Versprechen eines Sommers
Tanzunterricht gefallen.“
Sie schnaubte. „Das sieht dir ähnlich.“
„Ich fand ihn auf seltsame Art unterhaltend.“
„Das überrascht mich nicht. Du hast auch immer den Talentwettbewerb gewonnen, du Angeber.“
„Warum sollte man daran teilnehmen, wenn man nicht gewinnen will?“
Sie betrachtete ihn einen Augenblick, den Blick verschleiert von Erinnerungen. „Singst du noch?“
„Ständig.“
„Vielleicht kannst du auf der Feier singen?“ Sie strahlte ihn an.
Was das Stichwort gewesen wäre, ihr zu sagen, dass er nicht eingeladen war – und auch gar nicht eingeladen werden wollte. „Spielst du immer noch Klavier?“
„Fast nie.“
Das war seltsam. Oder vielleicht auch nicht. Fakt war, dass er Musik in seinem Leben brauchte – er musste singen, so wie er atmen musste. Es war für ihn überlebenswichtig.
Miss Olivia Bellamy hingegen hatte in ihrem Leben offensichtlich ausreichend Erfüllung gefunden und musste die leeren Stellen in ihrem Inneren nicht mehr mit Lärm und Licht füllen.
„Das überrascht mich“, sagte er. „Du warst doch immer mit großer Begeisterung dabei.“
„Es war eines der wenigen Dinge, die ich besser konnte als andere Kinder.“ Sie öffnete den Flügel und hustete, als der Staub aufstieg. „Heute muss ich mich nicht mehr konstant beweisen.“
„Vielleicht hast du das nie gemusst.“
„Du hast leicht reden, mit all deinen Siegen. Du hast immer den Quadrathalon gewonnen, und die Talentshow. Du warst so ein Streber.“
„Nein, nur ehrgeizig“, korrigierte er sie. „Und außerdem erinnere ich mich nicht daran.“
„Was, dass du immer gewonnen hast?“ Sie schüttelte grinsend den Kopf. „Ist das mit der Zeit nicht langweilig geworden?“
„Ja, sicher.“
„Die Mädels in meiner Hütte sind immer die halbe Nacht aufgeblieben, um Pläne zu schmieden, wie sie es anstellen konnten, beim Tanzwettbewerb deine Partnerin zu sein.“
Da musste er lachen. „Auf gar keinen Fall.“
„Hah. Erinnerst du dich an Gina Palumbo?“
„Nein.“ Ehrlich gesagt hatte er seine Jungfräulichkeit an sie verloren, in seinem dritten und letzten Jahr als Camper, in dem Sommer nach der achten Klasse. Sie war sexy und Furcht einflößend und unglaublich aufregend.
„Gina hat jedem in meiner Hütte erzählt, dass du ihr jeden Tanz des Sommers versprochen hättest.“
Was er vermutlich getan hatte. „Ach, wirklich?“
Olivia nickte. „Ich endete immer bei irgendeinem anderen Mädchen oder einem der Betreuer, der Mitleid mit mir hatte.“
Er sah sie an, wie sie da im Licht der Nachmittagssonne stand, die Haare so weich und das Lächeln ein wenig schüchtern. Dann nahm er die Fernbedienung für die iPod-Dockingstation in die Hand und scrollte, bis er „Lying Awake“ fand, einen alten Hit aus den Sechzigern von Nina Simone. „Okay. Ich habe auch Mitleid mit dir“, sagte er. „Tanz mit mir.“
„Ich habe das nicht gesagt, damit du …“
„Egal.“ Er nahm sie in die Arme. Es war eine Weile her, aber er wusste sofort wieder, die richtige Tanzhaltung einzunehmen. Sie passte perfekt zu ihm, auch wenn er spürte, wie sie sich zurückzog, ihm Widerstand leistete.
„Hey“, sagte sie.
„Was?“
„Ich habe den Tanzabend so sehr gehasst. Jedes Jahr habe ich meine Eltern angefleht, ihn vom Plan zu nehmen.“
„So schlimm war es doch gar nicht.“
„Für dich vielleicht nicht. Für mich war es eine Qual. Ich zucke bei dem Gedanken daran immer noch zusammen. Die Partnerwahl war für mich immer die reinste Tortur.“
„Weißt du, dafür, dass du so ein gequältes Kind warst, ist eine ganz schön normale, gut angepasste Erwachsene aus dir geworden.“
„Danke.“
„Um nicht zu sagen, eine ganz schön heiße Nummer.“
„Schön. Dann sag es nicht. Aber jetzt mal ehrlich, wir haben eine ganze Menge Arbeit zu erledigen, also sollten wir vielleicht …“
„Halt den Mund und tanz, Lolly. Dann zeige ich dir, warum ich immer gewonnen habe.“ Zusätzlich zu der klassischen Haltung hatte er noch eine Reihe anderer Tricks auf Lager. Den Augenkontakt, den Blick, der sagte „Ich wünschte, wir wären nackt“. Tanzen hatte viel damit zu tun, gut vortäuschen zu können. Nur dass er im Moment nichts vortäuschen musste. Ihm gefiel es, in Olivias Augen zu schauen. Und er wünschte sich wirklich, dass sie nackt wären.
Sie hatte die Arme um seinen Hals geschlungen und zitterte. Was gut war, denn so merkte sie vielleicht nicht, dass Connor ebenfalls zitterte. Er
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