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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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zu Lászlós Heimkehr war alles zugesperrt. Er kehrte nach seinen großen Verlusten beim Kartenspiel zurück – gebrandmarkt, wie er meinte.

    »Überprüfen Sie bitte die Kerzen. Ich glaube, sie zünden nicht richtig. Vielleicht auch den Vergaser …«, sagte Dodó zu ihrem Chauffeur. Sie hatte diesen Vorwand erfunden, um eine Weile dazubleiben. Der Mechaniker wunderte sich ein wenig, aber Dodó kümmerte sich nicht darum, und sie trat durch den offenen Haupteingang. Nun stand sie in einer eleganten Vorhalle, in der rechts und links Treppen nach oben führten. Louis-XVI.-Stuck schmückte die abgerundeten Ecken. Ihr gegenüber befand sich ein riesiges Portal, durch das man wohl in den Salon gelangte. Sie wusste nicht, was tun, bis von irgendwoher ein träger, älterer Mann herbeitappte. Es war der Verwalter, das Faktotum, Lászlós einziger Bediensteter.
    »Wo, bitte, ist Graf Gyerőffy?«, fragte das Mädchen.
    »Oben in seinem Zimmer ist er, bitte sehr. Hier muss man hinaufgehen, da!« Und der alte Diener zeigte auf die Stufen, zu denen sich der Zugang seitwärts in der Halle öffnete. Dodó zögerte einen Augenblick, ob sie hinaufgehen oder ihn rufen lassen sollte. Der Verwalter aber hatte sie bereits verlassen und war verschwunden, sodass Dodó nun ins Stockwerk hinaufstieg. Das Geländer fehlte auf der Treppe, die Teile des verzierten, schmiedeeisernen Gitterwerks lagen unter der Kehre; auch sie hatte man nicht mehr montiert. Oben zog sich ein ziemlich langer Korridor hin. Dodó hätte nicht mehr gewusst, wohin sich wenden, wäre sie nicht auf ein Paar müder Stiefel aufmerksam geworden, die auf der entgegengesetzten Seite vor einer Tür standen. Rasch entschlossen klopfte sie und trat ein.
    Hier fand sie László tatsächlich. Er saß in einem Lehnstuhl vor dem offenen Fenster, trug Hosen und ein Hemd aus weichem Stoff und war dabei, sich die Nägel zu feilen. Als er das Mädchen erblickte, sprang er auf: »Sie? Sie hier? Was ist geschehen?«
    »Oh, nichts«, erwiderte Dodó, »ich bin bloß hier vorbeigefahren, ich war auf dem Weg zu den Kamuthys, sie wohnen da in der Nähe von Dés, aber mein Wagen hat irgendeine kleine Panne, ich dachte, ich will Sie besuchen, während man ihn in Ordnung bringt.« Sie errötete leicht wegen ihrer Lüge, fuhr aber leichthin fort: »Ist es schlimm, dass ich Sie so überfallen habe?« Und sie lachte, um die eigene Verlegenheit zu überspielen.
    »Keineswegs! Sehr lieb von Ihnen! Aber die Unordnung da ist schrecklich, wirklich eine Schande!«, antwortete László, blickte verzweifelt um sich, und dann, als er seine mangelhafte Bekleidung bemerkte, fuhr er eilig in eine Jacke, die in Griffnähe lag.
    In der Wohnung herrschte tatsächlich eine heillose Unordnung. Lászlós Bett in der inneren Ecke war nicht gemacht, es zeigte aufs Geratewohl zurückgeworfene Daunendecken und nicht gerade saubere, zerknitterte Kissen. Eine leere Schnapsflasche und ein schmutziges Glas standen auf einem Tischchen daneben. Zahllose Zigarettenstummel lagen auf dem mancherorts versengten Parkett verstreut. Auf einer Kommode zwischen den Fenstern fanden sich in ineinandergestellten Tellern die im erkalteten Fett steckenden Reste des Nachtessens vom Vortag.
    »Ach, mein Gott, ich glaube, bei unverheirateten Männern ist das nun einmal immer so!«, lachte Dodó nachsichtig, und sie ließ ihren Blick durch das Zimmer gleiten. Es war ein geräumiges Zimmer mit drei Fenstern; Lászlós Eltern hatten es einst, in Erwartung, dass der untere Wohntrakt fertiggestellt werden sollte, als Salon gebraucht. Möbliert war der Raum mit eleganten antiken Stücken. László allerdings hatte jetzt bei seinem Einzug die alte Harmonie zerstört. Der von Budapest hertransportierte Flügel drückte den bronzebeschlagenen Schreibtisch des Vaters an die Wand und versperrte den Weg. Das Empire-Kanapee hatte man quer ins Zimmer gestellt, um dem Bett Platz zu machen. Die verglaste Vitrine mit den vielen winzigen Porzellannippsachen war in die Ecke beim Fenster geschoben worden, sie hatte einem weiß gestrichenen Kleiderschrank weichen müssen. Einzig die Familienbilder an der Wand waren auf ihrem alten Platz geblieben. Aber auch die nicht alle, dachte Dodó, denn eines fehlte in einem weiten, hellen Viereck in der Mitte. Erhalten geblieben hoch oben war einzig der dicke Metallhaken, auf den man das Bild einst wohl gehängt hatte. Spinngewebe schienen nun das langgezogene Rechteck des Rahmens anzuzeigen; früher zwischen dem

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