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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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rührenden Einzelheiten zu prüfen. Auf der entgegengesetzten Seite, vor dem breiten Schlund des Cheminées, trug Baron Gazsi eine schrecklich lächerliche Geschichte vor, die von ihm, einem Pferd und einer Wildsau handelte und bei der natürlich er den Kürzeren gezogen hatte. Denn Gazsi war das Gegenteil eines Angebers; über sich selbst erzählte er ausschließlich Begebenheiten, bei denen er, wie er behauptete, stets die Rolle des dümmlichen Opfers gespielt hatte. Dies passte gut zu seiner spechtartig langen Nase und seinen klagenden Augen, und seine naturgegebene schnarrende Aussprache verlieh den jammervoll lächerlichen Anekdoten erst noch einen eigenen Reiz. Drüben im Salon beim Cheminée lachte man viel.
    »Wie fröhlich die dort sind«, sagte Ádám trübsinnig zu der kleinen Margit, »wie gut sie sich amüsieren … Und Sie sind so lieb, statt sich zu vergnügen, wie dies die anderen tun, sitzen Sie da mit mir und hören meinen endlosen traurigen Reden zu. Sagen Sie, bitte, langweilen Sie die vielen Klagen nicht, die Sie von mir vernehmen?«
    »Oh, keineswegs! Ich lausche so gern«, antwortete die kleine Margit, »ich bin eher eine Art Krankenschwester. Es wäre mir eine Freude, wenn ich nützlich wäre, wenn Sie das, was Sie schmerzt und was leider keine Hoffnung zulässt, leichter ertragen könnten … Ich hörte Ihnen mit Vergnügen zu, und selbst wenn es mehrere Jahre dauern sollte …«
    »Wie gut, wie unendlich gut Sie sind, Margit … Sehen Sie! Für mich bedeutet es beinahe das Glück, mit Ihnen zusammen zu sein. Ach, wären Sie doch immer bei mir; Ihre seelische Zuneigung ist für mich ein wahrer Trost!«
    Ádám sagte dies ganz leise. Das war ihm möglich, denn sie saßen eng beisammen. Auf dem länglichen Kanapee hätte es genug Platz gegeben. Es war nicht unbedingt notwendig, so nah zusammenzurücken. Aber vielleicht taten sie es, um sich durch die Reden der gutgelaunten Gesellschaft nicht stören zu lassen. Und auch die Worte tönten inniger, wenn man sie einander ins Ohr flüsterte. Es fiel auch leichter, Seelenfragen auf diese Weise auseinanderzusetzen. Und auch das, was Margit nun antwortete, hätte sie laut niemals sagen können: »Ja, so wird es am besten sein. Sie heiraten mich, und ich bleibe für immer bei Ihnen. Ich werde Ihre Kameradin und Pflegerin sein, und wir werden uns über Adrienne stets so unterhalten können wie jetzt …«
    »Liebste!«, flüsterte der Mann eifrig. »Sie wären imstande, das auf sich zu nehmen, wo Sie doch wissen, dass mein Herz …«
    »Dieses Herz?«, sprach das Mädchen jäh, und ihre winzige Hand legte sich auf die Jacke des neben ihm Sitzenden, um eine gute Weile auch dort zu verweilen. »Dieses Herz ist gebrochen! Ich weiß das! Ebenso, dass Sie in mich nicht verliebt sind und es auch nie werden können …«
    »Nein«, sagte der junge Mann tieftraurig, aber beflissen. »Und doch fühle ich, dass ich, hätte ich Adrienne nicht gekannt, mich einzig in Sie verliebt hätte!«
    Auf solche Art wechselten sie viele unnütze, jedoch süße Worte, bis die Gesellschaft sich zum Aufbruch anschickte. Als alle schon dabei waren, Abschied zu nehmen, und ein Teil sich bereits ins Vorzimmer hinausbegeben hatte, hielt Margit Ádám zurück. »Bleiben Sie«, befahl sie ihm liebenswürdig streng. »Wir müssen es unverzüglich Addy mitteilen.«
    Für Alvinczy war dies der einzige unbequeme Augenblick. Nach so vielen wunderbaren Sätzen, mit denen er seit Jahren um die Frau psalmodiert hatte, ihr jetzt zu erklären, dass er ihre Schwester heiraten werde. Die kleine Margit brachte das aber mit prächtigem Feingefühl zustande. Mit ihrer kleinen Hand ergriff sie die riesige Pranke des jungen Mannes, führte ihn zur Schwester und sagte: »Siehst du, Addy, dieser arme Ádám ist schrecklich unglücklich. Darum haben wir beschlossen, dass er mich heiratet. So, nicht wahr, wird es am besten sein.«
    Und Adrienne lachte nicht, sie zürnte nicht und wunderte sich nicht einmal, sie blieb ernst und zeigte sich verständnisvoll, ja, sie streckte beide Arme aus, langte hinauf zu Ádáms Gesicht, zog sein Haupt hinab, und zum Zeichen des Segens küsste sie ihn auf die Stirn. Während all der langen Zeit, da er ihr den Hof gemacht hatte, war ihm so viel nie zuteilgeworden. Ádám errötete tief und dachte über irgendeinen schönen, gefühlvollen Satz nach, den er nun hinausschmettern müsste, doch ihm fiel nichts ein, und dies umso weniger, als die kleine Margit seine Hand mit

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