Versehentlich verliebt (German Edition)
aufsagen. Bei vier von fünf Produkten lag er schon richtig. Nur einmal hat er sich geirrt und schuldet mir jetzt fünf Euro. Aber reich werde ich bei diesem Spiel nicht.
„Was ist mit dem da?“
Ich zeige auf eine Packung Rasierschaum, er nickt sofort.
„Schon während der Rasur wird die empfindliche Männerhaut geschont, Hautirritationen werden vermindert. Für das beste Gefühl. Ich benutze das übrigens auch.“
Wieder stimmt der Text und ich gebe mich geschlagen. Er ist ohne Zweifel gut in seinem Job.
„Ich bin ehrlich beeindruckt. Sowas habe ich noch nie gesehen.“
Er zuckt nur die Schultern, als wäre es keine große Sache, die Produktbeschreibungen aller kaufbaren Dinge in diesem Laden auswendig rezitieren zu können.
„Das ist fast unheimlich.“
„Das ist mein Job.“
Es ist gar nicht mehr so übel, wie ich zu Beginn gedacht habe. Er ist nicht Hemingway, er ist eher wie ein MacGyver- Taschenmesser-Set. Große Unterhaltung. Wir schlendern weiter und kommen bei den Damendüften zum Stehen.
„Hier kenne ich mich leider gar nicht aus, tut mir Leid.“
Aber er hat mich auch so schon zur Genüge beeindruckt. Eigentlich hat er das schon mit der Technik beim Öffnen der Flaschen. Aber das muss ich ihm ja nicht direkt auf die Nase binden.
„Wenn du schreiben könntest, über was du willst – was wäre es?“
Ich drehe mich mit einem kleinen Probespender eines unverschämt teuren Parfüms zu ihm um.
„Ich weiß nicht. Ich denke auch nicht darüber nach.“
Ich halte den Spender wie eine Pistole vor die Brust.
„Dann denk jetzt darüber nach.“
Er atmet genervt aus und sieht mich ernst an. Es scheint sein wunder Punkt zu sein, aber ich will unbedingt wissen, was für ein Schriftsteller er wäre, wenn er sich trauen würde. Ein großartiger, da bin ich mir bereits sicher.
„Ich denke, ich würde Komödien schreiben. Dinge aus dem Leben. Alltagsbegegnungen.“
Während er das sagt, sieht er mich nicht an. Sein Blick wandert in die Ferne und was er dort sieht, kann ich nur erahnen. Aber er spricht weiter.
„Ich würde zuerst ein Online-Blog führen. Irgendwas witziges, was die Leute gerne lesen. Und wenn das gut ankommt, dann würde ich Geschichten aufschreiben, die mir auf meinen Reisen passieren. Kurzgeschichten.“
Dann erst sieht er wieder zu mir und ich lasse den Parfümspender langsam sinken. Ich kann mir das alles gut vorstellen und bin mir sicher, er wäre in wenigen Monaten ein Geheimtipp.
Mit einer frechen Handbewegung nimmt er mir das Parfüm aus der Hand und richtet es auf mich.
„Wohin würdest du reisen, wenn du dich trauen könntest, Pippa?“
Ich will dieser Frage genauso gerne aus dem Weg gehen wie einem Besuch beim Zahnarzt, aber es wäre nicht fair. Er musste schließlich auch springen. Zu dumm, dass ich mir über eben genau diese Frage schon so präzise Gedanken gemacht habe.
„Paris. Ich würde auf alle Fälle sofort und als erstes nach Paris.“
Ungewollt muss ich lächeln, weil in meinem Kopf die komplette Reise schon geplant ist. Alles steht schon, nur der Mut fehlt. Und das schon seit Jahren. Lukas schüttelt den Kopf.
„Wieso Paris?“
„Weil es nicht so weit weg ist und es dennoch so scheint, als ob es in einer anderen Welt liegen würde. Und weil jede Frau davon träumt.“
Er nickt und sieht mich durchdringend an.
„Jetzt wäre ein toller Moment um zu fliegen, weißt du? Dort ist es schön an Weihnachten und so.“
„Sehr teuer.“
„Unsinn.“
„Ich fliege nicht gerne.“
„Dann fahr mit dem Zug.“
„Lange Fahrt.“
„Dafür brauchst du nur ein gutes Buch.“
Ich nehme ihm den Parfümspender wieder weg und stelle ihn an seinen Platz zurück.
„Dann schreib mir eins.“
„Wenn ich dir ein Buch schreibe, steigst du in den Zug und düst nach Paris?“
Ich zucke die Schultern. Vielleicht. Vermutlich nicht. Aber ich könnte mutig sein und nicken. Immerhin hat er es sehr deutlich gemacht, dass er nicht schreiben will. Er führt ja nicht mal ein Blog, das doch inzwischen jeder schreiben kann, und sehr viele einfach als kleines Hobby betreiben. Lukas wäre mein Lieblingsblogger, weil er lustig ist. Wenn er nur halb so lustig schreibt, dann wird das ein echter Erfolg.
„Abgemacht.“
Er streckt mir die Hand entgegen und ich zögere für den Bruchteil einer Sekunde. Aber dann sehe ich ihn mit seinem Buch, das ihn zum gefeierten Nachwuchsautor macht, ihn auf der Frankfurter Buchmesse zu einem umjubelten Helden werden lässt; und ich
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