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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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stammten. Leichte Unterschiede schufen nur die Jahre, die älteren waren weißer, die jüngeren etwas stärker rußartig schwarz. Auf dieselbe Art auch hoben sie die Vorderbeine: Sie rissen sie nicht unter den Leib, sondern griffen weit aus – nicht um der Eile, sondern um der Parade willen. Rasch kamen sie denn auch nicht vorwärts. Auch die acht Wagen, gelbe Halbdecker, waren einander vollkommen gleich. Ebenso die in grauer Montur steckenden Kutscher, schwarze Hüte auf dem Kopf, ein jeder voll rasiert und breitschultrig. Sie fuhren im gleichen Rhythmus, hielten einen Abstand von fünfzehn Metern. Ein Jäger saß in jeder Kalesche. Neben dem einen oder anderen hatte auch eine junge Dame Platz genommen. So durchfuhren sie den von Akazien gesäumten Feldweg. Erreichte eines der Gespanne den Strohhaufen, der dem Jäger seinen Platz anzeigte und wo er von den Gewehrladern sowie den Trägern der Beute und der Patronenkisten schon erwartet wurde, dann blieb der Wagen stehen und gab den Weg den hinter ihm folgenden frei. Man stand bereit zum Hasenstreif. Etwa dreihundert Treiber hatten sich versammelt.
    Sie bildeten die Front. Zwischen je zwei Jägern standen, eher locker verteilt, sechs bis sieben Bauernburschen. An den beiden Enden der anderthalb Kilometer langen Linie schlossen sich zwei Seitenflügel an, die Flanken, dichter besetzt und größtenteils von Mädchen gestellt. Denn mit ihren breiten Röcken waren sie eher imstande, die Hasen abzuschrecken, und außerdem hielten sie im Allgemeinen eine bessere Ordnung, sie blieben in der Reihe, statt wie die jungen Männer den Tieren nachzuspringen; gingen sie in die Hocke, dann versperrte ihr bunter Trachtenrock beinahe wie eine Mauer den Weg des ihnen entgegenlaufenden Langohrs. Die beiden Flanken waren lang, ihr Ende kaum abzusehen. Wie eine unendliche Reihe von Klatschmohn, so verloren sich die bunt schillernden Kleider und Tücher der Bauernmädchen in der Ferne.
    Denn es waren Slowaken, die das ganze Heer von Treibern bildeten. Wir befinden uns in Jablánka, Nord-Nyitra, auf Antal Szent-Györgyis Grundbesitz, der auf der kleinen Tiefebene liegt, dort, wo sich das Vágtal zur Ebene weitet.
    Im freundlich glänzenden, schon winterlichen Sonnenschein bot diese Landschaft ein wundervolles Bild. Die Kleinen Karpaten im Osten und die Bergkette von Tapolcsány im Westen umfingen hufförmig das gegen Süden unendlich scheinende Flachland. Sanfte Hügel erhoben sich in der Krümmung des Hufeisens. In der Mitte: ein schneeweißer Würfel, das Schloss. Seine glänzenden Fenster sah man selbst noch von hier, obwohl es recht weit entfernt lag, wohl mehr als eine deutsche Meile. Auf einem Felsvorsprung dahinter und vor dem fernen Dunkel der Trencséner Berge zeichnete sich scharf leuchtend die Burgruine von Jabló ab.
    Die Kette war so aufgestellt, dass man das Wild geradeaus in die Richtung des Schlosses treiben musste. Dort am unteren Ende des Parks würden die Flügel zusammentreffen, den weiteren Ausweg absperren und die Tiere zu den Jägern zurückdrängen, die in einer Reihe stehen geblieben waren. Denn Antal Szent-Györgyi mochte weder sich selbst noch seine Gäste strapazieren. Bestand die Ambition seines Schwagers Kollonich darin, Rekorde zu erzielen, so zielte seine Absicht auf Schönheit. Eine Jagd musste angenehm und keine Fronarbeit sein, nicht zu früh anfangen und nicht allzu lang dauern. Jedermann sollte genug Platz haben und nach Lust und Laune schießen dürfen. Mehr als acht Schützen gab es darum nie. Nur so viele Gäste pflegte er einzuladen, das war die maßgebende Zahl. Dieses Jahr waren fünf Personen um ihre Teilnahme ersucht worden, weil beide Söhne Szent-Györgyis zu Hause weilten. Nach Jablánka gebeten zu werden, galt daher als eine große Ehre.
    Dies umso mehr, als Szent-Györgyi überaus wählerisch war. Außer der eigenen Verwandtschaft fand er kaum jemanden einer Einladung wert. Wie konzentrische Kreise, die gegen die Mitte immer enger werden, bis dann im Zentrum nur noch ein kleines Tellerchen übrig bleibt, so gliederten niemals erwähnte, aber unveränderliche Schranken die ganze Jägergesellschaft der Monarchie in solche Felder, wo nur der innerste Kreis mit einer Einladung rechnen durfte, so wie die Stockwerke von Dantes Purgatorium zuletzt mit dem obersten und engsten Punkt auf der Höhe des Paradieses enden.
    Die ausschließenden Gründe folgten einander von außen nach innen: Jenseits der äußersten Linie befanden sich jene, die im Ruf

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