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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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einer Kraft drückte, die man einem so winzigen Mägdelein kaum zugetraut hätte. Und dieser kräftige Griff ließ sich denn auch als ein Symbol betrachten, aber davon hatte Ádám natürlich keine Ahnung.
    Die Nachricht von der Verlobung beschäftigte tags darauf die ganze Stadt. Der alte Ákos Milóth, der gute Zakata, wurde durch ein Telegramm herbeigerufen. Er war in der Rolle des Brautvaters unendlich glücklich. Nach Möglichkeit umarmte er jedermann, sogar ziemlich fremde Menschen, und alle fünf Minuten brüllte er in rührseligem Ton: »Oh, Judith, meine arme Frau, dass du diese Freude nicht hast erleben können!« Und dabei benetzte er seinen Schnurrbart reichlich mit Tränen, um dann gleich aus vollem Hals zu lachen.
    Rauschend besuchte er der Reihe nach alle seine Bekannten, bei denen er, ob im Salon alter Damen oder im Casino, den gleichen Auftritt Tag für Tag wiederholen durfte. Auch auf der Straße hielt er die verschiedensten Leute an und setzte ihnen seine mit Glück vermischte Trauer lang auseinander.

Vierter Teil

I.

    Bálint hielt vor seinem Zelt mit dem Forstingenieur Géza Winkler sowie András Mézes Zutor einen großen Kriegsrat ab. Abády saß auf seinem Jägerstuhl, Winkler auf einem Baumstamm und Mézes auf der Erde.
    Vor ihnen zog sich die leicht abschüssige Heuwiese des Priszlop gegen Fehérvíz hin, unterbrochen von einzelnen Baumgruppen, als handle es sich um einen höchst kunstvoll angelegten Park. Rechter Hand beschrieben die abwechselnd von Buchen und von Föhren bedeckten Steilhänge des Muncsel Mare ihre Wellenlinien, während hinter ihnen und links ein einzig von Tannen gebildeter, geschlossener Hochwald stand. Dunkel verschloss die Wand des Humpleu die Aussicht, denn die Nachmittagssonne erreichte sie nicht, der Berg lag im Schatten. Nur der Vurtóp äugte dahinter hervor, ein kraterartiger Felsengipfel; sein weißer Kalkstein leuchtete durch das filigrane Laubwerk der Bäume auf dem davor liegenden Grat.
    Bálint liebte diese Aussicht sehr. Seitdem er begonnen hatte, das Hochgebirge zu durchstreifen, pflegte er das Hauptquartier hier zu errichten; in einem Winkel am Rand der Wiese ließ er eine ständige Scheune für die Pferde bauen sowie ein Holzhaus für die Männer; all dies nahe zur Quelle, während er sein Zelt etwa fünfzig Meter weiter entfernt aufschlug, da er allein sein wollte, allein vor der Wildnis. In der Tat, der breite, geschlossene Talkessel war ein wunderbarer Ort; ein Bach, vom Lagerplatz unsichtbar, floss von da zum Szamos hinunter. Trotz der Düsterheit der Tannen und der hier und dort aufragenden Felsblöcke war die Landschaft von friedlicher, heiterer Ruhe erfüllt. Und von Stille, wie sie nur im Wald herrschen kann.
    Es war Ende Juli. Das Laub, die Gräser und die Büsche sind um diese Zeit im Hochgebirge am üppigsten. Die drei hörten sich den Bericht Ioan Omoluis an, der in gebührendem Abstand vor ihnen stand. Er war ein breiter, stämmiger Mann, dieser Bergler. Seine riesige Adlernase trug er hoch, denn man hatte in ihm nicht etwa einen Häusler zu sehen, sondern einen vermögenden Landwirt, der seinen eigenen Hof besaß und im Gebirgsgut eher nur anstandshalber diente. Das sah man ihm auch an. Er trug einen so großen, mit kleinen Kupfernägeln beschlagenen Leibgurt wie sonst wohl keiner im Hochgebirge; sein Leinenhemd und seine breite Hose waren neu und sauber, und das Material seiner gewaltigen Schaffellmütze hätte womöglich für eine kleinere Jacke gereicht. Die Mütze allerdings hatte er jetzt aus Anstand neben sich auf den Boden gestellt und stand barhaupt da; sein bis zum Kinn reichendes, rund geschnittenes und reichlich eingefettetes Haar regte sich kaum im Wind. Er hatte die Aufsicht über das Waldrevier von Intreapa im vergangenen Jahr übernommen, wo der Schutz des Kahlschlags einen angesehenen Forstmann verlangte.
    Er setzte die Angelegenheit dieser zwei Schlagflächen auseinander. Das forstwirtschaftliche Unternehmen hatte das zweihundert Joch umfassende Revier wieder zur Verfügung gestellt, nachdem das dort produzierte Holz bis zum letzten Frühling abtransportiert worden war. Im Mai forstete man mit großen Kosten und unter viel Arbeit wieder auf. Als aber Mitte Juni das Gras wuchs, trieben die Dorfleute ihr Vieh darüber. Er, Ioan, könne das nicht verhindern, weil das Tal, in dem sich der Kahlschlag befinde, ins Gemeindegebiet münde; darüber hinaus aber hätten die Bauern, als er auf das Gesetz pochte, mit der Axt über ihn

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