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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Giacomo«, erwiderte Cosimo, am ganzen Körper zitternd. Die kalte, feuchte Dezemberluft kroch ihm in den Nacken. Doch es war mehr als Kälte. Es war Zorn, Entsetzen. Er konnte den Gesichtsausdruck seines ehemaligen Freundes nicht mehr ertragen. Diese Miene eines besorgten Vaters angesichts seines geliebten, jedoch unheilbar erkrankten Sohnes. Heuchelei, alles Heuchelei. »Was siehst du, wenn du in den Spiegel blickst? Wir beide sind Ungeheuer. Während alle unsere ehemaligen Freunde dem Alter nicht entfliehen können, hat uns die Zeit nicht ein Haar ergrauen lassen. Wir können nicht altern. Vermutlich können wir noch nicht einmal sterben, und so werden wir …«
    »Soweit ich weiß, hast du mit dieser Vermutung durchaus Recht«, unterbrach ihn Giacomo mit einem Lächeln, das Cosimo das Blut in den Adern gefrieren ließ. »Ich habe mich vor einigen Tagen in der Nacht besucht. Ich kam aus einer Zeit rund hundert Jahre von diesem Tag an und machte immer noch einen gesunden und frischen Eindruck.«
    »Das ist Teufelswerk.«
    »Du irrst, Cosimo. Es mag sein, dass ein Teufel das Elixier erdacht hat, um die Menschheit zu verderben. Doch in der Hand des Gläubigen ist es ein Geschenk Gottes. Aber das hast du nie verstanden.« Er seufzte, schüttelte den Kopf, und dann ergriff er Cosimos Hand. Dabei glitt ein Ausdruck über sein Gesicht, als versuchte er einen Heiden zum Glauben zu bekehren. »O Cosimo, wenn ich dich doch nur davon überzeugen könnte. Gott hat uns dieses Elixier in Seiner unendlichen Güte und Gnade, in Seiner Weisheit geschenkt. Er hat uns damit eine Aufgabe übertragen. Es ist an uns, den Teufel zu bekämpfen. Wir sollen die Geschicke der Welt leiten und sie wandeln zu einem Ort der Reinheit, des Glaubens und des Friedens. Er selbst hat uns die Macht gegeben, Dinge zu tun, von denen wir niemals zu träumen gewagt haben. Warum nur sperrst du dich dagegen? Warum willst du nicht einsehen …«
    »Weil es Wahnsinn ist«, unterbrach Cosimo ihn und entwand seine Hand Giacomos Griff. »Weil ich nicht glaube, dass Gott will, dass man ihm ins Handwerk pfuscht. Und weil ich nicht glaube, dass der Mord an deinem Stiefvater …«
    »Das war kein Mord«, sagte Giacomo so ruhig, als würde ein Lehrer seinem Schüler die Grundbegriffe des Schreibens zum hundertsten Mal erklären. »Glaubst du, es fiel mir leicht? Glaubst du wirklich, ich habe die Entscheidung, den Arzt aus der Nähe meines Stiefvaters zu entfernen, leichtfertig getroffen? Nein. Ich habe gebetet, ich habe darum gefleht, den Kelch an mir vorübergehen zu lassen – stundenlang, nächtelang. Ich habe gefastet, mich kasteit. Und dann endlich, als ich schon schwach zu werden drohte und die Verantwortung von mir schieben wollte, sandte mir Gott einen Engel mit einer Botschaft, und mir wurde klar, dass ich mich dieser Aufgabe nicht entziehen durfte. Giulios Tod war eine Notwendigkeit. Wie schon der Prophet sagt: Bereitet dem Herrn den Weg, machet eben Seine Pfade. Giulio war ein Berg, ein Hindernis, das dem Willen Gottes im Wege stand. Es war meine Pflicht, diese Hürde aus dem Weg zu räumen.«
    Cosimo erschauerte. Giacomo sprach vom Himmel, doch in Wirklichkeit kamen seine Worte direkt aus der Hölle.
    »Und jetzt? Was hast du jetzt vor?«
    »Was meinst du?«
    »Ich habe bei Tisch deinen Blick gesehen, mit dem du Signorina Anne bedacht hast. Was hast du vor? Wenn du ihr etwas antust, werde ich …« Cosimo ballte die Hände zu Fäusten. Er konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor derart zornig gewesen zu sein.
    Giacomo lachte. Er lachte, dass ihm beinahe die Tränen kamen.
    »Mein armer, bedauernswerter Freund! Ich weiß, dass du sie liebst. Und wir beide wissen, dass sie deine Gefühle nicht erwidert. Sie liebt Giuliano und trägt vermutlich bereits sein Kind unter ihrem Herzen.«
    »Du lügst!«, stieß Cosimo mühsam zwischen den zusammengebissenen Zähnen aus. »Woher willst du das wissen? Hast du dich etwa wieder einmal selbst besucht?«
    Giacomo schüttelte tadelnd den Kopf. »Es bedarf solcher Kniffe nicht, um die Wahrheit zu kennen, Cosimo. Du hast sie doch selbst an der Tafel gesehen, ihr bleiches Gesicht und ihr Davoneilen, nachdem der fettige, stark riechende Fisch aufgetragen worden ist. Nun?« Er lächelte nachsichtig. »Die Wahrheit offenbart sich dir immer noch nicht? Dann werde ich es dir erklären. Es sind untrügliche Anzeichen dafür, dass diese Frau ein Kind unter ihrem Herzen trägt. Und wer sollte der glückliche Vater sein, wenn

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