Versprechen eines Sommers
fühlte ihren warmen, weichen Körper an seinem, atmete den Duft ihrer Haut ein, und es durchfuhr ihn wie ein Stromschlag. Auch wenn es ein langsamer Tanz war, ging ihr Atem schnell, sog sie kleine, panische Atemzüge ein. Ihr Mund war nur wenige Millimeter von seinem entfernt, und sie hatte die Lippen halb geöffnet.
Connor wollte sie so sehr küssen, dass es wehtat. Und noch bevor ihre Lippen sich trafen, hatte sie diesen Gesichtsausdruck, als würden sie sich bereits küssen – die Augen geschlossen, die Lippen geöffnet … oh Gott. „Lolly …“
Eine Tür schlug gegen eine Wand, und Freddy kam in den Saal. „Na, arbeitet ihr schwer, Kinder?“
Sie sprangen auseinander, und er konnte sehen, wie Olivia das Blut in die Wangen schoss. Connor grinste Freddy an. „Ach, so schwer war das gar nicht. Aber ich muss jetzt los.“ Er ging auf den Vorplatz, wo seine Harley stand, und bemerkte erstaunt, dass Olivia ihm folgte. Langsam zog er seine Motorradklamotten an, wobei er sie die ganze Zeit im Auge behielt.
„Was?“, fragte sie.
„Ich habe nichts gesagt.“
„Du hast mich angestarrt.“
„Das tue ich immer noch.“ Er ließ ein Lächeln aufblitzen.
„Mir wäre es lieber, wenn du das nicht tätest.“
Er schaute sie noch einen Moment länger an. Als sie errötete, sah sie jünger und verletzlicher aus und mehr so wie das Mädchen, das er einst gekannt hatte. „Denkst du jemals noch an uns, Lolly?“, fragte er. „Daran, wie wir einmal waren?“
Die Färbung ihrer Wange vertiefte sich noch ein wenig. „Nein“, sagte sie energisch. „Nicht mehr, als ich an alles andere denke, was vor neun Jahren gewesen ist.“
Natürlich. Es war ein Hinweis, dass sie sich nicht mehr kannten. Mit ruhigen Bewegungen zog er den Reißverschluss seiner Lederjacke zu. „Ich mache mich mal lieber für meinen unerwarteten Besuch fertig.“
„Ich hätte dich nie für einen Motorradtypen gehalten“, sagte sie.
„Hättest du doch“, sagte er und ließ den Motor an, um ihre Antwort zu übertönen.
Sommernachtsegeln im Camp Kioga
Eine der beliebtesten Traditionen in Camp Kioga ist das wöchentliche Sommernachtsegeln auf dem Willow Lake. Es gibt keine bessere Art, einen friedlichen Sonnenuntergang in den Catskills zu genießen. Camper versammeln sich bitte pünktlich um 19.30 Uhr am Dock.
11. KAPITEL
Sommer 1993
E s war Connor Davis’ drittes Jahr im Camp, und er wusste, dass es auch sein letztes sein würde. Zum einen, weil er nach dem Sommer in die neunte Klasse kam, und dann kam die Highschool. Seine Mutter und Mel hatten immer gesagt, dass Jungs in der Highschool sich einen Job suchen mussten, Punktum. Und zweitens wusste er nicht, was zum Teufel er mit seinem Vater machen sollte. Jeden Sommer hierherzukommen und zuzusehen, wie Terry Davis durch seine Tage stolperte und sich zur Witzfigur des gesamten Personals machte, ließ Connor auf die ganze Welt wütend werden.
Mit Mel und seiner Mom zusammenzuwohnen machte ihn auch wütend. Aber mit seinem Vater war es anders. Weil er der traurigste, kränkste Idiot von allen war. Connor liebte seinen Dad. Terry Davis war ein guter Mann mit einem schlimmen Problem, und Connor wusste einfach nicht, wie er alles für ihn wieder in Ordnung bringen konnte.
Ach, was soll’s, dachte er. Es ist mein letzter Sommer im Camp Kioga. Ich mach einfach das Beste draus. Er erstellte eine mentale Liste mit Dingen, die er tun wollte. Den Quadrathalon gewinnen. In den Shawangunks klettern gehen. Die Überlebenswanderung in der Wildnis mitmachen, wo man zwei Tage alleine mit nichts als einem Kompass unterwegs war. Vielleicht Tarik in einem Schachturnier herausfordern. Sich ein Ohrloch stechen lassen, nur um seinen Stiefvater zu ärgern. Ein Mädchen küssen und mit ihr fummeln. Vielleicht sogar die dritte Base erreichen und einen Home-Run verbuchen.
Ja, all das wollte er tun und noch viel mehr. Wenn die Schule im Herbst wieder anfing und er den üblichen „Was hast du im Sommer gemacht“-Aufsatz schreiben musste, sollte der so cool klingen, dass sein Lehrer denken würde, er hätte es sich ausgedacht.
Auf dem Weg zum Speisesaal sah er Mr Bellamy, den Leiter und Besitzer des Camps, und einen älteren Mann mit einem markanten Gesicht und einer Stimme wie Lawrence Olivier in einem dieser alten Schwarz-Weiß-Filme.
„Hallo, Sir.“ Er straffte die Schultern und streckte die Hand aus. „Connor Davis.“
„Natürlich, Davis. Ich erinnere mich gut an dich. Wie geht es dir, mein
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