Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
Vom Netzwerk:
hatte die Hochzeit der kleinen Margit stattgefunden. Natürlich wurde ein pompöses Fest veranstaltet, man trug altungarische Tracht, eine riesige Gästeschar nahm teil, und auch er war geladen. Addy wünschte aber, dass er fernblieb. Zu viele Leute wären da gewesen, die sie beide nicht aus den Augen gelassen hätten. Und jetzt, da sie nach der Hochzeit der Schwester die eigene Scheidung vorbereiten wollte, hielt sie es für ratsam, zu keiner Nachrede Anlass zu geben. Adrienne, der die Rolle der Brautmutter zugefallen war, hatte ohnehin beschlossen, für einige Tage aus der Villa Uzdy in das Haus Laczók hinüberzuziehen und Margitkas Fest von dort aus zu leiten, sodass sie sich auch nachts nicht hätten treffen können. Zu Weihnachten aber wollte sie bei ihrem Vater sein, und auch die Jungvermählten würden aus Magyartóhát hinreisen; das wäre dann ein Familienkreis, und BA würde auch da schlecht hinpassen.

    Als sich Bálint nach seiner Heimkehr in Dénestornya an den Schreibtisch setzte, um seine in der Zwischenzeit eingetroffene Post zu öffnen, fand er ungewöhnlich viele Briefe vor. Die meisten stammten von ihm unbekannten Menschen in Csík, Gyergyó und Maros-Torda. In manchem Brief nannte ihn der Absender einen Verfechter der Gerechtigkeit und sandte kurz nur Grüße. Andere enthielten Anklagen und verwickelte Darlegungen, und die Unterschreiber baten in der Sache um seine Hilfe. Allen war gemeinsam, dass sie etwas über Zsigmond Boros mitteilten, einen Missbrauch, einen erlittenen Schaden. Ein Umschlag enthielt zwei Artikel einer kleinen Provinzzeitung, zwei anonyme Ausfälle gegen Boros, die jemand mit Rotstift markiert hatte. Die Artikel behandelten eine forstwirtschaftliche Angelegenheit, einen Prozess, in dem Boros angeblich auf Kosten seines Klienten einen Vergleich geschlossen hatte. Bálint warf die Ausschnitte angewidert weg.
    Offensichtlich hatte seine Rede auf der Komitatsversammlung diese Flut von Klagen ausgelöst, die sich nun über ihn ergoss. Die Leute sahen in ihm den Erlöser, der sich bereit zeigte, dem mächtigen und einflussreichen Anwalt Einhalt zu gebieten. Keiner vermutete, dass sich Abády nur zufällig einer Angelegenheit angenommen hatte, in der als Schuldiger Zsigmond Boros steckte, und dass er dies niemals entdeckt hätte ohne Boros’ Versuch, sich vor der Öffentlichkeit reinzuwaschen. Es gab indessen einen Brief mit ernsthafterem Inhalt. Tamás Laczók hatte ihn geschrieben, der Bruder von Jenő Laczók, der jetzt beim Bau einer Eisenbahnlinie im Széklerland als Ingeneur beschäftigt war. In seinem Schreiben wimmelte es von französischen Sätzen. Denn Herr Tamás hatte sich erst nach vielen leichtsinnig zugebrachten Jahren einer seriösen Tätigkeit zugewandt, in Paris ein Diplom erworben und dann in französischen Kolonien gearbeitet.
    »Très cher ami«, so lautete die Anrede. Er gratulierte Bálint zu seinem Auftritt. Nach einigen scherzhaften Wendungen ging er zur Aufzählung von Daten über. Er schrieb über die gleiche Forstgeschichte, auf welche die Zeitungsartikel angespielt hatten. »Ein Tannenwald in Gyergyó, der sich in gemeinschaftlichem Besitz befand, wurde«, so schrieb er, »von der »Laczók Holzindustrie AG gekauft, von jenem Unternehmen, das mein werter Bruder« – er drückte sich so aus – »und Soma Weissfeld, der Bankdirektor, zur Bewirtschaftung des Laczók-Hochgebirgsguts gegründet hatten.« Diese Firma werde von den beiden bauernschlau dazu gebraucht, ihm, der als Eigentümer am Wald mit einem Drittel beteiligt sei, kaum je etwas zu bezahlen, während sie selber dank ihren Direktorenlöhnen prächtig lebten. »Nun hat die Aktiengesellschaft den Holzbestand in einem benachbarten Forst erworben, der einer Eigentümergemeinschaft gehört. Die Firma verlegte die Linie ihrer Industrieeisenbahn, um zu diesem Gebiet einen Zugang zu schaffen. Ein Funke aus dem Schornstein einer Lokomotive setzte den Tannenwald in Brand, und bei der großen Dürre brannten etwa dreitausend Joch im Wert von mehreren Millionen nieder. Die Gemeinschaft strengte gegen das Unternehmen einen Prozess um Schadenersatz und um die Kosten der Wiederaufforstung an. Mit dessen Führung betraute sie Zsigmond Boros. Dieser aber benutzte die ihm erteilte Vollmacht im vergangenen Sommer dazu, sich mit der beklagten Firma zu einigen, und zwar für die Eigentümergemeinschaft sehr nachteilig. Die Besitzer nahmen das zur Kenntnis, obwohl bei ihrer Generalversammlung wegen der

Weitere Kostenlose Bücher