Versprechen eines Sommers
Rundgänge, um alle Lichter auszumachen, hätten sie endlich mal ein wenig Zeit nur für sich. Sie hatten einen Plan. Heute Nacht würden sie endlich das erste Mal im Leben Liebe machen.
Die Party war nicht ganz schrecklich. Das war wenigstens etwas. Einen Freund zu haben hatte Lolly definitiv mehr Selbstvertrauen gegeben. Sie stand nicht mehr auf den Partys herum, als wäre sie an der Wand festgeklebt, unfähig, sich auf die Tanzfläche zu begeben und zu tanzen. Sie hatte gelernt, dass es möglich war, zu lachen und Spaß zu haben, ohne sich Gedanken darüber zu machen, was die anderen dachten. Sie wünschte, ihre Cousinen wären da, aber Dare und Frankie waren schon gestern abgereist, weil sie ganz bis Kalifornien fahren mussten, wo sie aufs College gehen würden.
Glücklicherweise war Lollys Mutter nicht in der Nähe. Sie verbrachte die Nacht im Turning Maple, einem Luxus-Bed-&-Breakfast im Ort. Morgen würde sie mit Lolly zusammen in die Stadt zurückfahren. Lolly wusste, dass das Thema Connor zwischen ihnen nicht mehr zur Sprache kommen würde. So war ihre Mutter. Wenn man über etwas nicht sprach, existierte es auch nicht.
In diesem Fall war es Lolly nur recht. Sie wusste nicht, ob sie überhaupt die richtigen Worte finden würde, um ihrer Mutter oder irgendjemandem zu erklären, was sie für Connor empfand. Sie nannte es Liebe, aber es fühlte sich so viel größer an. Es war wie ein Tornado in ihrem Inneren, ein Waldbrand. Sie tanzten zusammen, und sie hatte das Gefühl, sie würde von der Macht ihrer Gefühle in den Himmel gehoben. Am Ende des Liedes ging Connor, um etwas zu trinken zu holen, und Lolly stand einfach nur wie betäubt da.
Jazzy Simmons kam zu ihr. Sie trug tief auf den Hüften sitzende Cargohosen und ein Shirt, unter dem ihre BH-Träger hervorblitzten. Ihre Brüste standen hervor wie zwei Autoscheinwerfer. Sie war bekannt dafür, nie ein Blatt vor den Mund zu nehmen, und so warf sie jetzt auch nur einen Blick auf Lolly und sagte: „Oh mein Gott, du wirst es heute tun, oder?“
„Halt den Mund, Jazzy.“ Doch Lollys Stimme fehlte der Nachdruck; dazu schwebte sie noch zu sehr auf Wolke sieben.
„Lolly Bellamy, du kleines Luder. Du wirst es mit Connor Davis machen.“ Jazzy war den ganzen Sommer über verschnupft gewesen, weil Connor sich für Lolly und nicht für sie entschieden hatte. „Lolly und Connor“, sagte sie und schlang ihren Arm um einen Jungen namens Kirk. „Das ist was, was ich gerne sehen würde.“
„Das würden wir alle gerne sehen“, kicherte Kirk.
Lolly hätte es nicht egaler sein können. Zu wissen, dass sie und Connor sich davonstehlen würden, war gleichzeitig aufregend und Angst einflößend. Als alle sich auf den Weg zum Ufer machten, um das Lagerfeuer zu entzünden, schob sich eine dünne Wolkendecke vor den Mond. Furcht erfasste sie, aber auch eine gewisse Vorfreude. Sie machte sich auf den Weg, Connor an der verabredeten Stelle zu treffen. Sie hatten einen Lieblingsplatz in der Nähe des Wasserfalls, wo das hinunterstürzende Wasser ein tiefes Becken ausgehöhlt hatte. Mondlicht fiel durch ein Loch im dichten Baldachin des Waldes, und das leise Dröhnen des auf die Felsen aufschlagenden Wassers war eine seltsame, aber beruhigende Hintergrundmusik. Connor wartete bereits auf sie, und einen kurzen Moment sah er fast abweisend aus; seine Gesichtszüge wurden von den Schatten verborgen und seine schlanke Silhouette vom auf dem Sprühnebel des Wassers glitzernden Mondlicht erhellt.
„Ich war mir nicht sicher, ob du kommen würdest“, sagte er, als sie ihn ein wenig atemlos vom Anstieg erreichte.
„Natürlich komme ich.“ Sie fühlte sich mit einem Mal ein wenig schüchtern und unsicher. „Hast du, äh, alles mitgebracht?“
„Ja, gleich hier.“ Er breitete eine dicke, wollene Army-Decke aus und stellte zwei Dosen Bier und eine schmale, längliche Schachtel darauf. Die Kondome. Oh Gott, dachte sie. Wir werden es wirklich tun.
„Setz dich“, sagte er mit einem kleinen Lächeln. „Wir haben keine Eile.“ Er öffnete eine Dose Bier und reichte sie ihr.
„Wo hast du das her?“ Sie nahm die Dose an und setzte sich im Schneidersitz auf die Decke.
„Was glaubst du?“ Er lachte kurz auf. „Mein Vater hat einen nicht enden wollenden Vorrat.“
Sie nickte, nahm einen Schluck und verzog ein wenig das Gesicht. Sie mochte den Geschmack von Bier nicht sonderlich, hatte aber plötzlich das Bedürfnis, das Unvermeidliche noch ein wenig hinauszuzögern.
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