Versprochen
gefährlich.
Ich bin müde. Habe heute eine Stunde geruht. Schlafen kann man es nicht nennen. Hope hat mich wieder unterwiesen wie ich mich bewegen, mit der Natur tanzen muss, damit ich Kontakt zu der Energie meiner Tattoos aufnehmen kann. Sie ist wie eine Maschine. Sieht aus, als wäre sie ausgeschlafen und frisch geduscht. Ich bin das Gegenteil. Völlig am Ende. Hope meint, das liegt daran, dass ich noch kein Alpha-Wolf bin. Sie meint, ich werde das schon noch schaffen. Adam ist immer noch nicht aufgewacht.
Tag 19: Ich weiß nicht, wo Hope die Kraft hernimmt. Haben wieder nicht geschlafen. Sind nur gelaufen. Richtung Norden. Immer Richtung Norden. Der Wald wird lichter. Wir steigen immer höher hinauf. Hope sieht so frisch aus, wie am ersten Tag. Adam lebt, aber er ist nicht bei Bewusstsein. Hope meint, dass das noch lange so bleiben könnte. Ich habe ihn böse zugerichtet. Ich fühle mich schrecklich, nicht nur wegen der Sache mit Adam. Auch, weil ich seit Tagen nicht geschlafen habe. Nicht gegessen habe. Ich will mich nicht im Spiegel sehen. Ich kann Adam nicht mehr tragen. Hope hat das jetzt übernommen. Wo nimmt sie nur die Kraft her? Woher nehme ich die Kraft her. Ich bin kein Mensch mehr. Definitiv nicht.
Tag 20: Kann keinen Schritt mehr machen. Brauche immer mehr Pausen. Bin am Ende. Habe Hunger und so weiter. Bin leer.
„Hör auf in das Buch zu schreiben! Wir müssen weiter“, sagt Hope. Ich schaue sie an. Sehe sie verschwommen. Doppelt.
„Kann nicht mehr“, quälen sich die Worte über meine aufgesprungenen Lippen.
„Du musst!“
„Geht nicht.“
„Du musst aber!“
„Ich will schlafen.“
„Reiß dich gefälligst zusammen.“
„Was?“ Röchle ich. „Was habe ich zu verlieren?“
„Das Band zwischen dir und den Bestien. Einer wird es kontrollieren. Entweder du oder sie. Du bist der Alpha-Wolf. Denk daran, wenn es soweit ist. So funktioniert das!“
Ich muss durchhalten hat sie gesagt. Das versuche ich, aber ich weiß nicht wie lange ich es noch schaffe nicht einzuschlafen. Ich hatte am See solche Angst. Adam hat mich belogen, hat Hope vor mir versteckt. Aber ich denke nicht, dass er mir am See etwas antun wollte. Ich war die, die ausgerastet ist.
Ich folge Hope mit hängendem Kopf, den Blick auf den Boden vor mir gerichtet, sehe ich ihre Fußabdrücke und folge ihnen wie in Trance. Ich sehe mit welcher Leichtigkeit sie sich bewegt. Wie sie sich voller Zuversicht immer wieder zu mir umdreht, mir aufmunternd zunickt.
Ich vertraue Hope. Sie gibt mir Hoffnung.
Tag 21: Ich werde verrückt. Bin wie ein Tier nur auf meine Wahrnehmung programmiert. Meine Sinne drehen durch, spielen mir Streiche. Ich sehe Dinge die es nicht gibt. Farben, Lichter. Höre Töne aus anderen Sphären, Geisterwesen, die mit mir sprechen. Ich sehne mich nach Schlaf. Brauche dringend Schlaf. Würde töten, einen Pakt mit dem Teufel eingehen, nur für ein paar Stunden seligen Schlaf.
Ich lasse das Tagebuch fallen. Hope kniet vor mir, trinkt aus einem Bach und ich kann ihr Blut riechen. Ihre Tattoos, ihre Arme, sind von einem zarten weißen Licht umgeben. Wieder eine Sinnestäuschung. Ich nehme die Moleküle, die ihren Duft zu mir tragen, in mich auf und verspüre den Drang nach mehr… Blut?
Ich will mehr von ihr aufnehmen, will sie spüren. Will aus ihrer Kehle trinken? Ich brauche Energie!
Blitzartig, schnell wie ein Fisch im Wasser dreht sie sich um. Ihre Augen sind groß, voller Entsetzen geweitet. „Freija?!“, stößt sie fast atemlos hervor. „Nicht bewegen!“
„Was?“
„Bleib ruhig!“ Zum ersten Mal sehe ich so etwas wie Angst in ihren Augen. Ihr ganzer Körper ist angespannt. Auf ihren braun gebrannten Unterarmen beginnen die filigranen Linien weiß zu leuchten. Es wird eiskalt. Ich denke es ist soweit, aber ich spüre die Bestie in mir nicht. Hope wird mich doch nicht angreifen? Ich habe mich getäuscht. Sie tut es doch. Plötzlich legt sie los. Überirdisch schnell rast sie auf mich zu. Ich reiße meine Arme zu einem lächerlichen Schutz nach oben. Erwarte den Aufprall, aber dazu kommt es nicht.
Hope hechtet an mir vorbei, ich reiße meinen Kopf herum und begreife warum sie mich verfehlt hat. Ich bin nicht das Ziel.
Zwischen den Bäumen hat uns etwas aufgelauert. Ich weiß sofort, dass es eine Bestie ist. Kein Symbiont! Eine wirkliche Bestie. Kaum zu glauben, dass es ein Wesen aus der Astralwelt ist. Die Muskeln, Sehnen und ihr aufgerissenes Maul sehen so echt
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