Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)
Begründung aber geheim zu halten pflegten, beruhigte ihn einigermaßen; sein Vorgehen würde keine politischen Folgen zeitigen.
Dinóra schwamm im Glück. Ihr Freund hatte mitgeteilt, dass er nicht mehr zuzuwarten gedenke, bis jedes seiner Möbelstücke aus Siebenbürgen eintreffe, sondern in die neue Wohnung – in ihrer Nähe, im oberen Stockwerk – gleich umziehen werde.
»Großartig!«, rief die hübsche, kleine Frau. »Ist also die aufgegebene Habe endlich da?«
»Nein, aber ich habe das Warten satt. Ich habe hier einige bessere Sachen gekauft. Die Umzugsleute sind bereits bestellt.«
»Ich werde helfen! Einverstanden? Oder glaubst du mir nicht? Du wirst sehen, wie schön ich alles einrichte, ach, wunderbar wird es sein!«
Zsigmond Boros’ Miene verdüsterte sich ein wenig. »Jetzt noch nicht. Das ist eine schwere Arbeit, und ich gestehe, dass ich für diese Wohnung meine eigenen Vorstellungen habe. Ich will es selber tun, will alles selber machen. Und allein.«
»Wie pedantisch du bist!«, lachte Dinóra. »Das habe ich bisher an dir gar nicht bemerkt!«
»Erst wenn alles vollendet ist … erst dann darfst du heraufkommen, um der Wohnung den letzten Schliff zu geben …«
Er umarmte die Frau und küsste sie lang am Hals. Das war an dem Tag geschehen, als das Ehrengericht die Frist zugestanden hatte.
Der Lift dröhnte schon am nächsten Tag pausenlos. Unter der Kabine für Personen hatte man eine Tragfläche zur Beförderung von Lasten befestigt. Darin wurde der größte Teil der Möbel hochgezogen. Einzig jene Stücke, die darin keinen Platz fanden, schleppte man zu Fuß. Eine Gruppe von Transportarbeitern war unten, eine andere oben beschäftigt. Den ganzen Tag klopfte und polterte man in der Wohnung. Als Erstes kamen die größeren Stücke an.
Boros hielt sich vom Morgen bis zum Abend dort auf. Er achtete darauf, dass das Bett genau hingestellt werde – ja, hierher! –, ebenso der Schubladenschrank – dorthin! –, auch der Schreibtisch, man müsse da gutes Licht haben, die Büchergestelle gehörten genau dahin – nein, nicht so! noch eine Spanne weiter, und den Diwan so quer gestellt, ja, so passt’s! –, und persönlich kontrollierte er den hinbestellten Schreiner, dem die Aufgabe zufiel, kleine Schäden, die der Umzug verursacht hatte, gleich auszubessern.
Kam mit dem Lift ein schwerer Gegenstand an, so langte er selber zu und half den Arbeitern, ihn herauszuziehen. Wie ein Tagelöhner, so arbeitete er.
Am zweiten Tag brachte man die Teppiche. Dann kamen die zwei goldgerahmten Spiegel, die er kürzlich gekauft hatte. Überaus aufmerksam ließ er sie an die Wand hängen, ebenso wie andere, kleinere Gegenstände: Lampen, Blumengefäße und Ähnliches. Nun blieben nur noch seine Kisten übrig, etwa zehn an der Zahl. Sie enthielten Kleider und Wäsche, in drei steckten Schriften.
Um sie zu bewegen, brauchte man nicht mehr so viele Leute. Gewiss, die mit Schriften gefüllten Kisten wogen schwer, doch um sie aus dem Lift herauszuziehen, dazu würde er oben mit dem Hausknecht genügen. Er zahlte den Großteil der Arbeiter aus, nur zwei hielt er zurück. Sie bekamen von ihm den Auftrag, hinunterzugehen und die Kisten im Erdgeschoss in den Lift zu schieben. Erst wenn alle Kisten oben seien, sollten sie heraufkommen, erst dann!
Es dämmerte bereits. Die Lichter in den Stockwerken gingen an. Im Treppenhaus, das sich brunnenartig in die Tiefe zog, blieb es freilich ziemlich dunkel. Wer hinunterblickte, wurde von Schwindel erfasst. Boros aber blickte hinab.
Geländer reihten sich untereinander. Sechsmal, in immer engerem Abstand, wiederholte sich das Bild. Das unterste nahm man von oben kaum mehr wahr.
Die erste Sendung kam an: die Kisten mit den Schriften, so wie er befohlen hatte. Der Aufzug hielt. Die Personenkabine berührte beinahe die Decke. Der Boden des Lastträgers vor ihnen schloss sich genau an die Ebene des Stockwerks an.
Zu zweit machten sie sich an die Arbeit. Die erste, die kleinste Kiste zuerst, dann zogen sie die zweite und schließlich die dritte, die größte, heraus, diese allerdings nicht ganz, sondern nur so weit, dass der Lift zur Fahrt hinunter freie Bahn haben würde. Der geöffneten schmiedeeisernen Tür stand aber die Kiste im Weg. Der Hausknecht machte Anstalten, die Kiste weiter herauszuzerren.
»Überlassen Sie das mir«, sagte Boros, »tragen Sie eher diese kleine Kiste gleich ins hintere Zimmer, ins hinterste. Sie schaffen es, nicht wahr? Mehr als fünfzig
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