Verschwörung in Florenz
dass Ihr Recht hattet.«
Giacomo nickte bedächtig. »Ich muss zugeben, dass ich es kommen sah.«
»Aber ich musste es doch versuchen. Wenn ich gar nichts tue, wird Giuliano sterben«, sagte Anne und brach in Tränen aus. »Was kann ich denn jetzt noch machen? Welche Möglichkeiten bleiben mir noch?«
»Uns wird bestimmt etwas einfallen«, antwortete Giacomo und legte ihr tröstend eine Hand auf die Schulter. »Gemeinsam …«
Doch Anne hörte nicht hin. »Ich muss Giuliano davon abhalten, am 26. April die Messe im Dom zu besuchen. Irgendwie. Selbst wenn ich ihn im Zimmer einschließen oder ein Abführmittel unter sein Abendessen mischen muss.«
»Lasst den Kopf nicht hängen, Signorina Anne. Gott wird uns in Seiner unendlichen Güte einen Weg zeigen, die Hindernisse, die sich vor uns aufzutürmen scheinen, aus dem Weg zu räumen, da bin ich mir sicher. Der Herr hat mir bisher immer diese Gnade erwiesen. Morgen werden wir nochmals über alles reden. Was haltet Ihr von einem gemeinsamen Mittagsmahl? Vielleicht kommt einem von uns bis dahin der rettende Gedanke.«
»Ja, das wäre wirklich …«
»Doch nein, verzeiht, Signorina Anne. Morgen zur Mittagszeit geht es nicht, ich muss ein wichtiges Geschäft abschließen. Könntet Ihr zum Abendessen kommen?«
»Auch das wäre mir recht«, erwiderte Anne. »Mir ist, mit Verlaub gesagt, alles recht, Hauptsache, wir finden endlich eine Lösung, wie wir Giulianos Leben retten können.«
»Macht Euch keine Sorgen, Signorina Anne. Jetzt solltet Ihr nach Hause zurückkehren und Euch ausruhen. Ich werde Euch morgen die Kutsche schicken.«
»Ich weiß nicht, wie ich Euch für Eure Güte und Freundschaft jemals danken soll, Signor Giacomo«, sagte Anne zum Abschied und ergriff dankbar seine Hand. Sie erinnerte sich noch daran, wie sie sich anfangs immer ein wenig vor dem kühlen, etwas feuchten Griff seiner weichen Hände gefürchtet hatte, doch mittlerweile war es ihr egal. Er hatte ein gutes Herz, und er wollte ihr helfen. Und das allein war entscheidend. »Und vergebt mir die Störung Eurer wohlverdienten Nachtruhe.«
Giacomo schüttelte den Kopf und begleitete sie zur Tür.
»Soll mein Kutscher Euch heimfahren?«, fragte er, als er die Tür geöffnet hatte und Anne hinaustrat.
»Nein. Die Nacht ist ruhig, der Himmel ist klar und der Weg nicht weit. Ich weiß, dass es sich eigentlich nicht schickt, doch ein kurzer Spaziergang an der frischen Luft wird mir gut tun. Danach werde ich umso besser schlafen können. Gute Nacht!«
Sie wartete noch, bis sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, dann zog sie die Kapuze ihres Umhangs über den Kopf und ging nach Hause.
Cosimo saß auf dem bequemen Stuhl in seiner Bibliothek und dachte nach. Die kleine Uhr auf dem Kaminsims, eines der wenigen Exemplare, die es in Florenz gab, zeigte kurz nach zwei Uhr. Eine ungewöhnliche Stunde, um noch wach in der Bibliothek zu sitzen – zumindest für einen der anderen ehrbaren florentinischen Bürger.
Gedankenverloren drehte er den großen Kelch aus kostbarem geschliffenem Kristall in seiner Hand. Der Schein des Kaminfeuers ließ den dunkelroten Wein funkeln und überschüttete seine Hände mit einer Farbe, die ihn unwillkürlich an das Elixier der Ewigkeit erinnerte – und an Blut. War das etwa ein Fingerzeig des Schicksals?
»Du bist ihr den ganzen Weg gefolgt?«, fragte er Anselmo, der in dem Sessel neben ihm saß, ebenfalls einen Kelch in der Hand hielt und an seinem Wein nippte. Er war erst vor kurzem von seinem nächtlichen Streifzug zurückgekehrt.
»Ja, Herr.«
»Und du bist sicher, dass sie es war?«
»Ja, Herr.«
»Ganz sicher?«
»Ja, Herr.«
Die Antworten kamen ruhig und geduldig, obwohl Anselmo dieselben Fragen innerhalb der kurzen Zeit bereits mehrmals beantwortet hatte.
»Hast du denn ihr Gesicht gesehen?«
»Nein, Herr. Sie trug einen Mantel mit Kapuze. Außerdem ging sie nicht durch die breiten Straßen, sondern wählte den Weg über die Hinterhöfe, und die Gassen dort sind nur schlecht beleuchtet. Doch ich habe keinen Zweifel, dass sie es war. Ich kenne mittlerweile ihren Schritt, das Geräusch ihres Atems, den Geruch ihrer Kleider. Ich habe ihre Stimme gehört, als sie sich von Giacomo de Pazzi verabschiedet hat. Und ich bin ihr bis zum Haus Eures Vetters Giuliano gefolgt. Also …«
Cosimo schüttelte langsam den Kopf. »Ich verstehe nur nicht, was sie mitten in der Nacht im Haus der Pazzi gewollt hat. Sie liebt Giuliano. Sie ist keine dieser Frauen,
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