Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)
»Doch … vielleicht … Auch ich sehe die Dinge oft so, vor allem wenn ich bei dir bin. Aber so … so wie damals ist es nicht immer … Manchmal benimmt er sich doch wieder anders … vielleicht noch unberechenbarer und … und … noch härter in seinen Forderungen …«
Adriennes Miene verdüsterte sich, sie schloss eng die Lider. Ihr Sieg war offenkundig nicht von Dauer gewesen.
»Ich nutze jeden Vorwand«, sagte sie später, »um nicht dort sein zu müssen … Auch diesmal bleibe ich zwei Wochen hier, und dann ziehe ich wegen der Zsuker Jagdsaison nach Klausenburg. Ich erkläre, dass ich dies um Margits willen tue, es gebe zu solcher Zeit viele junge Männer in der Stadt. Dabei weiß ich gar nicht, ob ich es schaffe, denn wir sind ja in Trauer, da könnten wir ohnehin keine Bälle besuchen. Doch ich versuche auf diese Weise, ihn von mir zu entwöhnen …«
Sie setzten ihren Spaziergang schweigend fort. Dann fasste Adrienne ihre Überlegungen zusammen: »Danach müssen wir trachten … ja … Aber vorbringen lässt sich das jetzt nicht! Nach meinem Gefühl ist es unmöglich … Ich müsste ihm sagen, was der Grund ist, er ahnt ihn vielleicht ohnehin, er käme im Übrigen auch sonst darauf, selbst wenn ich ihn nicht nennen würde, und dann … Nein! Nein! Das darf nicht sein.«
Angst klang in ihrer Stimme. Denn sie dachte an etwas zurück, was sie dem Freund verschwieg.
Damals, als Bálint fortgegangen war und sie ihn in den Wald begleitete, brach sie am nächsten Morgen gemäß ihrer Gewohnheit erneut zu einem Spaziergang auf. Sie nahm den Weg auch diesmal nach Westen, in die Richtung des Abády-Forstbesitzes. Sie wanderte allerdings nicht bis zur gemeinsamen Grenze, sondern kehrte zuvor schon auf dem gleichen Weg zurück. Da geschah etwas Unerwartetes. Sie fand sich ihrem Gatten gegenüber.
Uzdy, der niemals auch nur hundert Schritte machte, der auch sein Gut nur aufgrund von Berichten kontrollierte, der am Vormittag sein Zimmer nie verließ, Uzdy stand vor ihr.
Er spionierte. Er war offensichtlich deshalb so früh aufgestanden, hatte ihr beim Aufbruch aufgelauert und war ihr in weitem Abstand gefolgt. Deshalb hatte er Schuhe mit Gummisohlen angezogen. Er wollte lautlos gehen, ihr unerkannt nachstellen. Deshalb hielt er hinter ihr Abstand; man sollte ihn nicht bemerken. Und er hatte sich ein Präzisions-Kugelgewehr über die Schulter gehängt, er, der niemals jagte, sondern einzig in der Schießstätte unterhalb des Gartens auf Scheiben zu schießen pflegte. Das Gewehr hatte er nicht zufällig mitgebracht! Das war ihr oder Abády zugedacht!
All dies schoss der Frau jäh durch den Sinn, alle Umstände, jede Ursache und der gesamte Zusammenhang, als sie sich bei der Begegnung gegenüberstanden. Welch ein Glück, dass BA schon abends zuvor weggefahren war!
Sie lief auf Uzdy zu und stellte sich vor ihn hin. »Und Sie, was haben Sie hier verloren?«, fragte sie angriffig, mit erhobenem Kinn.
Pál Uzdy lachte ein wenig linkisch. Er hatte etwas von einem Halbwüchsigen an sich, der bei einer Missetat ertappt worden war.
»Ich wollte die Probe machen, ob ein solcher Spaziergang am Morgen auch mir guttut. Findet das etwa nicht Ihre Billigung, liebste Addy?«
Die Frau zuckte mit den Schultern. Sie fand ihn keiner Antwort wert. Verächtlich setzte sie ihre Fragen fort: »Und das Gewehr? Wollen Sie etwa jagen?«
»Jagen? Nein, das nicht. Aber ich dachte, ich werde einmal im Freien zur Wette schießen. Wenn ich geeignete Ziele finde, oh, einen Baum, einen Stein oder etwas von dieser Art …« Nun lachte er wieder, diesmal aber schon eher böse, und in seinen Augen blinkte es kurz. »Es wäre ganz interessant, den Versuch zu machen, ob ich auf einer nicht vermessenen Distanz das Ziel genau treffe. Denn das, nicht wahr, ist wichtig, dass man genau trifft … Die Genauigkeit, sie ist schön … sie allein, die Genauigkeit, einzig sie!« Dies wiederholte er noch einige Male.
Stumm kehrten sie anschließend heim. Hierüber fiel in der Folge zwischen ihnen kein Wort mehr. Dies war es, woran die Frau zurückdachte, als sie abermals bekräftigte: »Nein! … Man kann das jetzt … unmöglich vorbringen … nein!«
Nach dem Nachtmahl blieb die Gesellschaft im Esszimmer sitzen. Die Frauen hatten ihre Ellbogen auf das zerknitterte Tischtuch gestellt und stützten den Kopf auf. Die Männer baten um Wein wie in der Schenke, sie rauchten Zigarren und ließen die Asche überall fallen, während sich der Diener und das
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