Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)
die seinen Oberkörper trafen und auf seinem weißen Schutzanzug eine gewundene graue Spur hinterließen. Er brüllte wie am Spieß und ließ sein Gewehr fallen. »Ich bin verseucht, unrein, befleckt, besudelt!«, kreischte er und wälzte sich auf dem Pflaster – vermutlich, um sich von einzelnen Resten der Gedärme zu befreien.
Der Soldat, auf den Jakoby gestürzt war, schaffte es schließlich, ihn von sich hinunterzuschieben. Als Paulson auf ihn zustürmte, in den Armen eine verweste Leiche, feuerte er zwei Salven mit je drei Kugeln auf ihn ab. Paulson schlug unmittelbar vor den Füßen des Soldaten auf dem Pflaster auf, zusammen mit der Leiche, die beim Aufprall sofort auseinanderfiel.
Dieser Soldat hätte sicher auch uns erwischt, hätte das Schicksal in diesem Augenblick nicht zu unseren Gunsten eingegriffen.
Für kurze Zeit war der Mann geblendet, da ihn ein Strahl von Leichensekreten getroffen hatte. Sein Plexiglashelm, von dem eine zähe, mit Fleischbröckchen durchsetzte Flüssigkeit tropfte, war so verschmiert, dass er ringsum nichts mehr erkennen konnte. Deshalb setzte er den Helm ab und warf ihn zur Seite. Genau in diesem Moment glitt ein Leichenwurm aus dem Bauch des Kadavers, den Paulson fallen gelassen hatte.
Es war der gewaltigste Leichenwurm, den ich bislang gesehen hatte.
Zuerst hielt ich ihn für einen Teil der aufgequollenen Gedärme, die sich aus dem Bauch des Kadavers ergossen, doch dann bewegte er sich, zuckte wie ein elastisches weißes Band aus dem Leichnam und schlängelte sich über das Pflaster. Dabei gab er einen hohen, durchdringenden Ton von sich, der fast wütend klang. Er war riesig, flach, segmentiert und glänzte vor Schleim und Leichensekreten.
Der Soldat entdeckte den Wurm etwa zu dem Zeitpunkt, als dieser mit einem schmatzenden Geräusch aus der Bauchhöhle des Kadavers kroch. Obwohl keine Augen zu erkennen waren, schien der Wurm zu wissen, wo er sich befand. Der hohe Ton steigerte sich zu einem lauten Summen, das in den Ohren wehtat. Zugleich schwoll der Körper dieser Kreatur so an, dass er fast an einen erigierten Penis erinnerte. Auch der kolbenähnliche Kopf blähte sich auf.
Gleich darauf richtete der Soldat das Gewehr auf den Wurm, doch der war schneller. Er spritzte ihm eine tintenartige Flüssigkeit ins Gesicht, die sofort Wirkung zeigte: Vor Schmerz brüllend sank der Soldat auf die Knie und barg das Gesicht in den Händen – nur war das, was zwischen seinen Fingern hervorquoll, kein Gesicht mehr, sondern nur noch Brei.
Während der Wurm sich zurückzog, gingen Specs und ich zu Weeks hinüber. Immer noch jammerte er, schrie mit hoher Mädchenstimme, er sei verseucht, und kroch auf allen vieren auf dem Boden herum. Nachdem wir ihn kurz gemustert hatten, traktierten wir ihn so lange mit Fußtritten, bis er schlaff liegen blieb.
Danach zerrten wir die reglose Gestalt zum Müllwagen.
Zogen ihm den Schutzanzug aus.
Und schoben ihn in die Klappschute.
Anschließend warfen wir Leichen und Leichenteile in die Schute – alles, was gerade zur Hand war –, bis er unter Gedärmen, Rümpfen und Gliedmaßen begraben war. Sein Körper zitterte unter dieser dicken Schicht von Aasfleisch und Leichenwürmern. Irgendwann kam er wieder zu Bewusstsein und versuchte sich laut schreiend aus der grünlichen Fleischmasse herauszukämpfen, indem er die Finger wie Klauen einsetzte.
Doch Specs kicherte nur und bediente die Automatik, die die voll beladene Klappschute nach innen kippte und die Schaufelblätter und Pressen in Gang setzte.
Ehe Weeks verschwand, sahen wir ihn noch einmal inmitten der Gedärme und Kadaver. Sein Arm steckte in den glitschigen Rippen eines Oberkörpers fest. Und wir sahen auch, wie ein fetter, wabbeliger Leichenwurm aus einem Kadaver glitt, um sich Weeks’ Gesicht zu widmen.
Gleich darauf wurde Weeks zusammen mit dem Rest nach hinten geschaufelt, wo die Pressen die Fracht mit einem mahlenden Geräusch zu Brei zerstampften. Aus den Abflusslöchern am Boden des Lastwagens rann übel riechender Saft.
Das war’s.
Specs und ich warfen unsere Schutzanzüge weg, zündeten uns wie Schwerarbeiter nach einem harten Tag Zigaretten an und verließen diesen Schreckensort, um nach einem funktionstüchtigen Fahrzeug zu suchen. Wir wollten nach Cleveland.
CLEVELAND, OHIO
1
Cleveland machten die Ratten noch viel schlimmer zu schaffen, als wir es von Youngstown gewohnt waren. Nachts stiegen unzählige hungrige Nager aus den Abwasserkanälen und Kellern nach oben,
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