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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Ihr wollte nichts einfallen. Wenigstens nichts, womit sie sich nicht der Gefahr aussetzte, als Giftmischerin angeklagt zu werden. Und wie sollte sie überhaupt ein Abführmittel oder etwas Ähnliches beschaffen? Und wie sollte sie es unbemerkt unter Giulianos Essen rühren? Wenn man sie in der Küche sah, würde man misstrauisch werden, und bei Tisch war sie nie unbeobachtet. Natürlich konnte sie eines der Küchenmädchen bestechen – mit allen Risiken, die dazugehörten. Nein, wie sie es auch drehte und wendete, dies war kein guter Plan. Und ein besserer wollte ihr nicht einfallen. Also hoffte sie inständig, dass Giacomo ihr weiterhelfen würde. Doch die Stunden bis zu dem verabredeten Treffen schlichen dahin. So langsam, als würde jemand sie am Saum festhalten, kroch die Sonne an diesem Tag über den Himmel. Es machte den Eindruck, als wollte sie heute gar nicht untergehen. Und trotzdem wurden irgendwann die Schatten länger. Schließlich erklang das Geräusch von Hufen und Rädern auf der Straße und dann endlich das erlösende Klopfen an der Haustür.
    Matilda hatte noch nicht einmal die Hälfte der Stufen zu ihrem Zimmer erklommen, als Anne ihr bereits entgegenlief.
    »Ich komme schon!«, rief sie der alten Magd zu, die lediglich eine Augenbraue hob, um ihren Unmut über diese einer verlobten Dame unangemessene Begeisterung kundzutun. »Ich weiß nicht, wann ich wieder nach Hause komme«, sagte sie im Vorbeigehen. »Richte Giuliano aus, er soll nicht auf mich warten.«
    Dann stieg sie in die Kutsche und ließ sich auf der harten Bank zurücksinken. Endlich. Endlich war es so weit, endlich würde sie sich mit Giacomo de Pazzis Hilfe einen Plan zurechtlegen, um den Anschlag zu verhindern und Giulianos Leben zu retten.
    Doch als sie wenig später das Haus der Pazzi betrat, erwartete sie erst mal eine Enttäuschung. Statt, wie sie gedacht hatte, gleich zum Grund ihres Treffens zu kommen, winkte Giacomo ab.
    »Ich kann Eure Ungeduld verstehen, Signorina Anne«, sagte er und verbeugte sich vor ihr, »doch ich muss Euch um Euer Verständnis und Eure Vergebung bitten. Ich habe einen schlimmen Tag hinter mir, der eine schwere, schmerzliche Entscheidung von mir gefordert hat. Davon muss ich mich zuerst erholen, ehe ich mich Euch zur Verfügung stellen kann. Bitte lasst uns erst essen und über andere Dinge sprechen, bevor wir wieder über Giuliano reden.«
    Giacomo sah in der Tat furchtbar aus. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen und tiefe Sorgenfalten um den Mund. Und obwohl es ihr schwer fiel, war Anne einverstanden. Sie setzten sich an die bereits gedeckte Tafel, aßen, tranken, unterhielten sich über das Wetter und andere Belanglosigkeiten, bis endlich das Dessert verzehrt war und Giacomo sich erhob.
    »Nun lasst uns in die Bibliothek gehen, Signorina Anne«, sagte er, schob ihren Stuhl zurück, half ihr beim Aufstehen und bot ihr seinen Arm an. »Bei einem guten Tropfen werden wir eingehend über alles sprechen, was Euch am Herzen liegt.«
    Wenig später saß Anne in dem Lehnstuhl vor dem Kamin und nippte an dem Getränk, das Giacomo in seiner rücksichtsvollen Art eigens für sie zubereiten ließ. Es enthielt keinen Alkohol, sondern bestand aus dem eingekochten Saft von Trauben, Äpfeln und Beeren. Im Farbton unterschied es sich nicht von dem alten Rotwein, der in Giacomos Kelch funkelte, und es schmeckte einfach himmlisch. Zumindest normalerweise. Heute hatte es einen leicht bitteren Nachgeschmack.
    »Signor Giacomo, ich bin so verzweifelt«, sagte sie schließlich, als sie das Schweigen gar nicht mehr ertragen konnte. »Den ganzen Tag über habe ich mir den Kopf darüber zerbrochen, wie ich es anstellen soll, Giuliano am 26. April von Santa Maria del Fiore fern zu halten, doch mir ist nichts eingefallen. Meine ganze Hoffnung ruht jetzt auf Euch.«
    Gespannt sah sie ihn an. Er wirkte nachdenklich, fast abwesend, so als würde er immer noch mit der schweren Entscheidung ringen, von der er vor dem Essen gesprochen hatte. Ins Feuer starrend, führte er sein Glas an die Lippen und murmelte etwas, das wie »Nicht mein, sondern dein Wille geschehe« klang. Dann wandte er sich Anne zu und lächelte. Was auch immer ihn bis zu diesem Augenblick geplagt haben mochte, jetzt schien er seinen Frieden damit gemacht zu haben.
    »Euer Gedanke, ihm eine Arznei ins Essen zu rühren, ist vielleicht die effektivste Methode, Giuliano von der Messe fern zu halten«, sagte er. »Allerdings birgt sie die Gefahr, dass man Euch der

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