Verschwörung in Florenz
Befehlsempfänger Gottes, wenn man einmal von den Erzengeln absieht, die jedoch, wie dir sicherlich nicht entgangen ist, ausnahmslos männlichen Geschlechts sind. Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Jenes Wesen, dem ich soeben begegnet bin, nimmt gewiss keine Befehle entgegen. Anselmo, an dieser Frau ist etwas Göttliches.«
Anselmo grinste über das ganze Gesicht. »So habe ich richtig geraten, Herr. Soll ich Euch …«
»Wir werden den Abend nutzen, um uns ihr zu nähern, Anselmo«, sagte Cosimo und legte dem jungen Mann eine Hand auf die Schulter wie einem Vertrauten, einem Freund. »Dieses Unterfangen wird unser ganzes Geschick erfordern, denn sie ist in Begleitung meines Vetters Giuliano hier. Er muss sie mit berauschenden Beeren gefüttert haben, um ihre Sinne zu verwirren. Aber wir beide werden sie gemeinsam aus seinen Klauen zu befreien versuchen.«
Anselmo nickte. »Gewiss, Herr. Und ich hege keinen Zweifel daran, dass es uns auch gelingen wird.«
Mittlerweile trafen die Gäste ein. Mit jedem Herzschlag betraten neue Männer und Frauen den Festsaal. Die kostbaren, aus Venedig stammenden Gläser in den Händen haltend, sahen sie sich bewundernd um, lobten leise oder überschwänglich die Vielfalt der Speisen und die Großzügigkeit ihres Gastgebers Lorenzo de Medici und seines wunderbaren, entzückenden Eheweibs Clarice.
Über weitere Belanglosigkeiten plaudernd, streiften die Gäste durch den Saal, einer Herde Milchkühe auf der Suche nach dem besten Futterplatz gleich. Nur wenn sie Cosimo ansichtig wurden, stutzten sie, wurden zuweilen sogar bleich, wichen erschrocken zurück und machten einen weiten Bogen um ihn. Anselmo runzelte missbilligend die Stirn.
»Herr«, sagte er voller Empörung, »diese Narren meiden Euch, als wäre Euer Haus von der Pestilenz heimgesucht worden.«
»Kümmere dich nicht um sie, Anselmo«, entgegnete Cosimo und zuckte lächelnd mit den Schultern. »Sie wissen es nicht besser. Manche von ihnen fürchten die Geschichten, die man sich über mich erzählt. Andere fürchten das, was ich tatsächlich bin. Und freilich fürchten sie auch dich.«
»Mich?«
»Ja, Anselmo. Natürlich fürchten sie weder deine geschickten Hände – von denen sie gottlob nichts wissen und, sofern du klug bist, auch niemals erfahren werden – noch deine scharfe Zunge. Sie fürchten dich einfach, weil sie dich nicht kennen. Sie sehen dein hübsches Gesicht, deine makellose Gestalt, deine edle Kleidung. Sie sehen dich hier neben mir stehen, sehen uns vertraut miteinander reden und beginnen sich bereits zu ängstigen. Ich sehe ihnen an, wie es sie bewegt, wie ihre Gemüter sich erhitzen, wie die Windungen ihrer kleinen, mit den nichtigen Sorgen des Alltags voll gestopften Hirne sich abmühen bei der Suche nach Antworten auf ihre vielen Fragen. Wer ist der Jüngling dort neben Cosimo de Medici? Weshalb kennen wir ihn nicht? Ist er vielleicht der Spross einer angesehenen, einflussreichen Familie einer anderen Stadt? Ist er ein unbekanntes Glied der Familie Medici selbst? Oder ist er ein Freund? Ein Adoptivsohn? Vielleicht ein Geliebter? Oder gar ein Satyr in menschlicher Gestalt?« Cosimo lachte. »Dieselben hässlichen Schwestern, welche die Leute in die Arme der Ablasshändler drängen, vertreiben sie auch aus unserer Nähe: Neid, Dummheit, kindische Furcht und Aberglaube. Doch ist dies wahrlich kein Grund zu Wehmut oder gar Trauer, Anselmo. Glaube mir, auf diese Weise entgehen wir so manchem Gespräch, das uns andernfalls tödlich langweilen und den ganzen Abend verderben würde.«
Cosimo drückte aufmunternd Anselmos Arm und lächelte ihm zu, doch in Wahrheit war ihm gar nicht wohl zumute. Für gewöhnlich machte er sich nichts aus der Ablehnung seiner Mitmenschen. Es gab keinen Grund, übertriebenen Wert auf die Gesellschaft dieser Männer und Frauen zu legen. Da waren zum Beispiel die Bankiersleute mit ihren Frauen, ausnahmslos alte, dickbäuchige Männer mit schütterem Haar, krummen, schiefen Zähnen und schlaffen, von zu viel Wein und fetten Braten gezeichneten Gesichtern. Männer, denen eher Glück denn Klugheit zu ihrem Reichtum verholfen hatte. Da waren die Söhne jener Bankiers mit ihren Frauen, junge Gecken, denen Kleider und Bilder wichtiger waren als die Geschäfte der Väter, Burschen, die aus Mangel an Talent und Verstand zweifelsohne als Knechte oder gar bettelnd ihr Brot hätten verdienen müssen, wenn das Schicksal es nicht besser mit ihnen gemeint und ihren Vätern oder
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