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Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)

Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)

Titel: Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Curran
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schwärmten wie Treiberameisen auf den Straßen aus und verschlangen alles, was zufällig ihren Weg kreuzte. Alle Ratten waren von Tollwut befallen und unglaublich bösartig. Bei Mondlicht konnte man in der Stadt so viele schlüpfrige graue Körper herumwuseln sehen, dass man die Straßen auf ihren Rücken hätte überqueren können, ohne den Boden zu berühren.
    Ich habe selbst miterlebt, wie sie ganze Rudel wilder Hunde und Straßengangs anfielen und nichts als Knochen hinterließen.
    Doch es waren nicht nur Ratten, die Cleveland heimsuchten, wie wir bald erfahren sollten. Cleveland litt auch unter dem »Roten Regen«.
    2
    In der ersten Nacht, die wir in Cleveland verbrachten, wachte ich von Specs’ Schreien auf. Wir hatten uns in dem großen Cadillac Eldorado zusammengerollt, den wir auf einem verlassenen Parkplatz in Fairfax nahe bei der Cedar Avenue gefunden hatten. Der Wagen sah so aus, als hätte er mal einem Zuhälter gehört: Sitze, die mit künstlichem Leopardenfell überzogen waren, ein Bodenbelag aus knallrotem Plüsch, getönte Fensterscheiben.
    Specs schlief hinten, ich vorne.
    Als Specs am Morgen schreiend aus dem Schlaf fuhr, geriet ich sofort in Panik, rieb mir schnell den Schlaf aus den Augen und zückte meine Waffe. Ich hatte nur eine kleine Taschenwaffe dabei, eine 38er mit einem Fünf-Schuss-Magazin, die ich vor ein paar Tagen in Ravenna/Ohio einem verstorbenen Polizisten abgenommen hatte.
    »Was ist los?«, fragte ich und hielt nach einem Angreifer Ausschau.
    Specs atmete schwer. »War nur ein Traum ... Hab ich geschrien?«
    »Allerdings, du hast verdammt laut gebrüllt, alter Mistkerl. Ich dachte, jemand sei dabei, dich zu ermorden.«
    »Oh je, tut mir wirklich leid, Nash. Manchmal hab ich grässliche Albträume, in denen es vor Leichen wimmelt. Hin und wieder träume ich auch von meiner Schwester, von Darlene.«
    Der arme Specs. Ich wollte nicht, dass er wieder endlos lange über seine verstorbene Schwester redete.
    In jenen Tagen trug ich noch eine Armbanduhr – eine schöne Indiglo Timex, die Shelly mir zum Geburtstag geschenkt hatte – und machte es noch nicht wie die Ureinwohner Amerikas, die die Zeit nach dem Sonnenstand berechnet hatten. Die Uhr besagte, dass es zehn Uhr morgens war, aber im Wagen war es trotzdem ziemlich dunkel. Ich dachte, es müsse an den getönten Fensterscheiben liegen, aber es hatte ganz andere Gründe. Die Fenster, alle Fenster des Cadillac, waren mit etwas Dunklem beschlagen, das ich nicht deuten konnte. Um einen klaren Kopf zu bekommen, spritzte ich mir aus der mitgebrachten Flasche lauwarmes Wasser ins Gesicht.
    »Was ist das für ein Zeug an den Fenstern?«, fragte Specs, und in seiner Stimme schwang wieder mal Paranoia mit. Der arme Kerl. Specs war in fast jeder Hinsicht ein guter Typ, litt aber schrecklich unter Verfolgungswahn. Hinter jeder Ecke vermutete er ein Schreckgespenst, doch wie konnte man ihm das schon übel nehmen?
    »Weiß ich nicht«, erwiderte ich.
    Die Fenster des Caddy musste man noch auf die altmodische Tour öffnen, indem man sie mit der Hand herunterkurbelte. Es war ein riesiges Fahrzeug, mit jeder Menge Beinfreiheit, das seinerzeit in Detroit vom Fließband gerollt war. Genau wie Specs kurbelte ich wie verrückt, doch die Fenster klemmten. Also tat ich genau das, was ich hatte vermeiden wollen: Ich machte die Tür auf.
    Und fand eine Welt vor, die in Rot getaucht war.
    Die Straßen, Gebäude und selbst die Bäume und Verkehrsampeln hatten eine Farbe angenommen, als hätte man sie in knallrote Tinte getaucht. Es sah völlig verrückt aus.
    Als Specs und ich ausstiegen und die Umgebung erkundeten, merkten wir, dass alles ringsum mit einer verkrusteten roten Schicht überzogen war. Nie hatte ich Ähnliches gesehen. Man hätte wirklich meinen können, es hätte in der Nacht Blut vom Himmel geregnet. Als ich eine alte Eiche näher untersuchte, stellte ich fest, dass von ihren Zweigen immer noch blutrote Tropfen fielen.
    »Das ist Blut, Nash. Mein Gott – Blut!« Specs klammerte sich so an mich, als wollte er mich gleich küssen.
    Ich schob ihn weg. »Nein, das ist kein Blut, sondern irgendein seltsamer Regen. Vielleicht so was wie saurer Regen.«
    Doch das glaubte ich selbst nicht ganz. Während wir diese blutroten Straßen entlanggingen, hatte ich ein mulmiges Gefühl im Bauch, denn nirgendwo war Leben zu sehen, nirgendwo rührte sich etwas. Es gab nur uns, dieses unheimliche Rot und den nebelverhangenen Himmel über unseren Köpfen. In

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