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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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nicht mit am Tisch sitzen. Während die anderen sich gewaltige Scheiben von den beiden riesigen Brotlaiben abschnitten, Käse aßen, Milch schlürften, Wasser tranken und sich munter unterhielten, waren sie damit beschäftigt, Gemüse zu putzen und Teig zu kneten.
    Doch es wurde schlagartig still, als die Diener Anne in der Tür stehen sahen. Mit weit aufgerissenen Augen und offenen Mündern starrten sie sie an, sodass Anne sich vorkam wie eine Außerirdische. Enrico fiel dabei ein Stück Brot wieder in seine Schale, und die hochspritzende Milch bekleckerte seine makellos saubere Livree. Und Matilda wurde so bleich, als wäre sie vom Schlag getroffen worden.
    »Signorina, aber … Signorina!«, rief die Köchin mit dem freundlichen runden Gesicht und schlug dabei die Hände über dem Kopf zusammen. Sie schien die Erste zu sein, die ihre Sprache wiedergefunden hatte. »Was macht Ihr denn hier?«
    »Ich möchte frühstücken, ich habe Hunger«, antwortete Anne.
    »Aber Signorina, wollt Ihr denn nicht wie gewöhnlich in Eurem Gemach …«
    Anne zählte stumm bis zehn, dann marschierte sie zu einem der Regale, auf denen das Geschirr stand, nahm sich einen Teller und einen Becher und setzte sich auf einen freien Stuhl. Die Mägde neben ihr rückten ängstlich ein wenig zur Seite, als würde sie unter einer ansteckenden Krankheit leiden. Die anderen warfen sich verblüffte Blicke zu.
    »Möchtet Ihr Milch, Signorina?«, fragte eine junge Magd und schob ihr schüchtern einen der Krüge näher.
    »Danke«, erwiderte Anne und goss die Milch in einen Becher, während einer der Knechte ein Stück Brot abschnitt und es ihr mit einem zaghaften zahnlosen Grinsen reichte.
    Erst als Anne einen Schluck Milch getrunken hatte und an dem festen Brot kaute, das überhaupt keine Ähnlichkeit mit den hellen, knusprigen Fladen hatte, die sie in diesem Haushalt sonst zu essen bekam, hatte Matilda sich offenbar von ihrem Schock erholt. Eine steile Falte erschien zwischen ihren Augenbrauen.
    »Signorina, Ihr solltet wahrhaftig nicht bereits zu dieser frühen Stunde auf sein«, sagte sie in einem Ton, der an eine strenge Lehrerin erinnerte. »Und Ihr solltet auch nicht durch das kalte Haus laufen und Euer Frühstück hier unten einnehmen. Nicht in Eurem Zustand.« Sie senkte bedeutungsvoll die Stimme, doch an den schamvoll niedergeschlagenen Blicken der anderen Dienstboten erkannte Anne, dass ihre Schwangerschaft schon lange kein Geheimnis mehr war. Zumindest nicht hier unten in den Gefilden der Dienstboten. »Ihr hättet läuten sollen.«
    »Das habe ich«, erklärte Anne ungerührt und trank einen Schluck Milch. Es war nicht unbedingt das Getränk, das sie morgens bevorzugte. Eigentlich brauchte sie ihren Tee, um wach zu werden und den Kreislauf in Gang zu bringen, doch da es hier schwarzen Tee nur zu ganz besonderen Anlässen gab, hatte sie sich im Laufe der Wochen damit abgefunden, zum Frühstück kalte, noch nach Kuh und Stall schmeckende Milch zu trinken. »Allerdings hatte ich nicht den Eindruck, dass die Magd, die auf mein Läuten hin erschien, gewillt war, meinem Wunsch nachzukommen und mir ein Frühstück zu servieren. Und da ich es heute eilig habe, hatte ich nicht die Zeit, darauf zu warten, bis sie mich verstanden hat.« Sie sah den Kutscher an, der sofort einen hochroten Kopf bekam. »Ich brauche den Einspänner, Giuseppe«, sagte sie. »So schnell wie möglich.«
    Enrico verschluckte sich und hustete mit Brotstückchen vermischte Milch quer über den Tisch.
    »Ihr wollt wieder ausgehen, Signorina?«, fragte Matilda. Sie saß so steif auf ihrem Schemel, als hätte ihr jemand ein Stützkorsett verpasst. Ihre Lippen bildeten einen schmalen Strich. »Ich weiß, es steht mir nicht zu, Euch diese Frage zu stellen, doch wohin …«
    »Du hast Recht, es steht dir nicht zu«, unterbrach Anne die alte Magd. »Du wirst dich also gedulden müssen, bis ich wieder zurück bin und Giuseppe dir erzählen kann, wohin er mich gefahren hat.«
    Giuseppe wurde noch röter, wenn das überhaupt möglich war. Er scharrte mit den Füßen, und seine verlegenen Blicke huschten zwischen Anne und Matilda hin und her, dann erhob er sich, murmelte etwas wie »Ich spanne dann schon mal das Pferd an« und verschwand aus der Küche.
    »Signorina, der junge Herr Giuliano wird schelten, wenn er …«, begann Matilda wieder.
    Doch Anne unterbrach sie erneut. »Giuliano ist nicht da. Und ich bin sicher, dass er nicht schimpfen wird. Höchstens mit euch, falls ich

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