Versehentlich verliebt (German Edition)
„Wenn du am 24.12.2012 am Flughafen in Stuttgart warst, ungeschickt und witzig bist, Pippa heißt und aus Freiburg kommst, dann melde dich bitte bei Lukas!“ Mein Gott, das wäre romantisch. Und vollkommen unrealistisch. Also schreibe ich ihm meine Handynummer schnell auf die erste Seite und reiche ihm sein Buch zurück.
„Danke.“
Ich will seine Nummer nicht, weil ich dann versucht bin, ihn anzurufen – was ich aber nicht will. Ich will warten, bis er sich bei mir meldet. Mit schüchterner Stimme. Erst als er seine Tasche vom Wagen hebt und sie über die Schulter wirft, weiß ich, dass es Zeit ist für die Verabschiedung. Zugegeben, ich habe zu oft Barbara-Streisand-Filme gesehen. So wie wir waren ist ein ganz spezieller Fall. Sie und Robert Redford (ein Traummann) stehen sich gegenüber, und sie streicht ihm ein letztes Mal die Haare aus der Stirn. So würde ich es bei Lukas auch machen. Wenn ich die Streisand und er Robert Redford wäre. Und wenn er diesen Hut, den er zu lieben scheint, nicht tragen würde. Mich würde man aber vermutlich eher mit Sarah Jessica Parker besetzen. Ich liebe die Serie Sex and the City. Wann immer Carrie mal wieder einen ihrer verrückten Ausbrüche hat, drehen sich meine Freunde zu mir und sagen: „Hey, die ist ja wie du!“ Na, immer noch besser, als würden sie mich mit der überaus schrulligen Calista Flockhart aus Ally McBeal besetzen. Und Lukas? Jake Gyllenhaal.
„Ich muss dann langsam los.“
Mein Jake Gyllenhaal muss los. Jetzt. Ihm scheint der Abschied wesentlich leichter zu fallen als mir. Für einen kurzen Moment bin ich versucht, in Tränen auszubrechen, ihn zu bitten zu bleiben ... Nur einmal im Leben möchte ich einen guten Auftritt haben. Das wird aber vermutlich noch auf sich warten lassen. Ich reiche ihm die Hand und bin überrascht, als er die Tasche wieder abstellt und mich umarmt. Was bisher nur Schwärmerei war, Träumerei und zu viel Julia-Roberts-Filme, ändert sich in genau diesem Moment. Ich spüre den Kord an meiner Wange, rieche wie er riecht (Cool Water ist die beste Erfindung seit dem Auto und der DVD) und weiß, dass seine Bartstoppeln an meiner Wange kratzen. Auf eine unglaublich erotische Art und Weise. Ich will ihn nicht wirklich loslassen und er mich offensichtlich auch nicht. Wir stehen einige Minuten so da.
„Du bist die mit Abstand witzigste und gleichzeitig schrulligste Person, die ich in diesem Jahr kennen gelernt habe. Das finde ich schön.“
Das ist vielleicht nicht das erste Kompliment, das jemandem einfällt, der eine Frau wie Scarlett Johansson sieht, aber es ist ein Kompliment. Er lässt mich langsam los und obwohl ich es nicht will, lassen auch meine Arme ihn los. Ich habe aber keine Kontrolle mehr über meine Bewegungen oder Gedanken. Alles woran ich denken kann, ist diese herrliche Mischung aus Cool Water und Lenor.
„Also E.T. – dann komm mal gut nach Hause.“
Mit einem Witz kann man Tränen noch am besten zurückhalten, oder? Er drückt seinen Zeigefinger an meine Stirn, ganz wie E.T. in der Schluss-Szene des Films und krächzt mit verstellter Stimme, ganz wie der schrumpelige Außerirdische: „Ich bin immer bei dir.“
Es ist erschreckend zu sehen, wie viele Menschen Filmzitate aus dem FF beherrschen. Ich mag ein Filmfreak sein, weil ich eine DVD-Sammlung habe, die einer gut ausgestatteten Videothek gleicht. Aber Lukas hier ist und bleibt ein Nerd. Mein absoluter Lieblingsnerd.
„Ich werde mich mal ganz spontan bei dir melden.“
„Ich bin gespannt.“
Er geht rückwärts, als wolle er noch was sagen, aber er tut es nicht. Ich habe also seinen Gepäckwagen, keine Cola und keinen Lukas mehr. Aber, das sollte man nicht verachten, die blöde Kuh von der Information hat unsere Umarmung gesehen. Sie sieht noch immer zu mir und Lukas. Ich lächele nicht mehr ganz so traurig und hoffe wirklich, dass er mich anruft. Wenn nicht, werde ich eben eine Radio-Aktion starten. Er dreht sich um, nachdem er mir noch ein Lächeln geschenkt hat. Und dann bin ich alleine. Ich sollte meine Eltern anrufen. Ich sollte ihnen alles erzählen, mich in den Zug setzen und nach Hause fahren. Aber ich genieße meinen Schmerz. Sobald ich einen Platz gefunden habe, an dem es sich gut leiden lässt, werde ich leiden. Vielleicht kaufe ich mir auch eine Tafel Schokolade und eine Bravo. Wenn ich leide, dann werde ich wirklich kindisch. Also, noch mehr als ohnehin schon. Wie kann man jemanden vermissen, den man gerade erst kennen gelernt hat?
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