln seiner Augen. Alle anderen hätten gesagt, es sei ein heiteres Funkeln, das Funkeln eines Lachens, doch er wusste es besser. Es war Schadenfreude. Die diabolische Freude darüber, dass Giacomo durch die Kraft des Elixiers etwas wusste, von dessen Existenz Cosimo noch nicht einmal eine Ahnung hatte.
    Die Diener trugen die Schüsseln mit den Speisen herein, und Cosimos Tischnachbarn rutschten bei ihrem Anblick so aufgeregt und erwartungsfroh auf ihren Sitzen hin und her, dass er sich vorkam, als wäre er zwischen Hammer und Amboss geraten. Die Dame neben ihm konnte es offensichtlich kaum erwarten, endlich ihren Hunger zu stillen, denn sie riss dem jungen Diener die Schüssel mit den in Öl gebratenen kleinen Fischen fast aus der Hand und häufte sich eine derart große Menge davon auf ihren Teller, dass eine sechsköpfige Familie hätte satt werden können. Sie reichte die Schüssel an Cosimos anderen Tischnachbarn weiter, der im Aufhäufen der Speisen im Wettstreit mit der Dame zu stehen schien. Als die Schüssel schließlich achtlos auf Cosimos Schoß gelandet war, war nur noch ein kümmerliches Fischchen übrig geblieben. Es lag in den Ölresten auf dem Boden der Schüssel wie ein Fisch in einem Tümpel, der über Nacht ausgetrocknet ist. Nur aus Höflichkeit legte er sich den kleinen Fisch auf seinen Teller, brachte es aber nicht übers Herz, das winzige Tierchen, das selbst für einen Köder viel zu klein war, auch zu verzehren. Ihm war über dem animalisch feuchten Schmatzen, das sich nun zu seiner Rechten und Linken erhob, ohnehin der Appetit vergangen.
    »Das war gut«, grunzte der Tuchhändler zufrieden, wischte sich mit einem Stück Brot das Öl vom Kinn und schob es in den Mund. Verschwendung war schließlich eine Sünde. »Eine wirklich vortreffliche Speise.«
    »Ja!«, seufzte auch die dicke Dame und verdrehte genüsslich die Augen. »Und wer kann schon sagen, was noch alles folgt. Dort kommen schon die nächsten Diener, beladen mit Schüsseln und Platten. Vielleicht sind es ja gebratene Täubchen?«, sagte sie mit einer Stimme, die wie kurz vor dem Erreichen der höchsten Erfüllung klang. »Oder vielleicht …«
    Eine weitere Aufzählung all jener Speisen, die abgesehen von gebratenen Täubchen noch dazu angetan waren, sie in Ekstase zu versetzen, blieb Cosimo glücklicherweise erspart. Die dicke Dame wurde rüde unterbrochen, denn in der Mitte der Tafel gab es einen Tumult. Alle Augen richteten sich auf die Plätze von Giuliano und Anne. Signorina Anne war aufgesprungen und hatte dabei ihren Stuhl umgestoßen. Einer der Diener war über die Stuhlbeine gestolpert und mitsamt der Schüssel, die er trug, hingefallen, sodass das kostbare Porzellan in tausend Stücke zersprang und die Erbsen in alle Richtungen davonrollten. Wie gebannt und als könnte sie das alles gar nicht verstehen, starrte Anne auf das Durcheinander um sie herum. Sie presste das Taschentuch auf ihren Mund, ihr Gesicht war kreidebleich – doch nicht nur vor Schreck, wie Cosimo deutlich sehen konnte. Sie atmete heftig, als würde sie nur mühsam die Beherrschung bewahren. Und dann machte sie plötzlich auf dem Absatz kehrt und stürzte aus dem Saal, als wäre nicht weniger als ein ganzes Rudel Höllenhunde hinter ihr her.
    »Anne, Liebste, was ist mit dir?«, rief Giuliano, sprang auf und wollte ihr folgen, doch Clarice legte ihm eine Hand auf den Arm und hielt ihn zurück.
    »Mein Lieber, bleib sitzen, ich werde gehen.«
    »Aber … aber …«, stotterte Giuliano, und sein Gesicht war kaum weniger bleich als das von Anne. Dennoch nahm er gehorsam wieder auf seinem Stuhl Platz. »Was ist denn mit ihr?«
    Clarice tätschelte ihm beruhigend den Arm. »Eine Unpässlichkeit, vermute ich, eine kurzer Augenblick der Schwäche, von denen Frauen zuweilen heimgesucht werden, nichts weiter. Rotwein am Abend, jetzt der in Öl gebratene Fisch. Vielleicht hat sie einen schwachen Magen. Sei unbesorgt, ich werde mich um sie kümmern. Und sollte es nötig sein, werden wir den Arzt holen.«
    Damit erhob sie sich und eilte hinter Signorina Anne her. Cosimo runzelte nachdenklich die Stirn. Ihm war keinesfalls die steile zornige Falte entgangen, die zwischen Clarices Augenbrauen erschienen war. Was dachte sie wohl wirklich? Glaubte sie etwa, dass Anne übertrieb, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken? Aber so dumm, so bar jeder Menschenkenntnis war

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