Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)
Frau Szentpáli, geführt, der die beiden größeren Laczók-Töchter beistanden. Sie ermunterten jeden Gast eifrig, den feinen Getränken zuzusprechen, dem französischen Cognac oder den verschiedenen Benediktinern. Einen nur gab es, den alten Dániel Kendy, der des Ansporns nicht bedurfte. Er ließ sich vor der Bude nieder – aus Berechnung. Er besaß keinen Heller, geschweige denn, dass er sich zum dreifachen Preis ein Getränk hätte bestellen können. Doch wenn sich hier jemand einstellte, so würde er ihn doch gewiss zu einem Trunk einladen. Dem alten Onkel Dani ging es folglich schon seit langem nicht mehr so gut wie an diesem Tag, zumal als es László Gyerőffy hierher verschlug; er setzte sich zu ihm und bestellte doppelte Stamperl der Reihe nach.
Ihnen gegenüber verkaufte Frau Lázár Honig in hübschen kleinen Gläsern, das Produkt ihrer eigenen Imkerei. Dodó Gyalakuthy stand ihr zur Seite, sie hatte Frau Lázárs Laden mit Lebkuchen bereichert. Auch da gab es einen, der sich von den Frauen nicht wegrührte: einen großen, vierschrötigen, rothaarigen Mann voller Sommersprossen in seinem langen, knochigen Gesicht. Es war ein Fremder: Udo von der Maultasch. Niemand wusste, wie er aus Pommern den Weg hierher gefunden hatte, es sei denn, eine geheimnisvolle Witterung für das Geld hätte ihn hergeführt, dank der manch ein unvermögender deutscher Baron aus erstaunlicher Distanz verspürt, dass sich irgendwo ein reiches, heiratsfähiges Mädchen findet. Er weilte seit einigen Wochen hier. Auf Leben und Tod machte er auch jetzt Dodó den Hof. Dies aber nicht etwa so, dass er den halben Laden aufkaufte, wie das ein Ungar getan hätte, sondern indem er beim Verkauf mithalf: Er rollte die bezahlte Ware in Papier ein, pries die Artikel und bot sie den Leuten an, obwohl jene, die seine norddeutschen Sprüche verstanden, wohl dünn gesät waren; er nahm indessen an allem mit großer Begeisterung teil. Vielleicht lag ihm am Beweis, welch nützlicher Mann er war.
Adrienne Milóths Zelt stand weiter weg, nahe zum Podium, auf dem vorerst noch die alten Damen thronten. Begleiterin Adriennes war die junge Frau von Dr. Béla Körösi, dem hauptoppositionellen Professor, der, ein schon leicht bejahrter Mann, im Gemeinderat als einer der Anführer der Unabhängigkeitspartei auftrat. Ein niedlich klagender Zug haftete der hübschen braunen Frau an. Als sagten ihre großen, an braungoldene Käfer gemahnenden Augen fortwährend: »Oh, die vielen öffentlichen Angelegenheiten, die endlose Politik! Ihnen und seinem Lehrstuhl widmet mein Mann all seine Zeit, und ich? Um mich, ach, kümmert er sich so wenig!« Die beiden Frauen hatten ein Spielwarengeschäft eingerichtet und verkauften Puppen. Alle möglichen Sorten fanden sich, von den riesigen italienischen Puppen, die so groß waren wie ein halbjähriges Kind, bis zu den winzigsten, die man aus einem zusammengepressten Wollknäuel gefertigt hatte. Sie hingen um den Stand herum an den Latten der Vorderfront und auf beiden Seiten: allerlei Clowns und Wickelkinder, während die größten mit ihren Glasaugen vom Verkaufspult herüberstarrten.
Doch dies alles ließ sich im Gedränge der Käufer kaum besichtigen; die schöne Frau Körösi war eben sehr beliebt, und die jungen Herren, die zum Kreis um die Milóths gehörten, die Alvinczys, Pityu Kendy und Kadacsay, mochten zwar gelegentlich bei anderen Ständen herumstreifen, am Ende aber kehrten sie, wie von einem Magneten angezogen, doch stets hierher zurück. Onkel Ambrus seinerseits rührte sich erst gar nicht weg. Er hatte einen Stuhl hergebracht, ihn auf Adriennes Seite vor dem Laden abgestellt, und auf seine vorlaute Weise machte er nun »der feinen kleinen Frau« den Hof, er sprach zu ihr, Süßholz raspelnd, über die seidenen Haare und die Kopftücher der Puppen hinweg. Sein ganzes Benehmen sollte zeigen, dass er bei Adrienne mehr Rechte besaß als andere. Von Zeit zu Zeit spielte er eine Art Hausherr, indem er sich etwa in einen Handel einmischte. Den einen oder anderen jungen Herrn fuhr er an: »Und du sollst da keine Viechereien machen, mein Sohn, sondern heraus mit dem Zaster!« Oder: »Sei kein Ochs, Vetter, nimm dir ein Beispiel an mir, für diese schöne Frau würde ich mir selbst die Haut abziehen lassen!« Seine Stimme dröhnte, die Leute sollten ihn getrost hören. Darum auch hatte er die teuerste Puppe zum dreifachen Preis erworben. Er hielt sie im Schoß und drehte sie hin und her. »Schön, sehr schön ist
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