Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)
und Iduka begaben sich zum See, um vom Hochsitz die Enten zu beobachten. Adrienne, zusammen mit Abády, und hinter ihnen Margitka und Ádám ergingen sich im Garten.
Der Garten war seit Frau Milóths Tod immer mehr verwildert, die Äste des Flieders strebten auseinander, Sträucher wuchsen auf den kleinen Rasenflächen. Alvinczy fand sich auf den verwinkelten Wegen schon nach einigen Minuten mit Margitka allein. Das bedeutete für ihn eine Enttäuschung. Da stand er schon wieder bei diesem jungen Mädchen! Er, der wegen Adrienne hergereist war und ihr bei diesem heutigen Spaziergang das schon hundertmal Gesagte gern wieder gesagt, sein Liebesgeständnis in vielen hoffnungslosen, aber schönen Sätzen so gern wiederholt hätte. Er blickte Margitka traurig an. »Sehen Sie!«, rief er aus. »Jetzt geht sie mir schon aus dem Weg! Sie hört mich gar nicht an. Niemand in der Welt ist unglücklicher als ich! Wenn ich wenigstens klagen und ihr vortragen könnte, was ich empfinde!«
Die kleine Margit hakte sich bei dem jungen Mann ein. »Kommen Sie, erzählen Sie es mir, Sie wissen ja, welch gute Freundin ich für Sie bin. Ich höre Ihnen gern, sehr gern zu.« Und sie führte ihn weit vom Park weg zu der Holzbank, die auf einer kahlen Erhöhung über dem Dorf und dem verlassenen Friedhof stand und wo sich eine schöne Aussicht auf den See und das Tal eröffnete. Hier setzten sie sich, und Ádám durfte über alles, was er für Adrienne empfand, ausgiebig jammern. Dass sie ihn früher angehört, ihn allerdings unter Scherzen nur gefrotzelt habe, aber auch das sei gut und schön gewesen, wo er doch nichts anderes wolle als sie anbeten, ja auf den Knien anbeten, er berühre nicht einmal ihren Mantelsaum, dessen sei er gar nicht würdig, bloß ihr alles sagen und sein Herz ausschütten, das möchte er, doch nicht einmal dies sei ihm gestattet, denn sie gewähre ihm dazu keine Gelegenheit mehr, sie unterbreche ihn, lasse ihn stehen, dabei sei ihre Nähe sein einziger Trost inmitten seines traurigen Liebesleids. Die kleine Margit war voller Verständnis. Oh, wie sehr! Sie hatte Sinn für jede Feinheit von Ádáms Seele, sie schälte sie geradezu heraus. Auch an seinem Schmerz nahm sie Anteil. »Oh, wie grausam Adrienne ist, wirklich nicht schön von ihr, wie kann sie nur so etwas tun! Aber sie ist nun einmal so. Kalt. Ja, kalt und unbarmherzig. So ist es. Schön, natürlich, wunderbar schön ist sie, hat aber kein Herz. Wie kann man denn jemanden so quälen, der so treu ist wie Ádám? Wie kann man ihm so viel Leid antun?« Und hübsch tröstete sie den jungen Mann, ließ ihn sprechen, tastend legte sie ihm die Hand auf die Schulter, um ihn zu beruhigen, und sie reichte ihm sogar ihr winziges Taschentuch, damit er sich die Tränen trockne.
Sie saßen bis zur Abenddämmerung auf der Bank – und wirklich nicht vergeblich. Ádám Alvinczy fühlte sich beinahe glücklich, dass er über sein Leid und seinen Schmerz einer ihm geneigten und selbstlosen, verwandten Seele so lange hatte berichten dürfen. Es tat ihm auch wohl, dass er die Hand Margitkas in der seinen halten und drücken durfte, während er über Adrienne sprach. Das Mädchen klagte und vergoss Tränen gemeinsam mit ihm. Die beiden hatten das Thema schon oft behandelt, aber so gut wie diesmal tat es ihnen vielleicht noch nie. Als sie zurückspazierten, schlug Margitka vor, er möge ihr doch manchmal schreiben; auf diese Weise könne Ádám auch aus der Ferne sein Herz ausschütten, und das tue wohl. »Nicht wahr, das täte gut, es brächte Erleichterung?« Auch hierin stimmten sie überein.
Damit das andere Paar sie beim Spaziergang nicht entdecke, kehrten Adrienne und Bálint auf dem Weg um und bogen ab gegen die Ecke des Herrenhauses. Hier gingen sie an den letzten Zimmern des Nebenflügels vorbei, wo Judith Milóth wohnte, seitdem sie in Umnachtung nach Hause gebracht worden war. Ein mit dichtem Drahtnetz bespannter Zaun schloss sich an das Gebäude an: der Geflügelhof, der auf Adriennes Anordnung für die Schwester erstellt worden war, nachdem sie entdeckt hatte, dass Judith an den Tieren Freude fand. Ein Hühnerstall mit zwei Zugängen stand auf der Sonnenseite, daneben kleine Häuschen für die Legehennen. Etwas weiter fand sich ein niedriger Verschlag: die Wohnung der Kaninchen. Davor lag ein etwas größerer Platz, gestampfter Lehm, während man an anderer Stelle feinen Sand aufgehäuft hatte. Der Sand wurde jeden Monat mit einem Pferdegespann vom Maros
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