Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)
Sie hatten natürlich nicht die leiseste Ahnung, dass Boros mit diesem Duell etwas ganz anderes zu erlangen suchte als die bloße Satisfaktion.
Am folgenden Vormittag kamen sie wieder zusammen. Boros, hieß es nun, beharre auf seinem ursprünglichen Standpunkt. Er wünsche Folgendes: Abády möge erklären, dass er ihm nicht absichtlich aus dem Weg gegangen sei, dass er ihn hochschätze und dass er, sofern er Boros auch nur ungewollt Grund gegeben habe, sich beleidigt zu fühlen, dies zutiefst bedaure.
Nachdem sie dies aufgezählt hatten, lachte der alte Absolon höhnisch auf. Die Beauftragten blickten gekränkt auf ihn. Einer der beiden fragte mit drohendem Unterton: »Warum geruhen Sie hierüber zu lachen?«
»Das wird sich vielleicht noch weisen!«, erwiderte der alte Mann böse, um dann hart fortzufahren: »Ich halte dafür, dass unser gestriger Vorschlag das Maximum dessen ist, was wir zugestehen können: eine Erklärung, dass unser Freund Abády niemanden beleidigen wollte. Weiter gehen wir nicht.«
»Das können wir nicht akzeptieren.«
Absolons weiße Zähne glänzten zwischen seinen leicht hochgezogenen Lippen. Mit einem fürchterlichen Lächeln musterte er die zwei auf der anderen Seite am Tisch.
»Ich aber empfehle Ihnen, es zu akzeptieren«, sagte er äußerst langsam. »Ich empfehle es sehr. Herr Boros soll froh sein, so billig davonzukommen.«
Die Sekundanten stutzten: »Wie meinen Sie das?«
Absolon lehnte sich mit dem breiten Oberkörper im Stuhl zurück. Wieder lachte er. Seine Stimme klang unheilverkündend. »Ich meine es auf folgende Weise: Wir haben Ihnen diese Lösung einzig auf Bitten unseres Auftraggebers und wegen seiner ziemlich grundlosen Gutmütigkeit angeboten. Und dies nun sage ich nicht als Sekundant, sondern in meinem eigenen Namen: Herr Boros ist ein gemeiner Dieb! Das ist meine Botschaft an ihn, richten Sie sie aus!«
Die beiden Sekundanten schossen hoch. Auf der Stelle forderten sie Absolon zum Duell.
»Ich stehe zur Verfügung!«, antwortete der Greis und zündete sich eine neue Zigarre an.
Der Ehrenhandel Abády kontra Boros wurde nun Nebensache. Beide Parteien verfassten einseitige Protokolle; karg kommentiert erschienen sie in der Presse. Kein Mensch scherte sich darum.
Absolons Angelegenheit hingegen wirbelte umso mehr Staub auf. Die Aufregung im Korridor des Parlaments kannte keine Grenzen. Da bekannt war, dass der alte Herr im Komitat Maros-Torda als Anführer von Tiszas Partei wirkte, erhielt der Fall unverzüglich eine politische Färbung. Seitdem sich Zsigmond Boros Kossuth angeschlossen und gegen die Anhänger einer unabhängigen Nationalbank Stellung genommen hatte, war seine Popularität stark zurückgegangen. Jetzt aber ergriff selbst Jusths Gruppe einhellig seine Partei. Als er im Abgeordnetenhaus erschien, wurde er mit Hochrufen empfangen. Viele kamen bei ihm vorbei, um ihm die Hand zu schütteln. Nie hatte er sich solcher Beliebtheit erfreut wie jetzt. Die Blätter der Unabhängigen erwähnten ihn wiederholt und beschrieben ihn als einen mächtigen Kämpfer der Nation, der mit den teuflischen Kräften der Finsternis ringe. Worin die Beleidigung bestand, darüber sagten sie natürlich nichts, sie konnten es auch nicht wissen. Bekannt war nur so viel, dass man ihn schwer insultiert hatte. Tag für Tag erschien eine halbe Spalte, in der er gewürdigt und über den Stand der Dinge bei der Vorbereitung des Duells berichtet wurde.
Tag für Tag, denn Absolons Sekundanten hatten um ein Ehrengericht gebeten, und es bedurfte langwieriger Beratungen, bis man sich nur schon darauf einigte, wer dessen Vorsitz übernehmen sollte. Vor dieser Instanz wiederholte hernach der alte Asienforscher, was er früher gesagt hatte. Das Gericht verpflichtete ihn, Beweise vorzulegen. Absolons Sekundanten, Alvinczy senior und der in aller Eile in die Hauptstadt bestellte Major Bogácsy, baten um eine achttägige Frist, die erlauben würde, die Unterlagen zu besorgen und aus Siebenbürgen herbeizuschaffen.
Die solcherart eingetretene Wendung belastete Bálint schwer. Dies umso mehr, als Alvinczy ihm erzählt hatte, Miklós Absolon zürne wegen der Vorgehensweise des Gerichts und werde in seiner Wut wohl noch erklären, er besitze überhaupt keine Unterlagen.
Bálint fragte sich: Was tun? Sollte er um die Eislerschen Akten bitten, die, wie Frankel gesagt hatte, weiterhin zur Verfügung standen? In das Wespennest stechen, das aus seiner Duellgeschichte entstanden war? Wäre es
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