Versehentlich verliebt (German Edition)
sagen, ohne dass es peinlich klingt. Ich will Franco sagen, dass im TV Landwirte Frauen suchen, auf den tausenden von Datingportalen ebenfalls unzählige Männer mit Photoshop bearbeitete Fotos hochladen und hoffen, eine Frau damit beeindrucken zu können. Tja, auch ich suche einen Mann, aber eben nicht irgendeinen.
„Irgendwie aussieht wie du.“
Er nickt auf den Flyer in meiner Hand, den ich jetzt zum ersten Mal etwas genauer ansehe und feststelle, dass es keine Speisekarte von meinem Lieblingsitaliener ist. Es ist eher eine Vermisstenanzeige. Ich drehe den Zettel so, dass ich ihn besser lesen kann. Eine Art Comic-Phantombild einer Frau, die tatsächlich ausgesprochene Ähnlichkeit mit mir hat, nimmt fast die Hälfte des Blattes ein.
Freiburger, helft mir meine Jolanda Yoda wieder zu finden! Gefunden habe ich sie an Weihnachten am Flughafen. Versehentlich habe ich mich in sie verliebt bei den Gepäckwagen. Verloren habe ich sie irgendwo über den Wolken! Sie heißt Pippa und wohnt in Freiburg. Wäre sie eine Comicfigur, würde sie ungefähr so aussehen. Mehr Infos gibt es auf:
http://versehentlichverliebt.wordpress.com
Danke an alle Freiburger!
Tobias Hobbit
Das kann doch nicht wahr sein! Aber ein Blick zu Franco reicht aus, um zu sehen, dass diese Szene real ist. Er steht vor mir, nickt und deutet auf die verschneite Straße hinter sich.
„Überall. Sie kleben überall.“
Ich trage Hausschuhe. Nicht irgendwelche Hausschuhe. Es sind Gremlins-Hausschuhe. Die großen Ohren der niedlichen Hauptfigur Gizmo schmücken meine dicken Hausschuhe. Ohne weiter nachzudenken, marschiere ich in eben diesen Schuhen, einer pinkfarbenen Jogginghose und einer Strickjacke in den Schnee, und lasse Franco mit der Pizza an meiner Haustüre stehen. Sofort weicht der Schnee die Sohlen auf und ich spüre nasse Socken, aber das stört mich nicht im Geringsten. Ich laufe von Laternenmast zu Laternenmast, von Ampel zu Ampel, immer weiter wie eine verwirrte Frau, die sich verlaufen hat. Aber ich kann es einfach nicht glauben. Auf buntem Papier hat Lukas diesen Flyer immer und immer wieder in der ganzen Stadt verteilt. Wo ich auch hinsehe, überall klebt ein Exemplar des Zettels. Ich bin gerührt, verwirrt und möchte lachen, während ich weine. Einige Menschen drehen sich verwundert nach mir um, andere scheinen zu verstehen, dass ich die Frau bin, die Freiburg in Form einer Flyer-Comicfigur überflutet. Zwar weiß ich nicht, wie Lukas das angestellt hat, aber irgendwie ist es ihm gelungen, mich zu finden.
Franco holt mich schließlich ein und überzeugt mich davon, dass es besser wäre, wenn ich nach Hause gehen, etwas essen und dann mal die oben erwähnte Website aufrufen würde. Er muss wohl etwas lauter sprechen, aber dann kommt es auch bei mir in meiner großen rosa Wolke an. Das Trinkgeld fällt enorm aus, aber ich bin nicht mehr in der Lage, mathematische Gleichungen zu errechnen. Franco soll den Rest behalten, ich bin sowieso nicht mehr zurechnungsfähig.
Mein Herz pocht wie wild, als ich die Internetadresse in meinen Browser eingebe. Langsam baut sich die Seite auf. Zuerst sehe ich einen Countdown, der bis zum Jahresende runterzählt. Nur noch wenige Tage – und wir begrüßen ein neues Jahr, wie immer mit viel Feuerwerk und noch mehr Alkohol.
Ich scrolle langsam runter. Wie eine Art Online-Tagebuch schreibt Lukas über uns. Wie wir uns kennen gelernt haben, über meine Tolpatschigkeit und wie er mich beobachtet hat. Wie er nicht wusste, was er sagen soll, um mich anzusprechen. Kleine Fotos zeigen ihn mit dem Notizbuch irgendwo in Hamburg. Dann erzählt er von der Idee, mich zu suchen, weil wir unsere Nummern nicht ausgetauscht haben und sich seine Ausgabe von Herr der Ringe noch immer in meinem Besitz befindet. Ohne meinen Nachnamen und weitere Anhaltspunkte, ist ihm schließlich die Sache mit den Flyern eingefallen. Ein Kumpel hat das Bild von mir nach Lukas' Beschreibung gemalt, und seine Freunde und die Freunde der Freunde haben dann wiederum ihre Freunde gebeten, Leute im Süden anzusprechen. Eine halbe Busladung Menschen, die sich über Facebook gefunden haben, sind dann in meine Stadt gekommen und haben die Flyer verteilt. Ich bin so gerührt, als sich das Ausmaß seiner Bemühungen offenbart, die er angestellt hat, um mich zu finden. Kein Mann auf der ganzen Welt macht sich so viel Gedanken, um eine Frau zu finden. Das ist so unglaublich und ich spüre, wie mein Herz schneller schlägt.
Dann kommt
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