Versprechen eines Sommers
Julian führte einen wahren Freudentanz auf und wedelte mit der Fledglings-Fahne, als wäre sie die weiße Fahne der Kapitulation. „Connor, mein Papa ist hier!“, schrie er förmlich. Er ließ das Banner fallen und rannte durch die Menge.
„Der verrückte Professor“, sagte Connor zu Lolly und ging, um Louis Gastineaux zu begrüßen.
Er war ein untersetzter, jovialer Mann mit dicken Brillengläsern und einer schlecht sitzenden Hose, die er bis fast an den Brustkorb hochgezogen hatte. Dazu trug er ein kurzärmliges Hemd in einem ganz seltsamen Gelb. Julian war so aufgeregt, dass er sich an allen vorbeidrängte und ständig an seinem Vater herumzerrte, während er ihm alles zeigte.
„Du wirst Julian vermissen, oder?“, fragte Lolly.
„Ich vermisse ihn, seit ich elf bin“, gab Connor zu. „Verrückter kleiner Kerl.“
„Dann bin ich froh, dass du diesen Sommer hattest. Vielleicht kehrt ihr beide nächstes Jahr zurück.“
Er grinste sie an. „Vielleicht. Vorausgesetzt, deine Großeltern … Mist.“ Sein Grinsen verschwand.
„Was ist los?“, fragte sie, aber sie musste die Antwort gar nicht hören. Sein eigener Vater kam gerade mit dem Lieferwagen die Auffahrt hoch. Julian, der Mr Davis wirklich mochte, zog Louis zu ihm, um die beiden Männer einander vorzustellen.
„Entschuldige mich bitte“, sagte Connor und ging zu der Gruppe hinüber.
Lolly beobachtete sie aus der Entfernung. Zwei Väter, zwei Söhne, jeder von ihnen auf eine Art gebrochen. Sie verstand, dass Connor seinen Vater liebte, aber sein Schmerz und die Scham über Terrys Trinkerei hatten von beiden ihren Tribut gefordert.
„Ist das der Junge, mit dem du dich den ganzen Sommer über getroffen hast?“, fragte eine Stimme hinter Lolly.
Oh, verdammt. Sie drehte sich widerstrebend um. „Hi, Mom. Wann bist du angekommen?“
„Vor einer Stunde, aber du hast mich nicht bemerkt.“ Lollys Mutter war wie immer perfekt frisiert, geschminkt und gekleidet: Ein gestärktes Baumwollkleid, flache Sandalen, eine Designersonnenbrille und eine beige Chanel-Tragetasche. Neben ihr fühlte Lolly sich schmuddelig und ungekämmt.
Sie begrüßte ihre Mutter mit einer kurzen Umarmung. „Komm, ich will dich Connor vorstellen.“
Ihre Mutter versteifte sich spürbar und strahlte mit jeder Faser ihres Wesens Widerstreben aus. „Ich denke nicht, dass das notwendig ist.“
Lolly stieß ein kleines, ungläubiges Schnauben aus. „Mein erster echter Freund und du willst ihn nicht kennenlernen?“
„Süße, das lohnt sich doch nicht. Ab morgen gehen wir alle wieder getrennte Wege.“
„Ich weiß, was du wirklich denkst“, sagte Lolly und nahm einen hochnäsigen Upper-Class-Akzent an. „Leute wie Connor Davis sind kein Umgang für deine Tochter.“
„Sei nicht so garstig.“
„Dann komm mit und begrüße ihn. Mom, er ist so toll. Ich weiß, dass er dir gefallen wird.“ Lolly brach ab, als sie sah, dass ihre Mutter Connor über die Entfernung eindringlich musterte. Mit seinen langen Haaren und dem leicht ausgeflippten Aussehen stand er neben seinem Vater, der seinen Arbeitsoverall trug und eine Zigarette rauchte. Gleich daneben waren der verrückte Professor und sein gemischtrassiges Kind. Lolly sah den Ausdruck auf dem Gesicht ihrer Mutter und entschied sich, aufzugeben. Ihre Mutter würde Connor niemals mögen, egal was er tat, also konnte sie ihm die unangenehme Situation, ihr vorgestellt zu werden, genauso gut ersparen.
„Ich muss weg“, sagte sie. „Ich habe versprochen, mit den Vorspeisen für heute Abend zu helfen. Die Küche hat noch so viele Eier übrig, dass wir eine Trillion gefüllte Eier machen werden.“
Auf dem Weg zum Haupthaus zwang sie sich, die Skepsis ihrer Mutter abzuschütteln und sich auf den Abend zu freuen. Sie wurde von Jazzy Simmons abgefangen, die ihr mit verschwörerischer Miene zuflüsterte: „Vergiss nicht, die Eismaschine anzulassen, zumindest, bis wir die Bierfässer füllen.“
„Ich hab doch gesagt, dass ich sie anlasse“, erwiderte Lolly. Heute fand der traditionelle Abschiedstanz für die Mitarbeiter und Betreuer des Camps statt. Es würde ein Lagerfeuer am Seeufer geben und natürlich literweise ins Camp geschmuggeltes Bier. Lolly machte es nichts aus, das Eis dafür zur Verfügung zu stellen. Sie und Connor zählten darauf, dass alle so sehr mit den Feierlichkeiten beschäftigt wären, denn sie hatten vor, sich heimlich davonzustehlen. Ohne Kinder, um die sie sich kümmern mussten, ohne letzte
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