Verschwörung in Florenz
mir ist es gleich. Du kannst mit mir vor die Tür gehen, damit wir uns ungestört unterhalten können. Oder du wirst meine Fragen hier beantworten. Hier, an dieser Stelle, wo jeder uns zuhören kann. Du hast die Wahl.« Für einen kurzen Augenblick loderte ein zorniges Feuer in Giacomos Augen auf, doch er hatte sich so rasch wieder unter Kontrolle, dass Cosimo gewiss gedacht hätte, er hätte sich getäuscht, wenn er ihn nicht so gut kennen würde.
»Du warst schon immer ein unverbesserlicher, starrsinniger Dickkopf, der nie wusste, wann es besser ist, nachzugeben«, sagte Giacomo und zuckte gleichmütig mit den Schultern. Er wischte sich noch einmal den Mund mit dem Leinentuch ab, legte es sorgfältig zusammengefaltet neben seinen Teller und schob seinen Stuhl zurück. Dann beugte er sich zu Lorenzo hinüber.
»Verzeiht mir, verehrter Freund«, sagte er so, als würde er versuchen zu flüstern, sprach aber trotzdem so laut, dass Cosimo und alle anderen Gäste in der näheren Umgebung seine Worte deutlich hören konnten. »Ich möchte keineswegs unhöflich erscheinen, aber unglücklicherweise besteht Euer Vetter darauf, ausgerechnet jetzt einige Worte mit mir unter vier Augen zu wechseln. Ich kann Euch gar nicht sagen, wie unangenehm mir dieser Vorfall ist. Dennoch bitte ich Euch, mir die Erlaubnis zu erteilen, mich für eine Weile von der Tafel zu entfernen. Ich fürchte, es gäbe sonst nur unnötiges Aufsehen hier im Saal. Euer Vetter ist, verzeiht mir meine Offenheit, zu allem fähig. Und ich möchte ihn nicht unnötig reizen.«
Lorenzo warf Cosimo einen missbilligenden Blick zu, seine Augenbrauen waren drohend zusammengezogen.
»Hat er Euch belästigt? Soll ich ihn entfernen lassen?«
Cosimo spürte den Zorn in heißen Wellen über sich hinwegrollen. Diese Worte waren mehr als eine Beleidigung. Sie klangen, als wäre er einer von Lorenzos Jagdhunden, der sich heimlich zur Tafel geschlichen und die Gäste um Essen angebettelt hatte. Sie klangen, als wäre er ein geistig verwirrtes Faktotum, ein Irrer, der eigentlich in den Kellergewölben des Landsitzes hauste und von der Familie nur aus Barmherzigkeit geduldet wurde. Wäre da nicht seine Angst um Anne gewesen, er hätte diesen beiden edlen Herren ins Gesicht gespuckt und das Anwesen auf der Stelle verlassen.
»Nein, so weit ist es gottlob noch nicht gekommen. Doch ich bin sicher, dass Ihr ebenso wenig wie ich erpicht darauf seid zu erleben, wozu er imstande sein kann.«
»Wahr gesprochen, Giacomo, wir alle kennen Cosimo«, stellte Lorenzo fest und stieß einen Seufzer aus, als wäre Cosimo ein Zipperlein, unter dem er schon lange zu leiden hatte, ohne dass ärztliche Kunst ihm Linderung verschaffen konnte. »Geht. Ich erteile Euch die Erlaubnis. Und solltet Ihr Hilfe bedürfen, so scheut Euch nicht, nach meinen Dienern zu rufen. Sie werden Euch augenblicklich beistehen und ihn – sofern nötig – hinauswerfen.«
»Ich danke Euch, aber das wird hoffentlich nicht erforderlich sein. Ich kenne ihn schon lange, wie Ihr wisst, und schon früher bin ich mit seinen seltsamen Launen fertig geworden.«
Lorenzo klopfte Giacomo aufmunternd auf den Arm, als würde er in einen schwierigen Kampf ziehen. Giacomo nickte ihm zu und richtete sich dann wieder auf.
»Nun stehe ich dir zur Verfügung«, sagte er mit einem nachsichtigen Lächeln, für das Cosimo ihn am liebsten erwürgt hätte, rückte seine Weste zurecht und strich seine Beinkleider glatt.
»Lass uns auf den Hof gehen.«
Sie verließen das Haus und traten auf den mit kleinen Steinen gepflasterten Hof hinaus. Cosimo blickte sich um. In einem der Ställe wieherte ein Pferd und schlug mit dem Huf gegen die Holzbalken. Eine hellbraun getigerte Katze strich an der Mauer entlang. Doch weit und breit war kein Mensch zu sehen. Sie waren allein.
»Cosimo, Cosimo, was hat dich nur veranlasst, das Leben eines Geächteten zu führen?«, sagte Giacomo, als sie mitten auf dem Hof stehen blieben. Er verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte den Kopf, wie es ihr alter Lehrer immer getan hatte, wenn er einen von ihnen beim Mogeln erwischt hatte. »Natürlich hast du auch früher schon das Risiko, die Gefahr geliebt. Und vermutlich kannst nicht einmal du selbst zählen, wie oft du die Verbote deiner Eltern missachtet hast. Indessen kanntest du damals wenigstens noch die Regeln der Höflichkeit und hast dich in den meisten Fällen daran gehalten. Was ist nur aus dir geworden?«
»Das Gleiche wie aus dir,
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