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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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schlechtem Ruf, es dort fertiggebracht hat, das Vermögen des Jungen herauszuscharren. Ich denke, dass er sich irgendwie einen Informator verschafft hat, dessen Wort beim Präsidenten, dem alten Bartókfáy, ins Gewicht fiel. Bartókfáy ist ein anständiger, aber leichtgläubiger Mann, und am liebsten hat er schon immer alles in freundschaftlicher Kumpanei erledigt, so nach ›bester Herr Onkel, lieber Vetter‹.«
    »Du meinst also, wir können nichts tun?«
    »Nichts. Nicht einmal der alte Bartókfáy lässt sich befragen, denn er hat in diesem Frühjahr einen leichten Schlaganfall erlitten.«
    Die Auskunft verstimmte Bálint sehr. Er bewahrte das Vernommene in Erinnerung, und dies umso mehr, als er Dániel Kovács, den Notar, überaus schätzte. Es war auf die Wirkung dieser Geschichte zurückzuführen, dass er sich Ende November in der Herbstversammlung des Komitats Maros-Torda zu Wort meldete.

    Eines der Themen war Bartókfáys Rücktritt, seine Verabschiedung, und daran schloss sich der nächste Gegenstand an, die Wahl des Nachfolgers. Der abtretende Präsident des Waisenamts hatte sich hoher Popularität erfreut, besonders in den Bezirken, die innerhalb des Komitats im Unterland lagen. Hier waren die 48-er von jeher im Übergewicht, im Gegensatz zu den Bezirken im Oberland, wo als Führer Miklós Absolon an der Spitze der kämpferischen 67-er stand.
    Letztere wurden nun von Benő Péter Balog angeführt, dem einst von den Koalitionsleuten verjagten Obernotar, denn Absolon selber war nicht erschienen. Allerdings hatte er zahlreiche Parteigänger hergeschickt, damit die Gegenseite sah, dass man mit ihnen rechnen musste, selbst wenn das Komitat unter dem Regime der Koalition von den Unabhängigen beherrscht wurde. Der abtretende Präsident, ein »Zeuge großer Zeiten«, ebenso wie sein Bruder, ein Abgeordneter, wurde von den Rednern abwechselnd gerühmt, und man reichte einen Vorschlag ein zur Verewigung seiner unvergänglichen Verdienste. Der Text berührte freilich kaum seine Amtstätigkeit, sondern war, der Rede eines Wahlhelfers auf einer Volksversammlung ähnlich, aus großspurigen Klischees zusammengesetzt.
    Abády saß stumm in einer der Bänke auf der Seite und ärgerte sich. Je mehr Redner sich erhoben, je größere Sprüche sie über die zahllosen Verdienste des abtretenden Mannes machten, umso schärfer meldete sich bei ihm die Erinnerung an die Affäre Olajos. Und er geriet umso mehr in Wut, als er seit seinem Besuch in Lélbánya auch von anderen Fällen vernommen hatte, die, wenn auch in kleinerem Ausmaß, doch ebenso von Nachlässigkeit zeugten. Es ist doch unglaublich, dachte er, mit welchem Lob man hier einen Amtsvorsteher überhäuft, der seine Pflicht so mangelhaft erfüllt hat. Ein Disziplinarverfahren würde er verdienen, nicht solche Lobeshymnen. Auch was an Versäumnis passiert ist, muss zur Sprache kommen. Es braucht einen Hinweis, der für die Zukunft erhalten bleibt. Daher beschloss er, sich zwar nicht jetzt, während der Verabschiedung, aber nachher, wenn es um die Besetzung des vakant gewordenen Präsidentenamtes gehen würde, zu Wort zu melden. Er nahm sich vor, im Allgemeinen darzulegen, dass bei der Geschäftsführung des Waisenamtes zahlreiche Mängel aufgetreten waren. Die Sache der Waisenkinder erfordere schließlich volle Aufmerksamkeit. Nach den lauten Hochrufen und nachdem Ördüng, der Obergespan, einige Worte der Würdigung hinzugefügt hatte, wurde die Verabschiedung durch einen einstimmig gebilligten Beschluss zu Ende geführt.
    Dann rief der Obergespan die Versammlung dazu auf, die Besetzung des Präsidentenamtes vorzunehmen. Abády bat um das Wort. Er suchte sehr gemäßigt zu sprechen. Über den Abgang des schlaggelähmten Amtsinhabers erklärte er, dass er weder seine Ehrlichkeit noch seine Aufrichtigkeit auch nur im Geringsten in Zweifel ziehen wolle. Fest aber stehe, dass die Geschäftsführung des Waisenamtes zumindest in letzter Zeit in nicht nur einem Fall zu Beanstandung Anlass gegeben habe. Ein Murmeln, Zeichen der Bestürzung, durchlief den Saal. Bartókfáys jüngerer Bruder, der Abgeordnete, von den Lobreden äußerst gerührt, hatte noch Tränen in den Augen, doch nun donnerte er schon mächtig los.
    »Dergleichen darf man nicht einmal denken!«
    Dies schien für die anderen ein Zeichen zu sein. Manche sprangen auf, und allerlei Rufe ertönten von dieser und jener Seite.
    »Woher wissen Sie das?« … »Wie können Sie so etwas behaupten?« … »Beweise

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