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Verschwunden

Verschwunden

Titel: Verschwunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda McLean
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das andere etwa auch? Hast du mich neulich Nacht verfolgt und meinen Namen geflüstert? Hast du mich am Bahnsteig geschubst?“
Michael sah erschrocken auf. „Nein, Laney, das musst du mir glauben, damit habe ich nichts zu tun. Das würde ich dir niemals antun. Ich will dich doch nur zurückgewinnen und dir nicht wehtun.“
    „ Ich muss jetzt allein sein, Michael. Bitte, geh!“
Michael sah aus wie ein ausgesetztes Hündchen. Mit schlaffen Schultern ging er zur Zimmertür. Er öffnete den Mund, um noch etwas zu sagen, ließ es dann aber sein und folgte ihrem Wunsch. Eine Minute später war sie allein, setzte sich wieder aufs Bett und weinte.
    ***
    Am nächsten Morgen saßen beide schweigend am Frühstückstisch.
„Was ist denn los mit euch?“, fragte Beth.
„Ich habe wieder mal eine Dummheit gemacht“, murmelte Michael vor sich hin.
„Ach, ich bin mir sicher, was immer es war, Laney wird dir verzeihen.“
    Verzeihen. Konnte sie Michael das wirklich verzeihen?
Nachdem er am Abend zuvor ihr Zimmer verlassen hatte, hatte sie nachgedacht. Sie glaubte Michael, was die anderen Sachen anging. Sie war zu dem Schluss gekommen, dass er nicht derjenige gewesen sein konnte, der sie in der Nacht verfolgt hatte, aus zwei Gründen: Erstens war er zu der Zeit auf der Hochzeit seines Freundes gewesen und zweitens hatte ihr Verfolger sie „Lane“ gerufen.
    So weit sie sich zurückerinnern konnte, hatte Michael sie noch nie „Lane“ genannt, sondern immer nur „Laney“, was auch sein gesamter Freundes- und Familienkreis übernommen hatte. Und in der Nacht hatte er auch noch getrunken, da wäre er bestimmt nicht darauf gekommen, sie plötzlich anders zu nennen.
    ***
    Nach einem tränenreichen Abschied seitens Michaels Mutter machten sie sich auf, zurück nach New York City.
Während der Fahrt sprachen sie nicht viel. Dann schien Michael die Stille nicht mehr aushalten zu können. „Laney, ich möchte mich entschuldigen, aufrichtig. Es tut mir leid. Du hast so schon genügend Probleme, und ich mache so einen Scheiß. Ich werde dich von jetzt an in Ruhe lassen, wenn du das willst.“
    Lane sah ihn an, den Mann, den sie einmal geliebt hatte, den Mann, von dem sie gerade noch geglaubt hatte, ihn wieder lieben zu können.
„Ich will ja gar nicht, dass du mich in Ruhe lässt“, sagte sie. „Ich will nur, dass du aufhörst, so kranke Sachen zu machen. Du kannst mich jederzeit anrufen und ich werde mit dir sprechen. Aber ruf nie wieder an, ohne ein Wort zu sagen, Michael. Ich habe eh schon Angst ohne Ende, das macht es nur noch schlimmer.“
    „ Ich weiß. Ich werde nie wieder solche Dummheiten machen, versprochen.“ Er sah sie liebevoll an. „Ich bin froh, dass du mich weiter in deinem Leben haben willst.“
Sie konnte einen Verbündeten gut brauchen. Michael war wahrscheinlich der einzige Mensch auf der Welt, der ihr glaubte.
    ***
    Als sie eine halbe Stunde später vor ihrer Tür hielten, fragte Michael: „Soll ich noch mit hoch kommen?“ Er wollte auf keinen Fall zu aufdringlich sein.
„Nein, lass mal. Die Tasche ist ja nicht schwer. Ich ruf dich an, okay?“
    Sie schloss zuerst die Eingangstür auf und dann den Briefkasten. Vielleicht hatte ihr jemand eine Weihnachts- oder Neujahrskarte geschickt.
Als sie die kleine Tür noch nicht einmal herunter geklappt hatte, roch sie es schon. Ein ekelerregender Gestank.
Eine Sekunde später sah sie auch, woher er stammte.
    „ Aaaaah“, schrie sie, dass es im ganzen Treppenhaus hallte. Irgendwo weiter oben riss sofort jemand die Tür auf, eine der Rentnerinnen, die den ganzen Tag nur auf so etwas Aufregendes warteten.
„Was ist da unten los?“
„Alles gut, keine Sorge.“
„Wer ist da?“
„Ich bin`s, Lane Downey. Ich hatte mich nur erschrocken, es ist nichts passiert.“
Sie hörte, wie die Tür wieder zugemacht wurde.
    Langsam öffnete sie noch einmal die Briefkastenklappe, die sie gleich wieder zugeknallt hatte. Da lag er, der Grund für ihren grauenvollen Schrei: ein toter Vogel.
Eine Meise, der der Hals umgedreht worden war. Eine weitere Warnung, ohne jeden Zweifel.
    Sie hielt den Anblick nicht länger aus, schloss den Briefkasten wieder ab und stieg die Treppen hoch zu ihrem Apartment.
Wie konnte man so etwas tun? Ein unschuldiges Geschöpf töten! Aber Kyle Reed schien keine Skrupel und kein Gewissen zu haben.
    Oben angekommen, überlegte sie nicht lange. Und obwohl sie wahrscheinlich am besten gleich die Polizei informiert hätte, wählte sie ganz automatisch

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